PR TB 029 Die Fremden Aus Dem Mikronebel
als Pilot und war wie üblich schweigsam,
während Kalep mit seiner hohen Stimme Erläuterungen zu dem
gab, was auf dem Tasterschirm zu sehen war.
"Das ist das Gebiet von Loggallans Stamm", sagte er mit
dem leiernden Tonfall eines Fremdenführers.
"Loggallans Hauptlager befindet sich ziemlich dicht an der
Stadt, obwohl sein Gebiet mehr als hundert Kilometer weit nach Süden
reicht. Loggallans Leute sind halbseßhafte Farmer. Sie bebauen
ein Stück Land, bis es an Kraft verloren hat. Dann ziehen sie
ein Stück weiter."
"Unter diesen Umständen", bemerkte Julian, "ist
es recht merkwürdig, daß sie ein abgegrenztes Gebiet
haben, nicht wahr? Man sollte annehmen, daß sie soweit ziehen,
wie es ihnen paßt."
"Das taten sie auch", bestätigte Kalep. "Aber
alles, was sie damit erreichten, war Ärger mit den
Nachbarstämmen. Loggallan, Helliman und Tiggurran lagen sich
dauernd in den Haaren. Wir gaben ihnen Kunstdünger und machten
ihnen klar, daß sie damit ihren Boden zehnmal länger als
bisher und mit zwanzigfacher Ausbeute bebauen könnten. Die
Burschen sind gelehrig. Sie blieben an Ort und Stelle und ließen
uns Grenzen ziehen. Seitdem hat es keinen Streit mehr gegeben - es
sei denn, sie betrinken sich und kriegen Händel wegen Frauen."
Ein merkwürdig geradliniger Flußlauf zog sich über
den Reflexschirm.
"Das ist hwenahoanlaiijdin", erklärte Kalep.
Julian nickte.
"Das Wasser der schnellen Boote", murmelte er.
Joe Kalep geriet zum erstenmal, seit er ihn kannte, aus der
Fassung.
"Wie, Sie verstehen das, Sir?"
Julian nickte.
"Schulung", antwortete er knapp. "Das
Experimentalkommando hat eine Reihe von Arek-Sprachen aufgenommen und
analysiert. Die wichtigsten brachte man mir bei, bevor ich
hierherkam. Aber was hat es mit dem Fluß auf sich?"
Kalep hatte sich noch immer nicht ganz beruhigt. Mit einem
Ausdruck ungläubiger Verwunderung starrte er Julian an. Dann
schüttelte er den Kopf und fuhr fort:
"Die Areks haben Bootsrennen zum Nationalsport erhoben.
Rennen werden in regelmäßigen Abständen veranstaltet,
mit Vorliebe in möglichst reißendem Wasser. Loggallans
Gebiet
war dafür ungeeignet. Das war einer der Gründe, weswegen
er sich zunächst gegen die neuen Grenzen wehrte. Wir halfen ihm
aus. Ein Flußlauf wurde begradigt, und jetzt hat Loggallan die
schönste Rennstrecke weit und breit."
Julian dachte darüber nach.
"Merkwürdig", sagte er mehr zu sich selbst. "Eine
primitive Rasse mit einer so ausgeprägten Liebe für eine
gewisse Sportart, wie man sie nur bei zivilisierten Völkern
erwartet."
"Die Areks sind anders als wir, Sir", erwiderte Kalep
ohne Zögern. "Sie haben alles in Hülle und Fülle.
Sie leiden keine Not. Man hat mir beigebracht, daß Not die
Triebkraft war, die den Menschen dazu veranlaßte, eine
Zivilisation zu errichten. Wenn das stimmt, dann werden die Areks für
immer Primitive bleiben. Sie haben keinen Anlaß, sich
weiterzuentwickeln. Aber sie haben eine Menge Freizeit. Sie sind im
Grunde genommen ein lustiges Volk. Kein Wunder, daß sie die
Bootsspiele erfanden."
Julian schwieg beeindruckt. Was er eben gehört hatte, waren
die Grundzüge einer Ethnologie der ArekRasse, wie sie in
spätestens zwanzig Jahren in irgendeinem gelehrten Buch zu
finden sein würden. Wobei vom Autor unerwähnt bleiben
würde, daß ein einfacher Mann namens Joe Kalep die Dinge
schon viel früher durchschaut hatte als er.
"Dieser Fluß dort", sagte Kalep schrill und
deutete auf einen kleinen, vielfach gewundenen Wasserlauf, "ist
die südwestliche Grenze von Loggallans Gebiet.
Dahinter herrscht Tiggurran."
Julian hörte ihm kaum zu. Ein Gedanke war ihm gekommen -nicht
zum erstenmal, er hatte sich schon des öfteren über diese
Frage den Kopf zerbrochen. Er überlegte, ob er Kalep um Auskunft
bitten solle. Er war seiner Sache nicht sicher.
"Tiggurrans Stamm besteht aus rund zweihundert Leuten",
fuhr Kalep währenddessen fort. "Sein Gebiet ist daher
größer als Loggallans. Es reicht so weit nach Süden,
daß bis jetzt noch keiner von uns jemals an der Südgrenze
gewesen ist. Außer Sifter natürlich. Der fliegt den ganzen
Tag lang in der Gegend herum."
Er bemerkte, daß Julian ihm nur mit halbem Ohr zuhörte
und schwieg. Julian faßte einen Entschluß.
"Ich habe eine Frage, Joe", begann er. "Was hat das
Siedlungsamt veranlaßt, drei Junggesellen und ein Ehepaar nach
FILCHNER zu schicken? Sie verstehen, was ich meine? Es scheint eine
recht unlogische Kombination zu sein. Eine Frau unter vier
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