PR TB 064 Männer Fur Lacertae
ich,
nicht Sie. Die Zeiten sind vorbei, in denen Sie und Ihre
überheblichen Geschlechtsgenossen allein den Ton angaben. Wir
brauchen Sie nicht mehr.«
»Dann fliegen Sie doch den Gleiter, wenn Sie können,
oder schleppen Sie meinetwegen den ganzen Kram auf dem Buckel zum
See. Dann werden Sie schon merken, was ein Mann wert ist.«
Ann lächelte verächtlich.
»Überschätzen Sie nicht Ihre Bedeutung. Mister.
Jeder von uns kann, wenn er will, das Fliegen eines Gleiters
erlernen, auch ohne Ihre Hilfe. Wir wollten Ihnen einen Gefallen tun,
mehr nicht. Wenn Sie daraus schließen, unentbehrlich geworden
zu sein, so muß ich Sie enttäuschen. Ist das nun klar oder
nicht?«
John sah in entschlossene Gesichter.
Er nickte.
»Schon gut, war ja nicht so gemeint. Ich wollte Ihnen nur
einen Rat geben, nicht mehr. Darf ich Feierabend machen?«
Abermals nickte Ann.
»Ja, aber heute nacht schlafen Sie nicht bei den Kisten,
denn ich möchte Ärger vermeiden. Schlafen Sie im Gleiter,
und am besten setzen Sie ihn oben auf die Baumwipfel. Ich denke, wir
verstehen uns.«
Natürlich verstand John.
Wochen mühseliger Arbeit begannen. Während unten bei der
Bucht am See die ersten Häuser entstanden, verwandelte sich der
stark demolierte, aber noch immer imposant aussehende Raumer
allmählich in ein Stahlgerippe. Selbst die Fußböden
wurden ausgebaut und beim Häuserbau verwendet. Ann Griwers
behielt das Oberkommando fest in der Hand, wenn sie auch oft ihre
vertrauenswürdigsten Freundinnen mit dem Befehl über
kleinere Arbeitsgruppen beehrte. Ihr System war einfach und
raffiniert: jeder paßte auf den anderen auf, und jeder war
bemüht, Anns Vertrauen zu erwerben. Hinzu kam noch, daß
sie alle ihrer fragwürdigen Ideologie zustimmten und bald
vergessen hatten, warum sie überhaupt in diese Situation
gekommen waren. Denn wenn man es objektiv betrachtete, waren sie alle
freiwillig hier. Sie hätten genausogut versuchen können,
zur Erde zurückzukehren.
John hatte sich inzwischen damit abgefunden, der einzige Mann
unter fünfzig Frauen zu sein. Seine Hütte stand ein wenig
abseits, auf einem kleinen, bewaldeten Kap, dessen Ufer steil zum See
abfielen. Da er seine Arbeit und Aufgabe hatte, überwand er
seine Minderwertigkeitskomplexe und erkannte Ann als Leiterin der
neugegründeten Kolonie an. Es machte ihm nichts aus, Befehle von
ihr zu erhalten, und sie störte es nicht mehr, wenn er mit
ihr über das Programm des nächsten Tages diskutierte.
Sicherlich wäre auch alles gut gegangen, wenn nicht eines
Tages Hilde Smart ziemlich aufgeregt von ihrem Inspektionsgang zum
Schiff zurückgekommen wäre. Ann hatte ihr befohlen, die
Kühlanlagen der unglücklichen HAPPY FUTURE zu überprüfen.
Es war wichtig, daß sie auch weiterhin in Betrieb blieben,
sonst würden die noch vorhandenen Lebensmittelvorräte
verderben.
»Der Kühlraum, Ann, alles beginnt abzutauen.« Ann
hielt die Luft an, ehe sie Hildes Schulter packte und erregt hin und
her schüttelte.
»Was sagst du? Der Kühlraum taut ab? Das ist doch
unmöglich! Mir hat John versichert, daß noch für
Jahre Energie zur Verfügung steht. Wo steckt er denn?«
»John?«
»Wer sonst? He, Bess, bringe John mal her!«
Die Kunde verbreitete sich mit Windeseile in der Siedlung. Von
allen Seiten kamen sie herbeigelaufen, aufgeregt und erschrocken.
Auch John kam mit Bess, die ihn bei der Hand hielt, als befürchte
sie, er könne ihr davonlaufen. Sein Gesicht verriet
Unsicherheit.
»Haben Sie eine Erklärung, John?« erkundigte sich
Ann mit sanfter Stimme. »War doch alles in Ordnung, oder
nicht?« Obwohl sich die Mädchen untereinander alle duzten,
wurde John gegenüber das distanzierende »Sie«
beibehalten. Schon aus Sicherheitsgründen.
»Die Lebensmittel verderben, wenn Sie nichts unternehmen.
Beeilen Sie sich, bevor es zu spät ist. Vielleicht bringen Sie
die Anlage wieder in Ordnung.«
John unterdrückte das Gefühl der heimlichen
Befriedigung, das ihn überkam. Sie brauchten ihn also wieder
einmal - wie gut das tat! Die selbstbewußten Weiber wurden
hilflos, wenn es um Technik ging. Felder umpflügen und Häuser
einrichten konnten sie ja, das mußte ihnen der Neid lassen.
Aber von Technik verstanden sie so gut wie nichts.
Er setzte sich in den Gleiter und flog zum Wrack.
Schon nach der ersten flüchtigen Untersuchung stellte er
fest, daß da nichts mehr zu machen war. Zwar lieferte der
Kleinkonverter
noch immer genügend Strom, aber alle Kühlaggregate waren
ausgefallen.
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