PR TB 137 Am Rand Des Universums
den Bach und die Höhlen.
Es muß nicht Krieg zwischen uns sein, sondern wir können
zusammen die Crolsjagen."
Ogura betrachtete ihn mit einem seltsamen Glanz in den Augen, der
Keron bekannt vorkam. Ihm war, als hätte er denselben Glanz
schon einmal in Urabalis Augen gesehen. Dann meinte der Häuptling:
„Ich bewundere deinen Mut, Keron. Durch deine Schuld habe
ich vierzig meiner besten Krieger verloren, und nun kommst du zu mir,
um zu verhandeln. Draußen warten schon unsere Frauen, um dich
mit Steinen zu erschlagen. Nichts kann dich retten. Niemals wird es
Frieden geben können zwischen deinem und meinem Volk. Deinen
leblosen Körper werden wir am Oberlauf des Baches ins Wasser
werfen, damit er bei den Höhlen angeschwemmt wird."
Bei dem Gedanken daran, von Frauen erschlagen zu werden, überfiel
Keron das Grauen. Er versuchte es noch einmal:
„Wenn Urabali auch nicht weiß, daß ich zu dir
gekommen bin, so wird er mich vermissen. Du weißt, daß er
die besseren Waffen hat, und er wird dein Dorf überfallen und es
vernichten. Wenn ich sterben muß, so werdet ihr auch alle
sterben. Ich bitte dich noch einmal, mir
zuzuhören."
Unbewußt und ohne von einem fremden Intellekt geleitet zu
werden, hatte Keron die große Wahrheit erkannt. Auch er mußte
drohen, um sein Leben zu retten und den Frieden zu erhalten.
Zumindest erhielt er mit dieser Methode einen Aufschub, denn Ogura
sagte:
„Wer garantiert mir, daß er mein Dorf nicht überfällt,
wenn ich dir glaube? Kehr nun in die Hütte zurück und warte
meine Entscheidung ab. Ich muß darüber nachdenken."
Zwei Jäger kamen und geleiteten ihn durch die Gasse der
Weiber, die bereits mit Wurfsteinen warteten. Aus ihren Gesichtern
sprach Enttäuschung, als Ogura sie in die Hütten
zurückschickte.
Während Keron sich auf das primitive Lager legte und die
Augen schloß, um Kräfte zu sammeln, zog sich Ogura wieder
in seine Hütte zurück, setzte sich auf seinen Thron und
dachte über den Sinn von Krieg und Frieden nach.
Gegen Mittag kam ein Jäger zu Urabali und meldete ihm das
Verschwinden Kerons. Der Häuptling war bestürzt, aber er
konnte niemandem einen Vorwurf machen.
Für Urabali gab es nur eine Erklärung: Keron war so
unvorsichtig gewesen, den Fluß zu überschreiten. Dort
warteten die Männer Oguras auf ihn, um ihn gefangenzunehmen. Sie
hatten ihn ins Walddorf geschleppt, wo sie ihn für seinen Verrat
bestrafen wollten. Eine andere Möglichkeit kam für Urabali
überhaupt nicht in Betracht, obwohl eine innere Stimme ihm immer
wieder sagte, daß Keron freiwillig gegangen war, um beiden
Stämmen den Frieden zu erhalten.
Sein erster Gedanke war, zwanzig Bogenschützen zu nehmen und
Oguras Dorf zu überfallen. Dann sagte er sich, daß er
ohnehin zu spät kommen würde und beschloß, zumindest
den nächsten Tag abzuwarten. Vielleicht, so tröstete er
sich, ist er nur auf die Jagd gegangen und noch nicht zurückgekehrt.
Vielleicht belauert er eine Herde Crols und wartet auf den günstigen
Augenblick, um eines der Jungtiere zu erlegen. Dann müßte
er spätestens morgen zurückkehren.
Als Keron aber auch am nächsten Tag nicht zurückkehrte,
riefUrabali am Abend seine Männer zusammen und sagte zu ihnen:
„Wenn Keron wirklich in die Hände des Feindes gefallen
ist, können wir ihn nicht mehr retten. Aber wir werden ihn
rächen. Ich möchte, daß mich morgen zwanzig
Bogenschützen begleiten, wenn ich zu Ogura gehe. Ich will mit
ihm sprechen. Und er wird mir sagen müssen, was er mit Keron
getan hat. Ich werde allein zu ihm gehen, und ihr werdet draußen
im Wald verborgen auf mein Zeichen warten. Ich werde mein Messer, wie
immer, im Gürtel tragen, aber ein zweites werde ich versteckt
unter dem Fell halten. Wenn Ogura Keron getötet hat, wird auch
er sterben."
Seine Männer schienen von dem Vorschlag nicht sonderlich
begeistert zu sein. Als Urabali zu seiner Höhle zurückkehrte
und sich zu Marutara ans Feuer setzte, meinte dieser:
„Ich weiß, was dich bedrückt, und unser Stamm
wird nicht in Ruhe und Frieden leben können, ehe wir eine Lösung
mit Ogura gefunden haben. Und es kann nur zwei Lösungen geben.
Die eine ist: Du überfällst mit unseren Kriegern das Dorf
im Wald, und tötest alle Bewohner. Aber es gibt auch noch eine
zweite: Du sprichst mit Ogura und versuchst, dich mit ihm zu einigen.
Die Höhlen, der Wald, die große Lichtung, der Bach und der
See - dies alles bietet genug Platz für Ogura und für dich.
Geh zu ihm und rede mit
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