PR TB 098 Wettfahrt Der Entdecker
Agsacha und Sharma stiegen zu mir ins Boot. Ich nahm
aus meinem Gepäck einen Handscheinwerfer, steckte eine zweite
Energiezelle ein und bewaffnete Agsacha und mich mit den
Vielzweckpistolen. Dann stießen wir ab. Mauki stellte sich mit
seiner Speerschleuder in den Bug. Schaukelnd und ruckend bewegte sich
die Nußschale auf die dunkle Küste zu. Der Widerschein
vieler Feuer tanzte auf den Wellen, als wir uns näherten. Mauki
schrie etwas im Dialekt der Insel, und eine schrille Stimme
antwortete ihm. Ich glaubte, ein leise rumpelndes Geräusch zu
hören. Vermutlich war der Kiel des Bootes auf einem Felsen
entlanggeschnurrt. Ohne es zu merken, war ich wie alle anderen in der
Stimmung eingesponnen, die sich entlang des mondsichelförmigen
Ufers ausbreitete. Schatten tanzten über den weißen Sand.
Der Feuerschein wurde heller. Zwischen mir und den Feuern huschten
Silhouetten vorbei. Schließlich hoben die Matrosen die Ruder.
Der Kiel schob sich die leicht ansteigende Sandfläche hoch, ein
Ruck ging durch das Boot. Mauki sprang an Land.
»Wir kommen in Frieden!« rief er. »Mauki von
Tafuafau, mit fremden Freunden! Nehmt uns freundlich auf, Männer
von Aruarufa!«
Einige Krieger, schwer bewaffnet, mit Baströcken und langen
Schildern, kamen auf uns zu. Einer sagte dumpf:
»Ihr seid willkommen. Wir tanzen den Tanz des Feuergottes.
Heute hat er mehrmals den Boden erschüttert. Auch sind glühende
Brocken ins Meer gefallen.«
Ein stechender Geruch drang in meine Nase. Schwefel? Vermutlich
waren es vulkanische Gase aus Fumarolen oder Solfataren. Die Insel
war nichts anderes als die Umgebung eines Vulkans oder mehrer
Vulkane, und es konnte sein, daß das Feuer aus der Tiefe
sichjeden Augenblick siedend und detonierend ergoß und die
Landschaft verwüstete.
... und das Schiff zerstört! meldete sich das Extrahirn.
»Diese Männer kamen von weither ...«, hörte
ich Maukis Stimme. Sein Wortschwall schien, abgesehen von der wilden,
stark rhythmischen Musik hinter den Palmen, das einzige Geräusch
zu sein. Wir stellten uns in einem Halbkreis hinter den Kriegern auf.
Schließlich sagte einer von ihnen, er trug eine weißgestrichene
Maske aus Bast, beschwörend und leise:
»Kommt näher. Bleibt im Schatten. Stört den Tanz
nicht.«
»Wir versprechen es, Tänzer!« bestätigte
Mauki. Zu mir gewandt, sagte er leise:
»Sie haben alle Kawa getrunken und sind nicht bei sich. Sie
haben sehr viel Angst vor dem Feuer und tanzen, um ihre Angst
einzuschüchtern.«
Kawa, ein grundsätzlich erfrischendes Getränk, war mit
starkem Palmwein versetzt worden. Die zerkleinerte Wurzel eines
Pfefferstrauches würde vergoren, gemischt und aus geschnitzten
Schalen getrunken. Wir sahen, als wir in die rötlich flackernde
Helligkeit des Feuers hineintraten, etwa
einhundert Männer und Frauen in drei Tanzreihen. Es war eine
Szene von mystischer Eindringlichkeit. Schlagartig befanden wir
Fremdlinge uns im Bann des Tanzes, der Musik — als hätten
wir teilgenommen an der angsterfüllten Trance. Es war ein
vollendeter Maskentanz, der aus einfachen, aber in ihrer Monotonie
eindringlichen Schritten und Figuren bestand. Die Körper der
Tanzenden bewegten sich in sämtlichen Gelenken. Sie bildeten
drei Kreise. Im Mittelpunkt des Reigens loderte ein mächtiges
Feuer. Andere Feuerstellen verteilten sich in einer langen Reihe.
Sharma schob sich zwischen Diego und Mauki hindurch und klammerte
sich an meinen rechten Arm. Ich wagte nicht, den Scheinwerfer
einzuschalten.
Trommeln . . . Flöten . . . die ausgestoßenen Vokale
der Tänzer ... der durchdringende Geruch nach Schweiß . .
. der Gestank nach Schwefel und saurem Palmwein ... das Stampfen der
nackten Füße und das Hämmern der Schädelbrecher
auf die harten Schilde, die wie Resonanzböden wirkten... die
schweißtriefenden Körper schienen eins werden zu wollen
mit den furchterregenden Masken.
Ich war gebannt, unfähig, mich zu bewegen.
Der Tanz ging ununterbrochen weiter.
Eine furchtbare Drohung erfüllte die Luft ringsum. Weit
hinter uns schlug etwas schwer ins Wasser. Einmal bebte der
Boden,, und die Scheite im Feuer krachten übereinander. Ein
ungeheurer Funkenschauer erhob sich in die heiße Luft. Die
Tänzer hatten aufgehört, menschlich zu sein. Sie hatten ihr
Wesen abgestreift und waren zu ihren Sinnbildern geworden. Drei
riesige Totemsäulen, in grellen Farben bemalt und sehr
ausdrucksvoll geschnitzt, umstanden das Feuer. Einige Teile schmorten
bereits. Rauch stieg auf.
Die Flöten
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