PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges
Verwundeten lagen. Sie fingen Pferde ein und führten
sie hinweg, zogen die Geschütze hervor und sammelten sich. Das
alles artete binnen kurzer Zeit aus, und schließlich sah ich
Dannhauser, der auf uns zusprengte und mir winkte. Schließlich
parierte er sein Pferd neben uns.
,Wir haben Mercy geholfen, den Sieg zu erringen!“ sagte er.
.Sie rühren die Trommeln für uns!“
,Was beim Trommeln gewonnen wird“, sagte ic h düster,
„wird oft beim Pfeifen wieder verloren, Freund. Wie geht es den
anderen?“
.Sie trinken Wein mit dem Obristen!“
„Das kann ich auch brauchen“, sagte ich. „Du
bringst mich zu ihnen?“
,Deswegen bin ich hier, Adlan!“
Vom Hügel aus hatte ich einen Überblick, der mir das
Blut in den Adern gerinnen ließ. Nebel begann sich auf das
Schlachtfeld zu senken. Die Schreie der Verwundeten drangen gedämpft
bis hier herauf. Hin und wieder unterbrach ein Schuss die Ruhe des
Todes. Der Schwarm der Krähen bewegte sich nun und teilte sich
in viele kleine Schwärme auf. Sie fielen auf das Schlachtfeld
ein. Sie schrieen nicht mehr, als sie begannen, den Toten die Augen
auszuhacken und an ihrem Fleisch zu zerren. Ich würgte meine
Übelkeit hinunter, als ich sah, wie von Werth auf mich zukam.
Jhr seid sicherlich Adlan d’Arcogne?‘ ‘ fragte
er, die Hand ausstreckend. Er trug einen auffallenden Ring über
dem feinen, wildledernen Handschuh.
,So ist es, Feldherr!“ sagte ich. ,Aber lobt mich nicht
zuviel wegen der erbeuteten Geschü tze.“
Jch schulde Euch vieles“, sagte er ernsthaft und schüttelte
meine Hand. Dann half er mit einer Art bäuerlicher Galanterie
dem Mädchen aus dem Sattel und sah sie aus zusammengekniffenen
Augen an.
,Nicht viel“, sagte ich. .Höchstens Quartier, etwas W
ein und, so möglich, einige Unzen Brot und Braten für meine
Männer.“ ,Das sollt ihr haben, d’Arcogne!“
versprach er. Ruhig fügte er hinzu: .Es sind Fehler gemacht
worden. Diese Geschütze, die Ihr und Eure Männer erbeutet
habt, waren in der Lage, unseren Hügel zu beschießen und
uns alle zu töten. Das haben wir nicht gesehen, und somit habt
Ihr das alles gerettet.“
Ich winkte ab.
Jch bin müde!“ sagte ich. ,Und meine Männer
ebenso. Und überhaupt habe ich vom Morden, Schießen und
Schlachten ge -nug."
.Wie wir alle!“ sagte von Werth. .Wie auch Mercy. Sie ver
handeln schon in Münster, aber nur der Allmächtige weiß,
wann es Frieden geben wird.“
Ich sammelte meine Männer ein. Mercy und von Werth
versprachen, uns nachzukommen. Sie hatten einige Häuser
beschlagnahmen lassen, einen Weiler unweit von hier. Dort würden
wir Essen finden, ein Strohlager, einige Zimmer, und auch ein wenig
Futter für unsere Tiere. Wir fanden einen Wagen der Franzosen,
der Wein, Musikinstrumente und Hafer enthielt und luden den Wein und
den Hafer auf unsere Packpferde. In beginnender Nacht ritten wir in
den Hof ein, gaben die Parole ab und bezogen unser Quartier. Lange
würden wir hier nicht bleiben - das war sicher. Die Schlacht war
vorüber. Mercy hatte gesagt, er wolle versuchen, die Donaulinie
zu halten und zu verteidigen. Nun, das war seine Sache . . . meine
Sache war eine ganz andere.
Du musst die Verfolgerfinden! drängte der Extrasinn.
Das war leichter gesagt als getan. Zunächst einmal galt es,
die Kräfte wiederzufinden und das Mädchen auszuhorchen.
Dann würde ich weiter handeln können. Diesmal musste ich
wohl darauf verzichten, den Barbaren weitere kulturelle Denkanstöße
zu liefern. Und diesen Krieg zu beenden, lag auch nicht in meiner
Macht.
7.
DER FALKE
Ich öffnete das knarrende Fenster, um den Schweißgeruch
zu vertreiben, den das Leder des Sattels ausströmte. Ich war
allein, zum erstenmal seit Tagen ganz allein. Ich sah mich in dem
kleinen Zimmer um, das unter dem Dach lag und einmal als
Gesindekammer gedient haben mochte; nach all den Nachtlagern auf der
Erde und im Stroh war dies ein geradezu luxuriöses Bett. Ich
stellte den Leuchter mit den drei langen Unschlittkerzen so auf, dass
der Luftzug. ihn nicht traf. Dann verriegelte ich
die Tür und mischte das kalte mit dem heißen Wasser.
Ich packte meine Satteltaschen aus und legte, was ich brauchte, auf
ein flauschiges Tuch. Dann begann ich mich zu waschen, trocknete mich
ab, säuberte die Nägel und flocht den Zopf in meinem Nacken
auseinander.
Nachdem ich mir tiefenwirksame, reinigende Creme eingerieben
hatte, zog ich neue Wäsche an und wusch die alte.
Zu diesem Zweck besaß ich ein komprimiertes Pulver,
Weitere Kostenlose Bücher