PR TB 021 Das Tödliche Paradies
beide einen Drink. Dann verzogen sie
sich in zwei diagonal entgegengesetzte Winkel des Raums und warteten
schweigend, dass Meech das Ergebnis der Analyse brächte.
Ron nahm den Gedankenfaden wieder auf, den er unterbrochen hatte,
als Lofty draußen am Hafen aus den Büschen auftauchte.
Kelliko Storn hatte auf hoher See einen Unfall erlitten - nur wenige
Wochen, bevor er auf rätselhafte Art und Weise Selbstmord
begangen hatte. Bestand zwischen dem Unfall und dem Selbstmord ein
Zusammenhang? Eine Frage drängte sich auf: War der Selbstmord
ebenfalls ein Unfall gewesen?
Ron dachte an Everett Ewars seltsamen Tod. Welche Kräfte
standen dem Gegner zur Verfügung? War er in der Lage, einen Mann
hypnotisch so nachhaltig zu beeinflussen, dass das Opfer eine
Todesfalle für sich selbst aufbaute und die Falle willig betrat?
Die Frage war zu bejahen - nach allem, was Ron in der vergangenen
Nacht am eigenen Leib erlebt hatte. Warum aber hatte Storn dann auf
hoher See einen Unfall erlitten? Warum musste man zu solch
atavistischen Mitteln wie einer Zeitbombe greifen, wenn es viel
unauffälligere und zugleich wirksamere Methoden gab, einen
Menschen aus dem Weg zu räumen?
Das Bild war noch nicht klar, entschied Ron. Dem Unbekannten hatte
ohne Zweifel sehr viel daran gele gen, Kelliko Storn zu beseitigen.
Warum seine Vorgehensweise jedoch so wenig Konsistenz aufwies, ließ
sich mit den vorhandenen Informationen nicht entscheiden. Ron war
überzeugt, dass die Lösung dieses Rätsels ihn einen
gewaltigen Schritt weiterbrächte. Im Augenblick allerdings
wusste er noch nicht, wo er ansetzen sollte.
In gelassener, würdevoller Haltung betrat Meech Hannigan das
Zimmer. Ron richtete sich halb auf und sah ihn neugierig an. ,Na…
und?“
„Eine merkwürdige Angelegenheit, Sir“, antwortete
Meech. „Wenn ich meiner Sache nicht so sicher wäre, hätte
i ch Schwierigkeiten zu glauben, was ich… “
„Dieses eine Mal, Meech“, schrie Ron ihn zornig an,
„benimm dich wie ein Robot und nicht wie ein Mensch! Sag, was
du zu sagen hast.“
Meech stand stocksteif.
,Die Substanz, Sir, enthält halborganische Komplexe, die nur
aus der Verbindung des Fluoroxyd-Radikals Ef-o mit instabilen
plastometallischen Ketten, wie zum Beispiel Aluminium-Pe-Vau-Em,
entstanden sein können.“
Ron zog den Atem so heftig ein, dass es wie ein halblauter Pfiff
klang.
„Weiter, Meech“, befahl e r mit gepresster Stimme.
,Wir kennen einen Verbrennungsprozess, der sich eine solche
Verbindung zunutze macht“, fuhr der Robot fort. ,Die Oxydation
des Fluor erzeugt die Hitze, die die plastometallische Kette
zeitweise in einen angeregten, äußerst instabilen Zustand
überführt, in dem sie in der Lage ist, mit dem
Fluoroxyd-Radikal zu reagieren. Die Reaktion setzt außer einer
beträchtlichen Enthalpie auch noch die Anregungsenergie der
plasto -metallischen Kette frei. Der gesamte Energieausstoß ist
um zwei Größenordnungen höher als der der
nächstergiebigen chemischen Reaktion. Sie nimmt damit eine
Zwischenstellung zwischen den chemischen und nuklearen Reaktionen
ein. Sie ist völlig sauber im Sinne radioaktiver Kontamination,
und sollten Aluminium-Pe-Vau-Em und zu Fluoroxyd-Radikalen leicht
verarbeitbare Chemikalien irgendwo in großen Mengen gefunden
werden, dann entstünde daraus ohne Zweifel eine
Sprengstoffindustrie, die Explosivstoffe von nahezu nuklearer
Wirksamkeit, jedoch ohne das Risiko radioaktiver Verseuchung
herstellen kann.
Leider ist bis jetzt nur ein Ort bekannt, an dem solche
Chemikalien in versprechenden Mengen gefunden werden. Ich beziehe
mich auf den vorläufigen Forschungsbericht der EX-1123, die ein
im Innern des Schwanenhals-Nebels gelegenes Sonnensystem anlief und
auf einem erdähnlichen Planeten bedeutende Vorräte sowohl
an Fluoroxyd-Erzeugern als auch aluminoplastischen Verbindungen
entdeckte. Der Planet ist die Heimat einer zahlenmäßig
schwachen intelligenten Rasse und trägt vorläufig den
Listentitel 1123-A einundvierzig.“
Ron sprang auf und machte ein paar weite, hastige Schritte. Er kam
sich vor wie ein Mann, dem die ganze Zeit über die Wahrheit so
dicht vor der Nase gelegen hatte, dass er sie ohne zu schielen nicht
sehen konnte. Es bedurfte eines Roboters, um ihm die Augen zu öffnen.
Der Schwanenhais-Nebel war ein dünnes, gewundenes Gebilde von
etwa zweihundert Lichtjahren wirklicher Länge. Terranische
Experimentalschiffe hatten vor kurzem begonnen, die Sonnensysteme
innerhalb der südlichen Nebelzone zu
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