PR TB 017 Der Flug Der Millionäre
der ewige Kreislauf
von Werden und Vergehen genannt werden kann. Er stört das
Gleichgewicht des Universums und will es aus den Angeln heben.
Sicher, die Unsterblichkeit ist zu erreichen, von jedem Lebewesen,
aber es ist eine relative Unsterblichkeit, die nichts mit dem
Weiterbestehen des Körpers zu tun hat.«
»Hören Sie damit auf, Alter!« Garcias Stimme
sollte resolut und herrisch klingen, aber der Tonfall gelang ihm
nicht ganz. Unsicherheit schwang mit, und ein kleines bißchen
Angst. »Wie lange sollen wir uns noch solche Predigten anhören?
Sind wir deshalb hierhergekommen, um uns eine Lektion Philosophie
erteilen zu lassen?« Der alte Mann sah ihn lange an, dann
lächelte er müde.
»Natürlich, ich wußte es. Sie sind selbst ein
alter Mann, aber Sie halten nicht viel von dem Alter, seiner
Erfahrung und seiner Weisheit. Ich bin älter als Sie, glauben
Sie mir. Ich habe mehr gesehen als Sie, und ich weiß mehr.
Meine Rasse war auch einmal sterblich, aber sie strebte nach der
Unsterblichkeit und dem ewigen Leben. Sie bekam es. Aber sie mußte
sich dafür opfern, und nur ein einziges Gemeinschaftswesen blieb
- ich. Mein Körper, der vor euch sitzt, besteht aus willkürlich
geformten Energiefeldern, die Materie zu sein scheinen. Ich werde
niemals vergehen, so wie auch Energie niemals vergeht, sondern sich
nur immer wieder wandelt und neu ersteht. Ich bin einsam, weil ich
unsterblich bin. Vielleicht bin ich das einsamste Geschöpf des
Universums. Wollen Sie auch einsam werden?« »Wir wollen
die Zelldusche, sonst nichts«, sagte Mabel hart. »Wir
wollen nicht älter werden, und wir wollen nicht sterben. Nicht
in zehn und nicht in achtzehn Jahren. Ob wir dann später als
Unsterbliche einsam sein werden oder nicht, das lassen Sie unsere
Sorge sein.«
»Die Zelldusche verlangt Opfer, Mabel Rushton«, sagte
der Unsterbliche freundlich, als habe er den fordernden Ton in Mabels
Stimme nicht vernommen. »Opfer, die Sie sich jetzt noch nicht
vorstellen können. Haben Sie sich schon einmal überlegt,
warum der Mensch stirbt, obwohl er doch in den Wurzeln seines Seins
alle Veranlagungen zur Unsterblichkeit verankert hat? Seine
Körperzellen ersetzen sich laufend und sorgen dafür, daß
er immer wieder erneuert wird, und doch hört das eines Tages
auf, und er stirbt. Glauben Sie wirklich, das geschähe ohne
einen Grund? Glauben Sie nicht, daß der Prozeß des
allmählichen Alterns etwas Schönes sein kann?«
»Ich möchte wissen«, knurrte Mabel, »was
daran so schön sein soll.«
»Versuchen Sie, es zu verstehen. Sie, die Menschen, werden
geboren. Es ist nichts anderes als eine Wiedergeburt, denn nichts
kann aus dem vollkommenen Nichts entstehen. Ihr Leben war schon
vorher vorhanden, es wurde nur neu geformt. Nur Ihr Bewußtsein
kehrt zurück, aber es hat die Vergangenheit vergessen.«
»Religionsunterricht!« stöhnte Börsinger.
»Auch das noch!«
Der Unsterbliche nahm den Einwurf gar nicht zur Kenntnis.
»Nun leben Sie bewußt, werden dabei älter und
reifer und sammeln Erkenntnisse und Erfahrungen. In Ihrem Innern ist
etwas, das Sie nur erahnen, aber niemals begreifen können,
Sie nennen es Seele. Sie möchten an diese Seele glauben, weil
Sie hoffen, daß sie es ist, die die Unsterblichkeit erlangen
kann. Sie hoffen, daß Sie nach dem Tod die Existenz dieser
Seele bewußt miterleben können. Sie ist es, die Ihnen die
Angst vor dem Tod nimmt - wenn Sie daran glauben. Aber der Zweifel
ist meist stärker, und die Angst vor dem Ende bleibt somit.«
»Das wissen wir alles«, sagte Garcia bedrückt.
»Wie soll man an etwas glauben, das man nicht sieht?«
»Nicht das Sehen, sondern das Fühlen ist entscheidend,
Garcia. Die Seele ist zu einem verfälschten Begriff geworden,
der menschlichen Interessen dient. Es gibt sogar Einrichtungen, die
sich die Angst des Menschen vor dem Tod zunutze machen. Doch davon
will ich nicht reden. Ich will nur versuchen, Ihnen klarzulegen, daß
eine solche Angst unnötig ist. Man kann nicht vor etwas Angst
haben, das es nicht gibt, und es gibt kein endgültiges
Verlöschen. Kein Lebewesen, und sei es noch so gering, existiert
sinnlos. Selbst sein Tod erfüllte den Sinn des ewigen
Kreislaufs, der durch sein körperliches Weiterbestehen
unterbrochen würde.«
Der Unsterbliche schwieg. Er sah in Mangolds Richtung. Der
Leutnant stand gegen den Gleiter gelehnt und sah hinab in die grüne
Ebene. Er versuchte, die Worte des Alten zu begreifen, aber es gelang
ihm nicht ganz. Das Gras dort in
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