PR TB 099 Die Tödliche Erfindung
über dem Fahrersitz liegen. Der Sand wirbelte
wie eine lebendige Masse durch die Kabine.
Entweder, dachte Dragan wie betäubt, war der Fahrer bewußtlos
oder tot.
Er versuchte die Tür zu öffnen, aber sie klemmte. Er hob
einen Arm und schlug mit dem Ellenbogen gegen das Sicherheitsglas. Es
gab nicht nach. Ein Werkzeug war nicht zu finden. Dragan ließ
sich wieder zu Boden gleiten und kroch um den Schlepper herum. Er
fand jedoch keinen geeigneten Gegenstand, um die Kuppelscheibe damit
endgültig einschlagen zu können.
Entmutigt kehrte er wieder zur Vorderseite des Wagens zurück.
Er brachte sein Gesicht an die Öffnung der Scheibe.
»Hallo!« schrie er. »Hören Sie mich?«
Der Mann regte sich nicht.
Dragan kroch zu der Stelle zurück, wo er vom Sandfresen
abgesprungen war. Nach längerem Suchen fand er die bereits unter
dem Sand begrabene Fresenpeitsche. Mit ihr robbte er wieder zum
Sandschlepper. Er richtete sich neben der Kuppel auf und schob die
Peitsche so weit durch die Öffnung, daß er den Fahrer
damit berühren konnte. Dann stieß er ein paarmal zu.
Nach einer Weile bewegte sich der Kolonist.
Dragan atmete auf.
Der Mann drehte sich herum. Obwohl sein Gesicht unter der Maske
fast völlig verborgen war, erkannte Dragan in dem Verletzten
Kuppelmehjor Bestban.
»Kuppelmehjor!« schrie Dragan in den Riß. »Sind
Sie verletzt?«
Der Erste Bürger der Kolonie rieb sich den Kopf.
»Ich. glaube nicht«, sagte er benommen. Seine Stimme
war kaum zu hören. Die Erinnerung kehrte zurück, und er hob
den Kopf.
»Es war ein Fresen«, sagte er. »Das Ding kam
direkt auf mich zu, ich konnte nicht mehr ausweichen.«
»Es war mein Fresen«, erwiderte Dragan schuldbewußt.
»Ich verlor die Kontrolle über ihn.«
Er warf einen Blick hinter sich. Die Bewegungen des Rieseninsekts
waren erstorben. Sand wurde über die Leiche geweht.
»Jetzt ist er tot«, sagte Dragan.
Bestban versuchte die Kuppeltür von innen zu öffnen,
aber es gelang ihm nicht. Auch als Dragan sich einschaltete und von
außen an der Tür zerrte, erreichten die beiden Männer
nichts.
»Der Schlepper ist nicht mehr zu gebrauchen«, stellte
Bestban fest. »Ich muß irgendwie heraus.«
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, warnte Dragan den
Kuppelmehjor. Er wußte genau, daß Bestban viel zu
unerfahren war, um sich bei einem derartigen Sturm bewegen zu können.
»Wollen Sie warten, bis ich verdurstet oder verhungert bin?«
erkundigte
sich der Kuppelmehjor.
»Ich hole Hilfe!« versprach Dragan.
Bestban lachte auf.
»Ohne Ihren Fresen können Sie die Kuppel nicht
erreichen. Nicht bei diesem Sturm.«
»Dann klettere ich zu meiner Hütte hinauf und hole
einen zweiten Fresen.«
»Auch das wird Ihnen nicht gelingen!« prophezeite
Bestban. »Wir müssen uns damit abfinden, daß wir
verloren sind, wenn der Sturm nicht nachläßt.«
Dragan sah ihn nachdenklich an. Der Kuppelbewohner schien keine
Angst zu empfinden.
»Warten Sie!« befahl Dragan. »Unternehmen Sie
nichts, bevor ich zurück bin.«
Er drehte sich herum, ohne auf die protestierenden Rufe Bestbans
zu hören. Als er zwischen dem Rieseninsekt und dem umgekippten
Sandschlepper hervortrat, packte ihn eine Sturmbö und riß
ihn zu Boden. Er stieß eine Verwünschung aus und kroch auf
allen vieren weiter. Er versank tief im lockeren Sand. Trotzdem kam
er gut voran. Wenige Augenblicke später waren weder der
Sandschlepper noch das tote Tier noch zu sehen. Dragan war allein.
Schneller als erwartet erreichte er den unteren Hang des
Wodka-Berges. Je steiler der Anstieg wurde, desto schwieriger kam
Dragan voran. Er rutschte immer wieder im lockeren Sand zurück.
Jede halbe Stunde mußte er den Filter seiner Staubmaske
wechseln. Sein Vorrat war bald aufgebraucht. Er machte sich Sorgen,
ob er seine Hütte rechtzeitig erreichen würde.
Am späten Nachmittag kam er bei seiner Hütte an. Der
Brunnen war zugeweht, und vor dem Eingang des kleinen Gebäudes
türmten sich Sandhaufen. Dragan schaufelte sie zur Seite, dann
stolperte er in die Hütte. Er säuberte seinen Anzug, trank
einen Becher Wasser und versorgte sich mit neuen Filtern. Er war so
erschöpft, daß seine Hände vor Schwäche
zitterten. Dragan begab sich in den Stall und sattelte einen der
beiden anderen Fresen. Er wollte Bestban unter allen Umständen
retten.
***
Der Kuppelmehjor wehrte sich gegen die zunehmende Müdigkeit,
konnte aber nicht verhindern, daß er immer wieder für
wenige Augenblicke einschlief und dann hochschreckte. Der
Weitere Kostenlose Bücher