PR TB 014 Die Nacht Des Violetten Mondes
Speere wurden geschliffen,
und die Bogensehnen eingeölt, und die letzten Patronen der alten
Büchsen wurden gesammelt und in die Kammern geschoben.
„Sie tanzen...“, sagte der Autokrat.
Vohmai nickte.
„Du bist müde“, sagte der schwere Mann hinter dem
Tisch zu dem Jäger. „Ich lasse dir ein Zimmer räumen,
du kannst hier schlafen. Willst du?“
Vohmai schüttelte den Kopf.
„Ich war fünfundzwanzig Andorn nicht hier. Meine Weiber
werden sich Liebhaber genommen haben, und ich kenne meine Kinder
nicht mehr. Ich möchte mein Haus sehen.“
„So sei es“, sagte der Autokrat. „Ich bitte
dich, morgen abend wiederzukommen und mir zu erzählen, was du
noch alles gesehen hast. Was weißt du von Terra?“
„Ich werde kommen“, sagte Vohmai. „Und von der
Erde weiß ich nicht mehr, als alle anderen Menschen dieser
Welt. Es ist ein mächtiger Planet, von dessen Bewohnern wir
abstammen sollen und der uns eines Tages viele Schönheiten
schicken wird - und mit dem Boten der terranischen Könige werden
wir die Hände schütteln und ein großes Palaver
machen. Nach der Nacht des Mondes - sagen die Leute.“
„Gut“, sagte sein Gegenüber. „Gehe jetzt,
und komme bitte morgen abend wieder.“
„Ich werde kommen, Autokrat. Ich hoffe, du weißt meine
Erzählungen zu schätzen.“
„Ich werde dir Geschenke geben“, versprach der alte
Mann.
Vohmai ging und wanderte langsam die Hauptstraße hinunter.
Er verließ den Großen Ort und ging hinüber, wo er
den Rand des ehemaligen Raumhafens wußte.
Dort stand eine Hütte, vor der ein junges Mädchen saß.
Sie bereitete einen Teig aus stärkehaltigen Baumfrüchten
und sah auf, als Vohmai kam. Dann erinnerte sie sich an den kleinen
Kasten, der vor einem Andorn auf der Schwelle des Hauses gelegen
hatte und ihr dreimal erzählt hatte, daß Aola kommen
würde, Aola, der Mann, der die Herrschaft des Autokraten brechen
würde.
Sie stand auf, und Aola sah, daß sie hübsch war. Sie
sah ihm ruhig entgegen, als er sich näherte.
Sie betrachteten sich gegenseitig. Der Mann stützte beide
Hände auf die Büchse, und das Mädchen hielt die Schale
an ihre Hüfte.
„Weib, was treibst du hier?“ fragte Aola.
„Herr“, sagte sie ruhig, „ich warte auf einen
Mann, der sich Aola nennt und gekommen ist, die Macht des dicken
Mannes zu brechen.“
„Was hast du hier?“
„Brotfrüchte, aus denen ich einen Teig mache.“
„Wofür ist dieser Teig?“
„Für den Mann, der da kommt und sich Aola nennt.“
Aola lachte leise.
„Ich sehe, Weib, daß du keine Angst vor mir hast. Das
kleine, weiße Kästchen hat zu dir gesprochen, und du hast
es dir gemerkt. Ich bin Aola Vohmai, der Pelzjäger. Nimmst du
mich auf?“
Sie lachte ihm ins Gesicht.
„Du bist schmutzig und schwitzt - aber du wirst erwartet.
Komm herein.“
Sie ging vor ihm in die Hütte, und Aola sah, daß das
Innere ungewöhnlich gut eingerichtet und sehr sauber war. Für
ihn war ein erhöhtes Lager zurechtgemacht, mit drei bunten
Decken, aus geklopften Pflanzenfasern und den Flaumfedern kleiner
Vögel gewebt. Er stellte seine Büchse in eine Ecke und riß
sich die Lederjacke von den Schultern.
Schweigend stand das Mädchen neben der Tür und sah ihm
zu.
„Wasser?“ fragte Vohmai.
„Hinter dem Haus“, sagte das Mädchen. „Sie
werden dich hier nicht suchen?“
„Nein. Ich sagte ihnen, daß meine Weiber auf mich
warten würden und meine Kinder.“
„Gut.“
Vohmai zog eine Lederschnalle seiner Stiefel zur Seite und blickte
auf die kleine Zeituhr, die sich versteckt zwischen den Nähten
befand. Es war die elfte Stunde. Er konnte jetzt acht Stunden oder
neun schlafen. Er zog sich die Stiefel aus, die ledernen Hosen und
das grobe Flachsleinenhemd und wusch sich gründlich. Dann legte
er sich zwischen die Decken und schlief sofort ein.
*
Die Sonne Antares war aufgegangen; die wenigen Morgenwolken
schwanden dahin als flüchtiger Wasserdampf, und die feurige
Kugel stieg und stieg. Sie stand im Mittag, und sie stieg wieder in
die Nachmittagsbahn. Das Viereck am Boden der Hütte - ein Karo
aus weißgelbem Licht, das von einem Loch in dem Grasdach
herrührte - wanderte und berührte endlich das Gesicht des
Schläfers, der aus den Wäldern gekommen war, um die Macht
des Autokraten zu brechen.
Es war die neunzehnte Stunde, und etwas darüber.
Aola Vohami wachte auf und blieb noch einige Minuten in der
angenehmen Dämmerung zwischen Schlaf und Wachen liegen und
überlegte. Vor einem Tag war aus der
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