PR TB 068 Die Säulen Der Ewigkeit
des Pharao nach Sais vor. Neter-Nacht
ist bereits unterwegs, und wir versuchen, Waffen und Verpflegung zu
sichern. Wir warten nui- noch ab, Menes muß erst gesund sein.
Wie geht es ihm?«
Ich zuckte die Schultern und gab einem der Schreiber die Liste.
»Wir schicken es noch heute zu dir, Arzt des Menes«,
sagte der Schreiber.
»Ich habe eben mit Nefer-meryt gesprochen. Sie wird
versuchen, denke ich, bei den Priestern zu erwirken, daß ich
den Pharao sehen kann. Seit einiger Zeit bekomme ich keinen Zutritt
zum Tempel.«
Hepetre deutete auf die vollgeschriebenen Tafeln und sagte laut:
»Ihr wißt, was wir brauchen, und wann wir es brauchen.
Es ist Befehl des Pharaonenhofes, diesen Zug auszurüsten!«
»In wenigen Tagen ist alles bereit, Hepetre!«
Hepetre legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich mit sich.
Ti, der so reagierte, wie ich es brauchte, erkannte den Mann und
blieb ruhig liegen, trottete uns aber nach, als wir das Haus
verließen. Wir setzten uns im Schatten des Skorpionkolosses auf
die Freitreppe, wo uns niemand hören konnte.
»Atlan-Anhetes«, sagte Hepetre, »du bist mutig,
aber zu großer Mut ist im Schatten des Tempels von Übel.«
Ich nickte ernst und begann, ihm von dem Mädchen zu
berichten. Ich verschwieg aber, daß ich an ihrem Ring erkannt
hatte, wer sie wirklich war.
»Du mußt das verstehen«, sagte Hepetre. »Und
dann ist es ganz einfach. Die Priester der Tempel arbeiten nicht. Der
Pharao ernährt sie, dafür helfen sie ihm. Wenn nun jemand
kommt, der so klug ist wie sie — oder wenn sie glauben, er ist
so klug, dann fürchten sie sich. Sie würden nutzlos. Und
...«
Er flüsterte halb stolz, halb beunruhigt:
»... und es sterben viele Menschen in Memphis, und niemand
weiß, wer oder was sie umgebracht hat. Nimm dich in acht,
Freund.«
Ich schlug leicht gegen die beiden Dolche in meinem Gürtel.
Hepetre lachte verächtlich.
»Zwei Dolche gegen die Macht der Priester? So gut kannst du
gar nicht sein. Und was Nefer-meryt angeht. Die Stadt weiß, daß
sie dich begehrt.«
Ich spielte gedankenvoll mit dem Binsengriffel und rammte ihn
schließlich in eine Steinfuge.
»Ich war bisher freundlich und zurückhaltend«,
sagte ich, »obwohl ich sie begehre. Was rätst du mir?«
»Sage, Atlan«, meinte er und runzelte die Stirn. »Hat
sie dich eingeladen an den Kanal der Tamarisken?«
»Noch nicht. Aber sie wird es tun, denke ich.«
»Sei vorsichtig«, sagte Hepetre mit seiner kräftigen
Stimme. »Der Park zwischen dem Damm des jotru und der Mauer des
Palastes, dort, wo Nefer-meryt ihr Haus hat, ist dunkel und einsam.
Der Park des Anubis. In dem Haus feiert Nefer-meryt ihre Feste. Wenn
sie dich einlädt, gehe jeden anderen Weg, nur nicht den
direkten.«
Ich stand langsam auf und legte meine Hand auf den
sonnendurchglühten Stein der Stele. »Danke für den
Rat. Ich werde es dir sagen, wenn ich dorthin gehe, Hepetre.«
Wir verabschiedeten uns und wußten beide, daß etwas in
der Luft lag. Es war förmlich zu fühlen; eine Art
elektrisches Feld, das die Härchen sträubte und die Sinne
verwirrte, so daß sie nicht mehr zuverlässig zu
funktionieren schienen. Ich ging zurück in mein Zimmer, immer
geschützt von Ti, und ließ mir von Auben das Essen
bringen.
Der Pharao rüstet, um Sais zu nehmen, sagte mein Extrasinn.
Das bedeutet für dich verstärkte Wachsamkeit.
Ich blieb wachsam.
Genau drei Tage lang, dann kam Auben mit einem kleinen Nubier, der
ein Tontäfelchen brachte. Ich nahm die Tafel, las den Text aus
Glyphen und bedankte mich mit einem harten Lachen. Das Mädchen
und der Junge gingen, zutiefst verwirrt.
»Heute nacht ist ein Fest im Haus bei den Tamarisken. Komme
zu mir. Ich werde warten, Arzt des Menes. Nefer-meryt, die deinen
Wein trank.«
Ich erstarrte.
Wie immer hatte ich die Geschwüre, die Schnitte und Wunden
der Ägypter behandelt, hatte ihre Geschenke angenommen, die aus
Naturalien bestanden. Ich war in die Häuser der Beamten gerufen
worden und hatte getan, was ich konnte — viele Dinge
überforderten mich hoffnungslos.
Mein Ruf stieg und stieg, und in gleichem Maß würde der
Haß der Priester steigen. Ich war dreimal abgewiesen worden; .
und morgen früh würde ich neben dem Pharaonenlager stehen,
koste es, was es wolle. Ich rief die Worte des Hepetre in meine
Überlegungen zurück, setzte mich rasch und tauchte das
zerkaute Ende des Binsenrohres ein und schrieb auf ein Stück
Pergament :
»Heute abend gehe ich durch den Park des Anubis. Dann,
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