PR TB 069 Menschen Aus Der Retorte
transparenten Wände einer
Kuppel auf die zerklüftete und verwitterte Steilwand der Küste.
Auf der anderen Seite schimmerten und funkelten die Wassertropfen
über einem weißen Brandungsstreifen, ungefähr
zweihundert Meter von der Kuppel entfernt.
Unwillkürlich suchte Sidni-Stem das Meer nach den
Luftkissenbooten der Meeresfarmen ab, spähte nach Westen, wo in
seiner Zeit die rechteckigen Magazine und die Radartürme mit den
kreisenden Antennen gestanden hatten.
Natürlich war nichts davon zu sehen. Die Clone-Städte
existierten noch nicht.
Nein, das war verkehrt! dachte Stem. Wir befinden uns in der
Zukunft, also existieren sie nicht mehr!
Was bedeutete das? Hatten die Fremden in der Vergangenheit
gesiegt? Waren die Clone ausgelöscht worden?
„Das Land hat sich natürlich etwas verändert“,
erklärte Vater Lashron. „Ich werde versuchen, durch
Messungen und Berechnungen die Zeitspanne zu ermitteln, die zwischen
der Ausgangszeit und dieser Zeit liegt.“
„Warum sehen wir nichts von den Clone-Städten?“
fragte Stem.
„Das ist eine Frage, auf die es zahllose Antworten gibt,
theoretische Antworten. Laßt euch dadurch nicht beirren. Wir
stellen in dieser Zeitebene einen Unsicherheitsfaktor dar, der sich
in unbekannter Weise auswirken kann. Mehr weiß ich ebenfalls
nicht. - Ich öffne nun die Kuppelschleuse.“
Ein nach innen gewölbter Sektor der durchsichtigen Kuppel
glitt auseinander. Die Männer kletterten in die enge Kammer und
warteten, bis sich die Außenwand vor ihnen auftat.
Betty-Inger kroch zuerst hinaus. Er bewegte sich vorsichtig, als
fürchtete er, der feine schwarze Sand könnte ihn
hinabziehen. Aber er trug ihn gut. Seine derben Stiefel sanken
höchstens einige Millimeter ein.
Sidni-Stem folgte ihm und richtete sich auf. Eine leichte Brise
wehte vom Meer herüber und brachte den herben Geruch von Salz
und verwesendem Getier mit.
Plötzlich fuhren die beiden Männer erschrocken zusammen.
Vom Land hallte ein dröhnender Donnerschlag herüber.
Eine fahle Lichtglocke wölbte sich über den Horizont, und
weit über ihr zuckte ein grell leuchtender Punkt in den Himmel
und verschwand.
„Was war das?“ fragte Betty-Inger tonlos.
„Ein startendes Raumschiff“, antwortete die körperlose
Stimme Vater Lashrons. „Kommt zurück ins Schiff. Wir
müssen beraten. Außerdem braucht ihr eine bessere
Ausrüstung, wenn ihr euch dem Startplatz nähern wollt.“
„Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will“,
murmelte Sidni-Stem.
Doch Vater Lashron ging nicht darauf ein.
*
Anderson Sidni-Stem betrachtete sich aufmerksam in dem
Feldspiegel. Der gefleckte Kampfanzug mit dem Kombinationsgürtel
und dem flachen Aggregattornister auf dem Rückenteil hatte ihn
äußerlich vollständig verändert. Probeweise
griff er nach dem Schaltteil des Gürtels und drückte einen
bestimmten Knopf. Die zusammengerollt im, Nacken liegende Helmkapuze
entfaltete sich so schnell, daß er überrascht war, als
sein Kopf plötzlich in dem transparenten Druckhelm steckte.
Gleichzeitig begannen Klima-und Lufterneuerungsanlage mit kaum
hörbarem Summen zu arbeiten.
Stem ließ den Helm wieder zurückschnellen und runzelte
nachdenklich die Stirn.
Sie hatten nach Vater Lashrons Anweisungen zwei Anzüge für
ihn und Betty-Inger passend gemacht und dabei das Material eines
dritten verwendet. Besonders beeindruckt waren sie gewesen, als Vater
Lashron ihnen die Wirkungsweise der Individualschirme beschrieben
hatte.
Die Vorfahren der Refugier mußten sehr vorsichtige Menschen
gewesen sein - oder sehr ängstliche. Anders ließ es sich
nicht erklären, daß sie so bedacht auf den Schutz ihrer
Körper gewesen waren, obwohl sie doch jederzeit in einem
Regenerationszentrum wiedergeboren werden konnten. Vater Lashron
hatte sich leider geweigert, ihnen dementsprechende Auskünfte zu
erteilen. Vielleicht schämte er sich wegen der Furchtsamkeit
ihrer Ahnen.
Sidni-Stem zuckte die Schultern und verließ die Kabine, die
ihm Vater Lashron zugewiesen hatte. In der Zentrale wurde er bereits
von Betty-Inger und Irul-Luzie erwartet.
„Vater Lashron hat noch etwas mit uns vor“, sagte
Inger mißmutig.
„Es ist sehr wichtig für euch“, ließ sich
Vater Lashron vernehmen. „In dem Raum, den ich für euch
geöffnet habe, befinden sich einige kombinierte Informations-
und Simulations-Transmitter. Ihr mußt lernen, eine bestimmte
Lage strategisch zu erfassen und danach das wirksamste
taktische Vorgehen zu ermitteln. Außerdem benötigt
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