PR TB 068 Die Säulen Der Ewigkeit
mühsam hoch. Zwischen meinen Fingern war Blut. Ich
versuchte, den Pfeil abzubrechen, und vor meinen Äugend
rotierten dunkle Spiralen. Schließlich gehorchten meine Finger
wieder, und mit einer gewaltigen Kraftanstrengung brach ich den
Pfeilschaft ab. Ein zweiter Pfeil heulte unheildrohend an meinem Ohr
vorbei und streifte mein Haar. Ich lief einige Schritte zurück
und schrie leise:
»Tu Suche den Bogenschützen!«
Ein kurzes Geheul antwortete mir.
Jetzt erfüllten Rennen und Hasten, Schreie und Keuchen diesen
kleinen Platz inmitten von Steinen, Palmen und anderen Bäumen.
Männer liefen vorbei und beachteten mich nicht, zwischen den
Zweigen, fern und schwankend, sah ich die Lichter von schwelenden
Fackeln mit kalkigem Licht. Das Blut roch süßlich, und ich
hatte einen bitteren Geschmack, wie Messing, auf den Lippen. Ich hob
schließlich den rechten Arm, griff mit der linken Hand unter
der Achsel durch und riß entschlossen die Flintsteinspitze mit
dem handlangen Stück Holz heraus. Das Blut lief, aber es war
keine große Ader getroffen worden. Ich merkte, daß ich
noch immer das Beil in der Hand hielt, ließ es fallen und zog
den flachen Strahler aus dem Stiefelschaft.
Dann sprang ich vorwärts.
Die Priester hatten offensichtlich viele Menschen aufgeboten. Sie
wurden jetzt von den Rufen und den Fackeln der Soldaten aufgescheucht
und rannten alle hier vorbei, wahrscheinlich flüchteten sie
hinunter zum Kanal.
Ich schoß.
Meine Waffe warf schmetternde Blitze nach allen Seiten. Ich zielte
auf die Beine und die Arme der Männer und veränderte nach
den beiden ersten Schüssen die Einstellung; der Strahler
verschoß jetzt Hitzestrahlen. Schreie erschütterten die
Luft, die Tiere brüllten wie wahnsinnig, und überall flogen
große Vögel auf und stürzten sich zwischen den
Zweigen hindurch. Flügel, Schritte, das Donnern der Waffe und,
wie ich nach kurzer Zeit merkte, meine eigenen Schreie.
Schließlich hörte ich die Stimme.
»Atlan-Anhetes! Hier ist Hepetre! Lebst du?«
Während ich den dünnen Lauf entlang visierte und genau
vor dem Steinkoloß eines unbekannten, schattenhaften
Götzenbildes einen der fliehenden Mörder niederschoß,
schrie ich zurück:
»Ja! Hierher, Hepetre!«
»Ich komme!«
Von allen Seiten kamen jetzt die Fackeln und die Rufe der
Verständigung. Die Gardisten schlössen den Ring, und die
ersten Flüchtenden kamen zurück. Ich schüttelte mich,
atmete tief ein und aus und fühlte, wie mich die Schmerzen
überfielen. Dann schaltete ich den Strahler aus und schob ihn,
mich mühsam bückend, in den Stiefelschalt zurück.
Ich fand den Dolch, als ich nach dem Priester suchte. Schließlich
fand ich auch Mentu
antef.
Er lag auf dem Rücken und breitete die Arme aus. Ich hielt
den Dolch stoßbereit und kauerte mich auf die Hacken nieder,
als ich den Ausdruck seines Gesichtes erkannte. Während ich ihn
betrachtete, traten die Gesichtszüge immer stärker aus der
Dunkelheit hervor, und als ich den Kopf wandte, sah ich He-petre, der
mit einer knisternden, rauchenden und stinkenden Fackel neben mir
stand. Ich winkte ihn näher. Plötzlich öffnete
Mentu-antef die Augen, erkannte mich. Er flüsterte.
»Du lebst, Fremder ... und ich sterbe.«
Ich versicherte ihm heiser und grimmig:
»Du wirst nicht sterben. Ich habe dich niedergeschlagen und
werde dich vor den Pharao bringen. Und vielleicht wird er dich
töten.«
Der Mund des Priesters verzerrte sich. Unter Qualen brachte er
hervor:
»Das ist unnötig, Fremder. Du und ich ... wir werden
unsere Heimat nicht wiedersehen. Ich sterbe hier, weil du sterben
solltest.«
Aus seinem Mundwinkel lief ein dünner Blutfaden, der breiter
wurde. Die Stimme des Priesters wurde gurgelnd, dann hustete er,
schließlich verstanden wir beide, Hepetre und ich:
»Du warst es nicht ... es war das Geheimnis meiner Herkunft,
das mich umgebracht hat.« Mentu-antef starb. Als wir ihn
umdrehten, sahen wir den schlanken, eleganten Pfeil. Er war auf der
linken Seite des Rük-kens, knapp unter dem Schulterblatt,
eingedrungen und war einen Fingerbreit über der Haut glatt
abgebrochen. Der dünne Zedernschaft hing nur noch an einer
Holzfaser.
Langsam stand ich auf.
»Ich danke dir, Hepetre. Jetzt kenne ich meinen Feind genau.
Und ein Geheimnis mehr ist entstanden ... seine Herkunft hat ihn
umgebracht. Woher kam er? Warum wurde er umgebracht? Ich wollte
nichts als einen Rechtsspruch des Menes.«
Menschenleben waren hier und jetzt so billig wie Sandkörner,
das stand
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