PR TB 137 Am Rand Des Universums
ihm."
„Und wenn er Keron getötet hat? Was soll ich dann tun?"
„Auch dann mußt du mit ihm reden! Er hat Keron für
einen Verräter halten müssen - und was hättest du mit
einem Verräter gemacht?"
Urabali nickte, stand auf und klopfte dem Alten auf die Schulter.
Dann ging er zu seinem Lager und legte sich zu Panar.
Den ganzen Tag über kümmerte sich niemand um Keron, nur
als es dämmerte, brachte man ihm etwas zu essen. In der Nacht
schlief er unruhig. Bei den Höhlen würde man ihn längst
vermißt haben, und er hoffte, daß Urabali nicht auf den
Gedanken kam, ihn befreien zu
wollen. Damit würde er alles verderben.
Die Nacht verging. Er schlief, hin und wieder wachte er auf, und
schlief erneut ein. Draußen vor der Hütte sah er gegen den
Schein des Lagerfeuers die beiden Wachtposten. Er hätte sie
leicht überrumpeln und fliehen können, aber dann wäre
seine Mission gescheitert. Er blieb also.
Am Mittag des nächsten Tages trat er vor die Hütte. Die
beiden Wachtposten hielten ihm die Speere entgegen.
„Bleib, wo du bist! Wir haben Befehl, dich bei einem
Fluchtversuch zu töten."
„Ich will mit Ogura reden", sagte Keron. „Bringt
mich zu ihm."
„Du mußt warten, bis er dich ruft."
Keron kehrte in die Hütte zurück und setzte sich auf den
Boden. Es hatte wenig Sinn, mit den beiden Jägern zu
argumentieren. Sie befolgten ihre Befehle.
Als sich die Sonne bereits gen Westen senkte, brachte man ihn zur
Hütte des Häuptlings. Dort erwartete Keron eine
Überraschung.
Neben Ogura, auf einem provisorischen Thron aus zusammengehäuften
Crolfellen, saß Urabali. Er sah Keron starr an und blinzelte
ihm vertraulich zu. Keron wußte, was das zu bedeuten hatte. Er
sollte schweigen.
Ogura sah von einem zum anderen, ehe er nach langer Pause endlich
sagte:
„Urabali ist gekommen, und er hat nicht gewußt, daß
du unser Gefangener bist. Und erst recht hat er nicht gewußt,
daß du freiwillig zu uns gekommen bist. Was sagst du dazu?"
Keron erinnerte sich des Blickes, den Urabali ihm zugeworfen
hatte. Er schwieg.
„Rede!" brüllte Ogura ihn an.
Urabali sagte:
„Du hast mir versprochen, Ogura, keine hinterhältigen
Methoden anzuwenden. Halte dich bitte daran! Du weißt, was
geschehen wird, wenn wir uns nicht einigen. Draußen im Wald
warten meine Männer nur auf das Zeichen, das Dorf anzugreifen
und deine Männer und Frauen zu töten. Richte dich danach!"
Keron vermied es, Urabali oder Ogura anzusehen. Er begriff, was
sein Häuptling plante. Und er begriff, daß nur mit
Gewaltdrohung Friede zu erzwingen war, wenn es keine andere Methode
gab. Auch nur so war es zu erklären, daß Urabali neben
Ogura saß, ohne von seinen Männern sofort getötet
worden zu sein. Er blieb stehen, den Kopf gesenkt, und schwieg auch
weiterhin.
„Er ist ein Verräter", sagte Ogura wütend.
„Er ist sogar ein doppelter Verräter. Er hat deinen Stamm
genauso verraten wie den meinen. Er verdient den Tod."
„Da bin ich anderer Meinung, Ogura. Keron war von einem
Dämon besessen, als er unseren Stamm verriet. Damit hätte
er den Tod verdient, wenn ich ihm nicht den Dämon ausgetrieben
hätte. Er hat auch dich nicht verraten, denn er hat überhaupt
nicht gewußt, was er tat. Du wirst Keron freilassen. Und nun
sollten wir über den Frieden reden."
„Du willst über Frieden reden, wenn draußen dein
ganzer Stamm darauf wartet, über den meinen herzufallen?"
erkundigte sich Ogura.
„Hätte ich mit dir über Frieden reden können,
wenn ich allein gekommen wäre? Hättest du mich nicht sofort
töten lassen - und Keron dazu? Es ist also nur die Drohung, die
dich dazu zwingt, von Frieden zu reden."
Ogura lenkte auf seine Art ein, indem er das Thema wechselte.
„Was hast du gemeint, als du sagtest, Keron wäre von
einem Dämon besessen gewesen? Gibt es Dämonen?"
Urabali nickte.
„Ja, es gibt Dämonen! Keron war von einem besessen, und
ich habe ihn vertrieben. Es gibt eine Kraft, mit der man Dämonen
vertreiben kann - und ich kenne sie." Er sah den Häuptling
des Waldstamms forschend an. „Hast du nicht auch manchmal das
Gefühl, von einem Dämon besessen zu sein?"
Die Frage kam so überraschend, daß Ogura unwillkürlich
nickte, ohne vorher überlegen zu können. Urabali fuhr fort:
„Es ist, als sei man plötzlich nicht mehr mit sich
allein, auch wenn niemand bei einem ist.
Eine lautlose Stimme spricht zu dir, und sie gibt dir Befehle, die
du befolgen mußt. Ist es dir wirklich schon einmal so ergangen?
Du kannst
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