PR TB 001 Planet Der Mock
Wißbegierde der anderen, so gut er vermochte,
und als er nach Schulschluß endlich sein Zimmer aufsuchen
konnte, atmete er befreit auf.
Er nahm die Schüssel mit Nährbrei aus dem Transportfach,
verzehrte die Speise ziemlich lustlos und stellte die leere Schüssel
zurück. Ein Knopfdruck setzte das Band in Bewegung und
beförderte das Gefäß zu den automatischen
Spülanlagen.
Was war eigentlich an seinem Leben nicht richtig?
Hatte er nicht alles, was er brauchte? Sorgte der Staat nicht in
vorbildlicher Weise für ihn? Konnte es überhaupt eine
andere denkbare Staatsform geben? Freiheit...? Was war das für
ein verworrener Begriff! Wohin würde die Freiheit führen,
wenn man sie den Mock gab? Wäre es
nicht Chaos, wenn jeder tun und lassen könnte, wie es ihm
benagte?
Wenn er, Bral, jetzt plötzlich kein Lehrer mehr sein wollte -
um nur ein Beispiel zu erwähnen. Der Staat hatte seine
Ausbildung ermöglicht und verlangte dafür nun seinen
Dienst.
War es richtig, wenn er nun einfach nicht mehr wollte? War es das,
was sich Xo unter einem Leben in Freiheit vorgestellt hatte?
Oder war es vielleicht etwas ganz anderes gewesen...?
Die Oberfläche, die Sonne! Zweifellos war das ein Teil dieser
Freiheit gewesen, von der Xo phantasiert hatte. Die Luft der
Oberfläche atmen können, unfiltriert und ohne chemische
Zusätze. Nicht ständig von Wänden umgeben sein,
sondern den freien Himmel sehen können
- auch das würde zu dieser ersehnten Freiheit gehören.
Nur das?
Meinte Xo nicht vielmehr das eigentliche Wesen des Staates, wenn
er vom lebenslänglichen Gefängnis der Mock sprach? War es
nicht gerade die von Bral bisher so bewunderte Ruhe und Ordnung, die
Xo als Unfreiheit und Zwang bezeichnete?
Der Astronom schüttelte den Kopf und achtete sorgfältig
darauf, daß seine beiden Antennen eingerollt waren. Zwar ahnte
er nicht, was mit ihm geschehen konnte, wenn man seine revolutionären
Gedanken las, aber sicher würde es nicht angenehm sein. So
nachsichtig man auch mit den Drags umging, unter sich kannten die
Mock keine Gnade. Wer sich gegen die bestehende Ordnung erhob, war so
gut wie tot. Man bestäubte ihn mit einer übelriechenden
Flüssigkeit, die niemals mehr verschwand, und setzte ihn auf der
Oberfläche aus. Keine Stadt würde ihn nehmen, niemand würde
ihm helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Ein Feind der
einen Stadt war auch automatisch der der anderen - das lag in der
Natur der Dinge begründet. Die Drags würden sich
schließlich des Unglücklichen annehmen - der in völliger
Freiheit dem gnadenlosen Tod preisgegeben war.
Für die Mock bedeutete also Freiheit den Tod...?
Bral hörte das schüchterne Klopfen an der Tür, fuhr
erschrocken zusammen und entsann sich der Verabredung.
Arsa war gekommen.
Der Schüler betrat mit steil aufgerichteten Antennen den Raum
und wollte Bral begrüßen, aber der Astronom tat etwas sehr
Merkwürdiges - etwas, das nur sehr selten geschah und nicht gern
gesehen wurde. Er streckte seine Antennen vor und umschlang mit ihnen
Arsas schlanke Fühler. Diese innige Verbindung bewirkte, daß
nun niemand außer ihnen beiden ihre Gedanken empfangen konnte.
„Willkommen, Arsa. Es ist wichtig, daß niemand außer
uns von diesem Zusammentreffen erfährt. Sollte jemand etwas
erfahren, dann gab ich dir privaten Unterricht in Astronomie. Hast du
mich verstanden, Arsa?“
Der Schüler rückte verwirrt. Sie nahmen vorsichtig Platz
und achteten darauf, daß die Antennen zusammenblieben.
„Du sagtest mir einmal, Arsa, daß du deinen Vater
kennst, und du hast auch gewußt, daß er einer jener
Männer ist, die für die Probleme der Raumfahrt arbeiten.“
„Er nahm an der Expedition nach Raana teil!“
bestätigte der junge Mock voller Stolz.
„Ja, das tat er“, nickte Bral und wußte nicht
recht, wo er beginnen sollte. „Ich will nicht in dich dringen,
und du sollst alle deine Geheimnisse für dich behalten können,
aber ich habe dir etwas zu sagen. Ich soll dir Grüße von
deinem Vater überbringen. Er war mein Freund.“ Arsa wäre
fast aufgesprungen, aber die verklammerten Antennen hinderten ihn
daran. „Sie kennen meinen Vater?“
„Ich habe ihn gekannt“, verbesserte Bral mit Betonung.
„Dein Vater ist Xo, der Held unseres Volkes. Er hat es mir
selbst gesagt, daß du sein Sohn bist. Er liebte dich.“
„Er liebte mich?“ In Arsas Gedankenimpulsen schwangen
Erstaunen und Freude. „Aber er kannte mich doch kaum. Nur
einmal...“
„Aber du warst sein
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