PR TB 088 Welt Im Psycho Sturm
überraschender. Zuerst
war nur ein Flimmern vor seinen Augen. Er zwinkerte, aber dadurch
wurde das Flimmern nur noch stärker. Michael merkte, daß
die Luft wie unter großer Hitze zu »wabern« begann.
Aber es war nicht heiß in der Kabine.
Er griff hinter sich, um sich am Tisch festzuhalten. Doch er fand
keinen Halt. Der Tisch bog sich durch, als sei er aus Gummi. Dabei
brauchte Michael
seine Stellung aber nicht zu verändern, denn obwohl die
Tischplatte nachgab, blieb seine Hand darauf. Es war, als dehne sie
sich mit dem Tisch.
Die Kabine veränderte sich. Kanten rundeten sich ab, gerade
Linien wurden gekrümmt - gerade so, als blicke Michael durch ein
verzerrendes Vergrößerungsglas.
Michaels erster Gedanke war: Jetzt schnappe ich vollkommen über!
Er befürchtete dies mit Recht, denn bisher waren die Alpträume
nur über ihn gekommen, wenn er zu Menschen, vornehmlich
weiblichen Geschöpfen, enge Beziehungen unterhielt. Aber jetzt
übertrugen sich seine Wahnvorstellungen bereits auf tote
Materie.
Die Wände der Kabine begannen sich in Teilstücke
aufzulösen. Als wären sie selbst nur Reflexionen eines
Spiegels, der plötzlich in unzählige Splitter zerbrach.
Michael starrte auf eines der Trümmerstücke und merkte, wie
das Teilstück der Wand zurückzuwandern schien - und auf
einmal spiegelte sich in dem einen Fragment die ganze Kabine. Und in
jedem der tausend Fragmente spiegelte sich die gesamte Kabine mit
ihren vier Wänden und der darin befindlichen Einrichtung,
einschließlich der Psycho-Tarnkappe und Michaels.
Tausendmal Michael, tausendmal die Tarnkappe!
»Ich muß sie erreichen«, murmelte Michael vor
sich hin.
Er hörte seine eigenen Worte nicht. Aber er sah sie. Das
heißt, er sah, wie der Inhalt der Worte zur Realität
wurde. Sein Vorsatz, die Tarnkappe zu erreichen, wurde Wirklichkeit.
Vor Michael erschien ein Doppelgänger, der nach der Tarnkappe
griff und sie sich auf den Kopf stülpte. Und hinter ihm kam ein
zweiter Michael, der synchron mit dem ersten die Tarnkappe aufsetzte.
Und hinter diesen beiden war ein dritter, ein vierter. eine endlose
Reihe, die bis in die Unendlichkeit reichte. Und alle setzten sie die
Tarnkappe auf. Es war, als stünde Michael zwischen zwei
Spiegeln, die ihn und das gegenüberliegende Spiegelbild
unendlich reflektierten.
Der Vergleich hinkte natürlich, denn Spiegel reflektierten
nur tatsächliche Geschehnisse, keine Wunschbilder. Darüber
hinaus raubten einem Spiegelbilder nicht den Verstand!
»Geoffry!«
Das Wort wurde Realität - zu einem Geoffry mal unendlich, der
nach Michael griff. Unendlich-Geoffry griff nach Unendlich-Michael,
zuckte zurück und fuhr sich an den Kopf.
Nein - es war Wahnsinn:
Unzählig viele Geoffreys verbargen ihre Gesichter hinter
einem Gewirr von Armen.
***
Michael erfaßte einen vertrauten Gegenstand, hob ihn hoch
und stülpte ihn sich über den Kopf.
Ihm war mit einmal, als käme er nach langem Aufenthalt unter
Wasser an die Oberfläche und atme erstmals wieder Sauerstoff.
Die Trugbilder zogen sich zusammen und verloren sich an einem
fiktiven Punkt in der Ferne.
Michaels Erregung klang langsam ab. Aber noch einige Minuten
später stand er unter dem Eindruck des psychischen Erlebnisses.
So intensiv und so deutlich, so klar und doch so verwirrend waren die
Bilder bisher noch nie gewesen. Michael war auch noch ein anderer
Unterschied zu seinen früheren Alpträumen aufgefallen. Sie
waren noch nie so realistisch und doch so wirklichkeitsfremd gewesen.
Er meinte damit, daß das psychedelische Erlebnis diesmal seine
sämtlichen Sinne angesprochen hatte, ihnen den Eindruck von
Realität vermittelt hatte. Die Sinne sagten dem Gehirn: Das ist
echt! Das Gehirn jedoch weigerte sich, die verzerrte und
phantastische Umgebung als gegenständlich anzuerkennen.
Während sich Michael beruhigte, erinnerte er sich der Worte
Geoffry Waringers, der sich auf dem Flug hierher mit der Tarnkappe
und mit dem Phänomen beschäftigt hatte, daß Michael
während seiner psychedelischen Visionen Hyperstrahlung
emittierte.
»Obwohl ich nichts von der menschlichen Psyche verstehe und
der Diagnose eines Experten nicht widersprechen möchte, glaube
ich doch, daß Dr. Lyschka in einem Punkt irrte«, erklärte
Geoffry dazu. »Du bist nicht ein Sender hyperstruktureller
Strahlung, sondern ein Empfänger. Nicht weil du auf
Hyperfrequenz sendest, leidest du unter psychedelischen Visionen,
sondern weil du empfängst. Das habe ich entdeckt, nachdem ich
die
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