PR TB 104 Samurai Von Den Sternen
ins Haus.
Ich stieg ab, nahm den leichten Sonnenschutzhut und schob ihn auf
den Rücken. Dann stieg ich die wenigen Stufen auf die
Holzterrasse hinauf und wartete kurze Zeit. Dann kamen zwei Männer
aus dem Inneren des Gebäudes, und ich erkannte in demjenigen,
der rechts ging, den Fremden.
Der Mann neben ihm blieb stehen; er schien, wenn dieser Vergleich
möglich war, weniger typisch für dieses Volk zu sein. Er
trug ein offenes Hemd, wie ein Bauer, nur aus besserem Stoff, trug
einen breiten Gürtel, relativ enge Hosen und wertvolle Stiefel.
Er blieb überrascht stehen, als er mich sah, dann verbeugte er
sich und fragte:
»Mein Sohn sagte mir, du würdest versuchen, hier Arbeit
zu finden?«
Auch ich machte meine Ehrenbezeigung und entgegnete halblaut:
»Deswegen bin ich hierher gekommen, Herr Tawaraya. Noch vor
einigen Wochen war ich im Dienst des Herrn Shokokuyij. Ich ging, weil
er die Hand gegen meine Ehre ausstreckte.«
»Ich bin verständigt worden. Gerüchte schnüren
mit dem Tempo von roten Füchsen durch das Land. Bald wird Ernte
sein, und das bedeutet Kampf. Ich bin sicher. Ich frage dich.«
Nectrion, oder Nemuro, unterbrach höflich, aber bestimmt den
Hofherrn.
»Woher kommst du?«
Ich lächelte und sagte deutlich:
»Aus der Schule des ehrwürdigen Lehrers Katsura Kaishu,
den ich besiegen durfte.«
Nemuro runzelte die Stirn und stemmte die kräftigen Arme mit
den langen, unbehaarten Fingern in die Seiten. Auch er war japanisch
gekleidet, aber unverkennbar umgab ihn eine fremdartige Atmosphäre,
eine leicht exotische Aura. Ich hingegen war, verglichen mit ihm,
angepaßt. Er lachte ungläubig auf, runzelte die Stirn.
»Besiegt? Katsura Kaishu? Das ist unmöglich.«
Ich verbeugte mich und sagte:
»Zen half mir, das Unmögliche möglich zu machen.
Ich besiegte ihn. Bis zum Frühling möchte ich in Euren
Diensten bleiben. Habt Ihr Arbeit und Reis
für mich, Herr Tawaraya?«
Der Herr des Hofes nickte und sagte halblaut:
»Bleibe hier, Samurai. Du wirst, denke ich, ein schönes
Zimmer dort drüben finden, neben Munenaga.«
Wir verbeugten uns mehrmals voreinander, und Nemuro half mit, die
Pferde in die Ställe und das Gepäck ins Haus zu bringen.
Alle Gebäude waren leicht und sahen aus, als stellten sie nur
ein Provisorium dar. Und als ich die Tür zum Park aufschob,
erkannte ich den Grund. Vorher war der Hügel durch die Bäume
und Hausdächer meinen Blicken verborgen gewesen. Jetzt erkannte
ich den befestigten Sitz der Familie Tawaraya. Lautlos war Nemuro
neben mich getreten und sagte:
»Was willst du wirklich hier, Freund?«
Ich sah ihn lange an, dann drehte ich den Kopf und deutete hinaus
auf die schwarzen, schartigen Mauern, die von vielen Belagerungen
zeugten. Ich erwiderte nachdenklich:
»Ich bin auf einer langen Reise durch das Land, durch die
Zeit. Ich suche die Erkenntnis. Und da die Erkenntnis nur den
Lebenden kommt, Lebende etwas zu essen brauchen, muß ich mich
verdingen, um etwas zu verdienen. Ich hatte einmal ein Erlebnis, kurz
vor dem Beben.«
Er hörte konzentriert zu. Seine Augen suchten meine
Ausrüstung ab, und ich wurde mißtrauisch. Hatte er mich
mit der zerstörten Möwe in Verbindung gebracht? Ich hatte
den großen Vorteil, daß er niemals wissen konnte, wer ich
wirklich war - umgekehrt war es anders.
»Ein Erlebnis? Einen Traum?« fragte er verwundert. Er
wirkte angestrengt und etwas unsicher.
Ich ging in die Mitte des Zimmers zurück und begann, meine
Habseligkeiten auszupacken und in die eingebauten Wandschränke
zu verstauen. Stück für Stück kam aus den Packen und
wurde säuberlich zur Seite gelegt. Er sah mir zu, und ich
beantwortete seine Frage.
»Vor dem Beben«, sagte ich, »träumte ich
einige Nächte davon, daß mich eine Möwe verfolgte.
Ich träumte diesen Traum oftmals. Und eines Tages sah ich die
Möwe. Sie blickte mich an, als wäre eine verwunschene Seele
in ihr. Ich nahm mein Schwert und schlug nach ihr, aber sie war
schneller, als es je eine Möwe war. Ich verfehlte sie auch mit
meinem Pfeil.«
Er starrte mich schweigend an, und ich sah förmlich, wie er
nachdachte. Er sah zu, wie ich meine Ahnenrolle sorgfältig auf
den Tisch neben dem Lager ablegte und meine Waffen an hölzernen
Knöpfen an der Wand befestigte.
»Es war eine Möwe?« fragte er verwundert und sehr
leise. Diese Erzählung mußte seine Aufmerksamkeit
hervorgerufen haben. Ich packte seelenruhig weiter aus und fragte:
»Du scheinst verwundert, kuge?«
»Ich bin verwundert«,
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