PR TB 059 Projekt Kosmopolis
Licht herein, gerade genug für die an
Finsternis gewöhnten Augen, um zu erkennen, daß er auf
einem einfachen Bett lag und daß das Zimmer außer diesem
Lager einen niedrigen Tisch und zwei Sessel enthielt.
Franklin fror plötzlich, obwohl es nicht kalt war. Dort
hinter dem Spalt war Helligkeit. Aber er schreckte davor zurück,
in die Helligkeit hinauszublicken und womöglich etwas zu sehen,
das unvorstellbar und schrecklich war.
Kendall wußte nur, was er nicht vorfinden würde: die
Gefährten, den Gleiter und die Transmitterkuppel.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bevor er genügend Mut
aufbrachte, um aufzustehen und zu dem Spalt zu gehen. Unterdessen
hatten sich seine Augen noch besser an das Dämmerlicht gewöhnt.
Als er dicht vor dem Spalt stand, erkannte er, daß es ein Spalt
zwischen den beiden Teilen eines schwarzen Vorhangs war.
Wieder zögerte er. Dann zwang er sich dazu, den Vorhang
aufzureißen, bevor er den restlichen Mut wieder verlor.
Grelles Licht flutete herein und blendete ihn.
Franklin trat einen Schritt zurück und blinzelte. Langsam
stellten sich seine Augen um. Er sah, daß der Vorhang eine
fehlende Wand verdeckt hatte. Es gab kein Fenster, sondern nur eine
wandgroße Öffnung, durch die man hinaustreten konnte.
Draußen sah Kendall eine Metallwüste, eine Fläche
aus metallisch schimmerndem Material, die sich bis zum Horizont
erstreckte und nur hin und wieder von flachen, scheibenförmigen
Gebäuden unterbrochen wurde. Es gab weder Straßen noch
Fahrzeuge, noch Pflanzen, noch Wasser. Das Licht kam von keiner
Sonne, sondern wurde gleichmäßig von einer unendlich
hochgewölbten Fläche, einer Glocke aus undefinierbarer
Substanz, ausgestrahlt.
Und es gab kein Leben.
Kaum hatte Franklin Kendall das gedacht, da löste sich aus
einem der scheibenförmigen Gebäude eine Gestalt. Sie ging
langsam über die Metallfläche und war zu weit entfernt, als
daß Kendall mehr als die humanoiden Formen ausmachen konnte.
Er trat einen Schritt vor, zögerte wieder, wich zurück
und trat erneut vor. Die Gestalt ging zielsicher auf ein anderes
Gebäude zu.
Plötzlich fürchtete Kendall sich davor, allein zu
bleiben. Er verlor seine Furcht und eilte in großen Sätzen
davon, auf die Gestalt zu.
Sie verschwand in dem anderen Haus, bevor er hundert Meter
zurückgelegt hatte. Franklin hastete weiter.
Dicht vor dem Haus hielt er an, als sei er gegen eine unsichtbare
Mauer gerannt. Verblüfft und verlegen sah er an sich herab.
Er war nackt.
Er wandte sich um und sah zu dem Haus hinüber, aus dem er
gekommen war. Vielleicht lagen seine Sachen dort. Sollte er umkehren
und sich ankleiden?
Er entschied sich dagegen.
Seine Lage war so unwirklich, daß die Nacktheit als
bedeutsamer Faktor ausschied.
Entschlossen marschierte er auf die Öffnung zu, in der der
Fremde verschwunden war. Er vernahm Stimmen, gab sich aber keine
Mühe, sie zu verstehen.
Und dann erscholl ein Schrei!
Kendall erstarrte. Seine Knie gaben nach, und er vermochte sich
nur mühsam auf den Beinen zu halten.
„Frank!" schrie es erneut.
Franklin Kendall spürte, wie seine Kinnlade herabsank. Er
brachte keinen Ton heraus, auch nicht, als John Rawlins und Noowee
Logan auf ihn zukamen und ihn unter die Arme faßten und ins
Haus geleiteten.
Erst nachdem er auf dem Rand eines Bettes saß, wich der
Schock über die Begegnung von ihm. John und Noowee fragten
nichts, und er war ihnen dankbar dafür.
„Wo sind wir?" stieß er endlich hervor.
Die Freunde standen vor ihm, blickten sich an und zuckten die
Schultern.
„Wir wissen es nicht, Frank", sagte John. „Diese
Welt scheint durch und durch künstlich zu sein - einschließlich
des Himmels. Und auch mit uns stimmt etwas nicht."
Kendall bemerkte erst jetzt, daß auch die Freunde nackt
waren.
Noowee lächelte.
„Nein, das meinen wir nicht. Aber ...", er stockte und
suchte nach Worten, „... es gibt hier weder Wasser noch
Nahrung, weißt du."
„Was ...?" Franklin fuhr hoch. Er starrte die beiden
Freunde an. Dann schüttelte er den Kopf. „Wie lange seid
ihr schon hier - fünf Tage, nicht wahr! Ihr müßtet
schon halb verschmachtet sein, wenn ihr fünf Tage nichts
gegessen und getrunken hättet."
„Das ist es ja eben", erwiderte John Rawlins tonlos.
„Wir essen nicht, wir trinken nicht; dennoch spüren wir
weder Hunger noch Durst. Den Uktanern geht es ebenso." Er
räusperte sich. „Und auch den anderen Lebewesen, die
hierher verschlagen wurden ..."
Franklin Kendall hatte nur
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