PR TB 078 Irrfahrt in Die Vergangenheit
ein Mensch,
ein Lebewesen, das tatsächlich existierte, oder war es nur eben
eine Bezeichnung, ein Name für eine mystische Wesenheit,
erschaffen von den abergläubischen Zangulanern, um eine
Erklärung für die unerklärlichen Phänomene der
Technik zu haben? Welche Rolle spielten die pionischen Priester?
Waren sie das, was sie zu sein vorgaben, nämlich Werkzeuge einer
übergeordneten Macht? Oder gehörten sie einem Kollektiv an,
das in seiner Gesamtheit »Pion« darstellte? War jeder der
Priester ein Stück von Pion?
Rhodan spürte eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich
um. Ein Mädchen, das Zweitälteste von Thoraks
Beutetöchtern, stand hinter ihm und versuchte, ihm die Felljacke
auszuziehen.
Thorak lächelte, als er sah, wie verzweifelt sich Rhodan
gegen die Bemühungen des Mädchens wehrte.
»Asha will nur deine Haut mit Taua einreiben«, sagte
er. »Taua schützt besser gegen die Kälte als jeder
Pelz.«
»Aber ich erfriere, wenn ich mich entkleide«,
protestierte Rhodan.
»Bevor es dazu kommt, hat dich Asha versorgt«, lachte
Thorak.
Rhodan ließ das Mädchen gewähren. Nach wenigen
Minuten waren sein Oberkörper und die Arme von einer dicken
Schicht des Öls überzogen und er spürte die Kälte
tatsächlich weniger als vorher durch den Pelz.
Asha massierte nun das Öl in seine Haut hinein. Ihre Finger
glitten kraftvoll und gleichzeitig sanft über seine
Schultermuskeln, aber sie fuhr erschrocken zurück, als sie die
Kette berührte, an der der Zellaktivator hing.
»Der Stein ist ein Lebensspender«, beruhigte Rhodan
sie. »Du brauchst dich nicht davor zu fürchten.«
»Ein Geschenk Pions?« wollte Thorak wissen. Rhodan
schüttelte den Kopf, er fühlte sich wohlig müde.
»Nein«, sagte er nur.
Thorak kaute weiter an seinen Nüssen und zeigte nicht, ob er
von dieser kargen Antwort enttäuscht war.
Trotzdem meinte Rhodan, ihm noch eine weitere Erklärung
schuldig zu sein. »Der Stein gibt mir Kraft, er macht mich
unsterblich und unverwundbar. Ich habe ihn von einem Wesen bekommen,
das weder Mensch noch Tier war und weit weg von hier gelebt hat.«
Thorak nickte und kaute weiter.
»Thorak«, sagte Rhodan eindringlich. »Ich
vertraue dir dies an, weil ich die Freundschaft eines Mannes brauche.
Ohne die Hilfe eines aufrechten Mannes werde ich meine Mission nie
beenden können.«
Thorak sah auf. »Du, ein Dämon, mächtiger als
viele pionische Priester, brauchst die Hilfe eines gewöhnlichen
Kriegers?«
Rhodan schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Dämon,
sondern ein Mensch wie du - nur daß ich einem anderen Volk
angehöre.«
Plötzlich hörte Rhodan hinter sich einen unterdrückten
Aufschrei. Als er sich umwandte, sah er Asha zum Frauenzelt laufen.
»Du hast sie mit deinen seltsamen Worten erschreckt«,
erklärte Thorak. »Wir sind ein gläubiges Volk,
Rhodan, wir glauben an unsere Stärke und an Pion. Wir halten uns
an die Gebote Pions. Doch nicht ganz so wie die Priester es möchten,
weil wir meinen, daß sie die Gebote verfälschen. Und
deshalb ächten wir auch nicht die Vesiten und andere Dämonen,
obwohl es die Priester von uns verlangen. Aber du darfst deshalb
nicht glauben, daß du uns vollkommen mit deinem Bann belegen
kannst. Wir gehen unbeirrbar unseren Weg, der uns im Winter in das
Flachland und im Sommer in die Berge führt. Und wir werden uns
in jeder pionischen Periode zur Pyramide unseres Gottes begeben und
an den Wettkämpfen teilnehmen. Auch diesmal werden es wieder
Ishmaiten sein, die von Pion zu Halbgöttern erhoben und zu sich
genommen werden.«
Rhodan hatte mit steigendem Interesse Thoraks Ausführungen
gelauscht. Er hatte auf diese Weise mehr erfahren, als er durch
langwierige Fragen herausbekommen hätte. Doch jetzt, als Thorak
auf das für Rhodan interessante Gebiet zu sprechen kam, wurde er
unterbrochen.
Einer der Späher war gekommen und erstattete Thorak flüsternd
Meldung. Als der Späher geendet hatte, erhob sich Thorak und
sagte zu Rhodan:
»Ishona wird dich aufsuchen. Ich kann jetzt meine Späher
zurückziehen und werde dich für die Zeit der Kraftprobe
allein lassen. Ich wünsche dir den Sieg über Ishona.«
Er verschwand ohne ein weiteres Wort zwischen den Zelten.
Rhodan hatte sich ins Zelt zurückgezogen, um Ishona nicht die
Möglichkeit zu geben, seinen Angriff zu variieren. Er konnte nur
durch den Eingang kommen und wußte nicht, was ihn dahinter
erwartete. Das Überraschungsmoment war also auf Rhodans Seite.
Er würde es nützen müssen, wenn er
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