PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
vermochte.
Worin unterschied sich Siri? Jaakko und er hatten die Messergebnisse abstrahiert und eindeutig einen Bezug zum neuralen Spektrum des menschlichen Gehirns festgestellt, wie es jeder Terraner besaß. Wegen einer Wechselwirkung mit den subquantronischen Partikeln war kein Terraner fähig, eine Quantronische Armierung zu tragen.
Im nächsten Augenblick fiel es Bavo wie Schuppen von den Augen.
Nicht jeder Terraner besaß dieses spezielle neurale Spektrum. Sondern nur jeder erwachsene Terraner.
»Die Pubertät«, sagte Bavo. »Es ist die Pubertät, Jaakko! Sie verändert die mikrogenetischen Strukturen und Katalyseprozesse des Nervengeflechts. Deine Tochter kann die Armierung tragen, weil sie...«
Patollo schloss die Augen. »Ich weiß. Weil sie noch ein Kind ist.«
Das Jahr 942 der Innerzeit
»Gewonnen, Papa«, kam die schlichte Meldung über Hyperfunk.
Seit Siri Patollo als Präfigurierte Soldatin im Einsatz war, ging kaum noch eine strategisch bedeutende Schlacht verloren. Das Mädchen leistete Unfassbares. Die Quantronische Armierung verlieh ihr die Gewalt und Durchschlagskraft einer ganzen Armee. Die Armierung half ihr, die Bahnen von Strahlenschüssen zu ahnen, bevor sie abgefeuert wurden. Für Außenstehende sah es so aus, als könnte sie ihnen ausweichen - ein Mensch, schneller als das Licht!
Selbstverständlich war das nichts als eine optische Täuschung, aber es trug sehr zu dem Mythos bei, der sich rasch um die Kindersoldatin gebildet hatte.
Die Kampfsimulationsprogramme, mit denen Bavo, Jaakko Patollo und Generalin Ifama sie schulten, bestand Siri mit Leichtigkeit und ihren Angaben zufolge waren sie endlich etwas, das sie ein bisschen herausforderte und nicht so langweilig war.
Die Zerstörung der schwer bewaffneten Druuf-Trägerstation GEMEINSAM IM MORGEN, die schon bedenklich nahe an Xoi herangekommen war, war eine solche Herausforderung gewesen. Siri hatte sie mit Bravour gemeistert.
Patollo ging nach der erneuten Erfolgsmeldung im Besprechungsraum der SIEGE! wie ein gefangenes Raubtier immer wieder auf und ab. Das kurze Suchbein tastete unablässig über den Boden, obwohl er jeden Millimeter längst in- und auswendig kennen musste. Die anfänglichen Skrupel, seiner Tochter die Quantronische Armierung anzulegen, waren verschwunden, nachdem er Siri zum ersten Mal in einer Kampfsimulation beobachtet hatte, und einem geradezu heiligen Eifer gewichen. Für ihn existierte nichts mehr außer der Perfektionierung der Quantronischen Armierung. Immer wieder stachelte er seine Tochter zu weiteren Höchstleistungen an.
Über Funk erhielt Bavo eine zweite Mitteilung auf sein Armband. Er las sie, und seine gute Laune war augenblicklich zerstört. »Ifama«, sagte er nur.
Patollo blieb stehen. »Was ist mit ihr? Hat sie dir aus der Zentrale gemeldet, dass sie Zeit findet, dir einen Besuch abzustatten?« Er verzog spöttisch das Gesicht. »Ich wünsche dir viel Spaß. Und sag ihr, wenn sie sich nicht bald entscheidet, den freien Platz in der Filiationskammer einzunehmen, wird sie zu alt sein, um irgendwann die Unsterblichkeit zu schmecken. Eine Greisin hat in unserer Mitte nichts zu suchen, da wirst du mir wohl zustimmen.«
»Ich spreche nicht von Johari, sondern von ihrem Vater General Kollontai Ifama.«
»Was ist mit ihm?«
»Druuf-Truppen haben die KOPERNIKA zerstört. Wir stehen ohne Flaggschiff da, und ohne Obersten Militärstrategen.«
Jaakko schlug die Faust gegen die Wand. Der Krieg hatte ihn zu einem anderen Menschen gemacht, einem, dessen Denken und Handeln nur noch von Sieg und Niederlage bestimmt wurden.
Eine ähnliche Veränderung beobachtete Bavo bei Siri. Sie kannte weder Misserfolge noch Skrupel. Erstaunlich, wie schnell aus dem lebensfrohen, lustigen Mädchen eine Kämpferin geworden war. Er führte es auf den Einfluss des Transpathein zurück, womöglich auf die Verbindung ihres Neuralsystems mit der Quantronik. Manchmal kam es ihm vor, als entwickele die Maschine durch die Verschmelzung mit Siri ein eigenes Bewusstsein, das wiederum Einfluss auf das Mädchen nahm.
Ihr Vater bemerkte davon nichts; er war von der Armierung und deren Perfektionierung geradezu besessen. Er sprach häufig über Siris fantastische Erfolge im Krieg. Weil es offenbar seine wissenschaftliche Kreativität förderte, akzeptierte Bavo diesen fehlgeleiteten Vaterstolz und verzieh Jaakko den offensichtlichen Denkfehler - das eigentlich Erstaunliche an der Kindersoldatin war nicht Siri, sondern die
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