PR TB 113 Die Söhne Sols
klang so
menschlich, daß die Frau unwillkürlich zusammenzuckte.
„Gibt es außer mir noch andere Überlebende?"
erkundigte sie sich.
„Ich habe noch keine gefunden", lautete die Antwort.
Der Krater erschien Deborah plötzlich wie ein riesiges Grab.
Sie wollte so schnell wie möglich hier heraus. Die Anwesenheit
der vielen Toten drohte sie zu ersticken.
„Kannst du mich aus dem Krater bringen?" fragte sie den
Roboter.
„Ja."
Doch er bewegte sich nicht. Deborah sah ihn unschlüssig an.
Offenbar wartete er auf einen endgültigen Befehl. Sie hatte
früher einmal davon gehört, daß Roboter nur ihrer
Programmierung folgten und dabei streng logisch vorgingen.
„Bring mich hier heraus!" rief sie. Ihre Stimme
überschlug sich fast.
Sie war am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Der Roboter schwebte auf sie zu und umschlang sie mit beiden
Armen. Deborah wunderte sich, daß diese Maschine so behutsam
zugreifen konnte.
Der Roboter flog über die Trümmer hinweg und glitt am
Kraterrand hinauf.
Sekunden später sah Deborah DeStaglaav zum erstenmal das
Land, das eigentlich die Heimat ihrer Familie hatte werden sollen.
Die FAMILY war in einem langgezogenen Tal abgestürzt, das von
baumbewachsenen Hügeln umgrenzt wurde. Im Tal selbst wuchsen
Gras, Büsche und Blumen. Ganz in der Nähe floß ein
breiter Bach vorbei, der sich am Ende des Tales in einen See
verbreiterte. Ein paar handgroße, schmetterlingsähnliche
Tiere flatterten vorbei.
Der Roboter hatte Deborah am Rande des Kraters abgesetzt. Auch
hier oben lagen Überreste des Raumschiffs. An vielen Stellen war
das Gras versengt, der Boden wies Furchen wie von der Schneide eines
Riesenpflugs auf.
Deborah sank ins Gras und begann zu weinen. Erst jetzt wurde sie
sich voll bewußt, welchen Verlust sie erlitten hatte.
Wahrscheinlich hätte Derek das Haus oben am Hang erbaut, mit
einer breiten Veranda auf der Talseite. Abends hätten sie auf
der Veranda gesessen und zum See hinabgeblickt.
Gewaltsam vertrieb sie diese Gedanken aus ihrem Bewußtsein.
Sie wandte sich wieder an den Roboter.
„Du mußt die gesamte Absturzstelle nach Überlebenden
absuchen. Vielleicht war jemand bewußtlos und ist inzwischen
wieder zu sich gekommen. Halte auch nach Schwerverletzten Ausschau."
„Ja", sagte der Roboter.
Er flog davon und verschwand im Krater.
Deborah stellte fest, daß der Boden sehr warm und weich war.
Sie legte sich hin und schloß die Augen, aber sie konnte nicht
schlafen. In Gedanken sah sie immer wieder die verstümmelten
Toten in der großen Halle.
Sie schätzte, daß fast eine Stunde vergangen war, als
der Roboter endlich zurückkehrte.
„Niemand lebt", sagte die Maschine gleichgültig.
Deborah starrte ihn an.
„Töte mich!" stieß sie hervor. „Töte
mich sofort!"
„Nein", sagte die Maschine. „Ein solcher Befehl
verstößt gegen das Erste Gesetz."
Sie schwankte auf ihn zu und hieb mit bloßen Fäusten
auf den in der Sonne schimmernden Körper ein. Der Roboter ließ
es widerstandslos geschehen.
Als sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte, sagte Deborah: „Du
mußt zwischen den Trümmern nach Vorräten suchen. Vor
allem brauche ich eine Unterkunft für die kommende Nacht.
Versuche, etwas Brauchbares zu finden."
Sie krümmte sich plötzlich zusammen. Das Kind in ihr
bewegte sich heftig. Blut stieg ihr in den Kopf. Sollte es bereits
jetzt soweit sein?
Doch es ging vorüber.
Der Roboter war bereits wieder im Krater verschwunden. Nach einer
Weile kam er mit Paketen und Kisten zurück.
Er wollte die Ausrüstungsgegenstände neben Deborah
abladen, doch sie hinderte ihn daran.
„Ich will nicht in der Nähe des abgestürzten
Schiffes bleiben. Trage alles zum Seeufer."
Der Roboter führte ihre Anordnungen aus. Er brachte
Werkzeuge, Kleider, Möbel und Nahrungskonzentrate in großen
Mengen zum See. Die Sachen hätten ausgereicht, ein paar hundert
Menschen zu versorgen.
Zu Deborahs großer Erleichterung befand sich unter den nicht
zerstörten Ausrüstungsgegenständen auch eine
Stahllitkuppel, die der Roboter am Rande des Sees aufbaute. Deborah
las die technischen Vorschriften und stellte die Klimaanlage ein. Sie
aß und trank von den Vorräten und bereitete sich aus
Decken ein Lager. Inzwischen war die Sonne untergegangen. Deborah
verließ die Kuppel. Der Roboter stand bewegungslos zwischen den
Paketen, die er zu einem Berg aufgetürmt hatte.
„Gibt es auf dieser Welt gefährliche Tiere?"
fragte Deborah.
„Das weiß ich nicht!" sagte die
Weitere Kostenlose Bücher