PR TB 014 Die Nacht Des Violetten Mondes
zwischen den steinernen Sitzreihen hinunter. Er mußte an
Epidaurus denken; auch dort war jedes Wort von der Bühne bis
hinauf zu der letzten Reihe deutlich zu verstehen.
Die Klugen der Stadt unterhielten sich leise und sahen auf, als
Necca zwischen sie trat.
Einer der Weißhaarigen streckte ihm die Hand entgegen.
„Du siehst“, sagte er, und ganz leise schwangen
Unsicherheit und Zweifel in seiner Stimme, „daß unsere
Halle gefüllt ist. Jeder will dein Wort hören, obwohl nicht
jeder glaubt, was du sagst. Wir alle aber grüßen dich.“
„Ich danke dir, Ekhorn“, sagte Necca. „Und ich
bin gern gekommen. Ein Glas Wein, bitte.“ Man reichte es ihm,
und er stürzte es hinunter.
„Frage!“ sagte Necca.
Er setzte sich auf einen freien Platz, und die anderen
weißgekleideten Gestalten umringten ihn in einem offenen,
lockeren Kreis.
„Woher kommst du?“
„Ich komme von einer anderen Welt. Ich komme aus eurer
Heimat, die alle von euch vergessen haben.“
„Gibt es andere Welten außer Whaiang Madira?“
„Milliarden von Regentropfen bilden einen See, und viele
Seen bilden das Meer. Es gibt mehr Welten als Regentropfen im Meer.“
/ „Woher hast du dieses Wissen?“
„Ich kenne viele dieser Welten, denn ich bin weit
herumgekommen.“
Ein langanhaltendes Murmeln ging durch die Versammlung. Als die
halblauten Stimmen endeten, fuhr Necca fort: „Wie können
wir den Begriff der Weisheit bestimmen? Sagt mir, ist der Weise nur
in dem, was er weiß, weise, oder auch in den Dingen, die er
nicht kennt?“
Die Antwort kam zögernd.
„Nur in dem, was er weiß. Wie könnte er weise
sein, ohne etwas zu wissen?“
Innerlich lächelnd gedachte Necca des Sokrates; die Monate
des speziellen Trainings hatten den Agenten zu einem Logiker werden
lassen, der die Reden des alten Griechen verwendete. „Also ist
Weisheit verarbeitetes Wissen?“ fragte er.
„Was sonst - denn nur Wissen verhilft zur Weisheit.“
„Also“, sagte Necca schneidend, „also seid ihr
nicht weise, denn ihr wißt nichts. Alles das, was ich weiß,
ist euch unbekannt. Wie könnt ihr es wagen, mit mir in der Rede
zu streiten?“ Schweigen.
„Ich weiß es“, sagte er laut. „Ich kam, um
euch zu helfen, wenn die Erkenntnis der Unwissenheit wie das
nächtliche Feuer über euch hereinbricht.“
„Wir streiten nicht mit dir, sondern wir wollen vor allem
hören, warum du gekommen bist.“ „Mein Freund, der
weiser ist als ich, sandte mich aus. Ich komme von einer Welt, die
sich Terra nennt, das bedeutet soviel wie: Erde unter den Füßen.
Mein Freund erkannte, daß binnen weniger Tage Kyberna sterben
wird. Ich soll euch das Richtige zu tun lehren, wenn dies geschieht.“
„Wann wird es geschehen?“
„Kyberna ist klug. und sie hat in den letzten drei Tagen
alles getan, um auf mich zu deuten. Ihre Worte waren der Abschied für
euch, ehe sie den langen Schlaf beginnt.
Versucht das Größte zu ergründen...
Ein Narr ist, wer nicht auf das Fremde hört...
Träume sind furchtbare Wahrheit...
Dies alles sagte die Maschine. Sie wird noch zweimal auf mich
deuten, dann wird sie schreiben: ,Ich sterbe. ’ Nach drei Tagen
also ist Kyberna nicht mehr.“ „In drei Tagen stirbt
Kyberna... !“ Das Raunen ging durch die Versammlung und
steigerte sich zu einem einzigen, summenden Aufschrei der dreitausend
Menschen. Sie redeten wirr durcheinander, bis einer der Weißhaarigen
„Schweigt!“ rief. Er wandte sich wieder an Necca.
„Du sagst, du kommst von dieser Welt Terra. Wie sieht es
dort aus?“
Eine geschlagene Viertelstunde sprach Necca über die Erde. Er
redete mit tönender Stimme und übertrieb mit der
Beharrlichkeit eines mittelmäßigen Literaten, der
pausenlos Superlative gebraucht. Die Erde: Ein Paradies, bevölkert
mit einer Rasse kluger und schöner Menschen, die alles konnten
und kannten... der Verband der achthundertzwei Planeten, die riesige
Raumflotte und die gräßlichen Kämpfe, die zwischen
anderen Rassen und Terra ausgefochten wurden.
Und der Weise: Perry Rhodan.
„Ihr alle“, so sprach er, „stammt von der Erde
ab. Vor ungeheuer langer Zeit flogen große Schiffe hierher und
luden Menschen und Maschinen aus, die versuchten, diese Welt urbar zu
machen. Und eines Tages, getrennt von der Kultur Terras, machtet ihr
euch selbständig. Die Urgroßväter eurer Großväter
kannten noch die Legenden, und viele Sagen und Märchen, die ihr
euren Kindern erzählt, handeln von der Erde. Diese Welt hat sich
eurer
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