PR TB 137 Am Rand Des Universums
uns liegt noch eine ganze Nacht, und du hast
Zeit, es dir anders zu überlegen. Ich möchte, daß du
freiwillig auf meinen Vorschlag eingehst — das betonte ich
bereits."
Nebeneinander gingen sie zurück zu den Lagerfeuern, während
Ellert wieder in das Unterbewußtsein des Häuptlings
hinabtauchte.
Urabali sagte zu Keron:
„Es ist ein großes Friedensfest, mein Freund, und wir
wollen mit den Jägern feiern. Trink aber nicht zuviel von dem
braunen Saft, denn er geht in die Beine. Ich spüre es schon."
Keron wußte, daß nun Urabali selbst zu ihm gesprochen
hatte. Der Häuptling schien vergessen zu haben, was er noch vor
wenigen Minuten gesagt hatte.
In dieser Nacht schliefUrabali so gut, wie er seit langem nicht
mehr geschlafen hatte.
In seiner Höhle aber lag Keron wach. Er wußte, daß
sich sein Leben von morgen ab grundlegend verändern würde.
Am Morgen des anderen Tages standen die Angehörigen beider
Stämme am Ufer des Baches und sahen zu, wie Urabali und Ogura
Hand in Hand in das Wasser wateten. Sie näherten sich dem
Wasserrad, das die geheimnisvolle Maschine antrieb, die mit ihm
verbunden war. Keron saß ein wenig abseits auf einem
Felsbrocken mitten im Bach, den Kopf in seine drei Hände
gestützt und die Augen fast geschlossen. Er hatte nicht mehr mit
Urabali sprechen können, aber wenn der Häuptling wirklich
von einem Dämon besessen war, dann wußte er auch, daß
er sein Versprechen halten würde.
Als sie vor dem Wasserrad und dem Dynamo standen, sagte Urabali:
„Packe mit deiner linken Hand den Draht auf der linken
Seite, und laß ihn nicht wieder los.
Du wirst kaum etwas spüren."
Ogura, völlig in der Gewalt des fremden Intellekts,
gehorchte. Er griff nach dem Ende des lose herabhängenden
Kupferdrahts und umspannte es mit seinen Fingern. Auch Urabali, der
die Hand Oguras festhielt, spürte das leichte Kribbeln, das
durch seinen Körper rann. Aber er wußte, daß es noch
nicht der eigentliche Schock war. Der würde erst dann eintreten,
wenn er das andere Drahtende mit der rechten Hand ergriff.
Und er tat es mit einer blitzschnellen Bewegung.
Als Ogura vor Schreck aufschrie und trotz der Warnung Urabalis den
Draht losließ, war es bereits zu spät. Er brach bewußtlos
zusammen, fiel ins Wasser und wurde von der Strömung gegen die
Steine getrieben. Urabali hingegen war auf den Schock gefaßt,
wenn er auch heftiger als erwartet war. Er bückte sich, ergriff
Ogura und stellte ihn auf die Füße. Der Häuptling des
Waldstamms, durch das kalte Wasser ins Bewußtsein
zurückgerufen, sah ihn verständnislos an. Von Urabali
geführt, kehrte er ans Ufer zurück und ließ sich auf
einen Stein sinken.
„Was war das? Ich glaubte, meine Hand müsse verbrennen.
Dann das kalte Wasser ..."
Urabali schüttelte verwundert den Kopf.
„Ich kann es dir nicht erklären, Ogura, aberjemand hat
es mir befohlen. Wir mußten es tun, um von den Dämonen
befreit zu werden, die von uns beiden Besitz ergriffen hatten. Nun
sind wir wieder wir selbst."
„Ich glaube nicht an Dämonen", behauptete Ogura
und erhob sich taumelnd. „Komm, gehen wir zum Feuer, mir ist
kalt. Außerdem habe ich Durst."
Die Jäger der beiden Stämme stellten keine Fragen. Sie
waren von ihren Häuptlingen in letzter Zeit seltsame Dinge
gewohnt, und sie hatten sich damit abgefunden. Bald kreisten wieder
die hölzernen Gefäße mit der braunen Flüssigkeit.
Das Fest ging weiter.
Keron blieb noch einige Zeit auf seinem Stein sitzen, ehe er in
seine Höhle ging. Er nahm seinen Speer und sein Messer, füllte
seinen Tragebeutel mit getrocknetem Fleisch und ging zu Urabali.
„Ich werde zu dem See gehen und Fische für den Winter
fangen", sagte er. „In acht oder zehn Tagen bin ich wieder
zurück. Es wird ein kalter und langer Winter werden. Es ist gut,
wenn wir Vorräte besitzen."
Urabali warf ihm einen erstaunten Blick zu.
„Undjetzt willst du gehen? Geradejetzt, wo wir ein Fest
feiern? Hat das nicht noch bis morgen oder übermorgen Zeit?"
„Nein, Urabali, es hat keine Zeit. Wenn es kälter wird,
friert der See zu. Ich muß die Fische
vorher fangen. Und es ist besser, wenn mich niemand begleitet."
„Warum ist das besser?"
„Weil ich allein sein will", erklärte Keron kurz.
Urabali zuckte die Achseln und nickte.
„Gut, Keron, dann geh! Und nimm dich vor den Crols in acht!"
Keron ging davon, watete durch den Fluß und verschwand im
Wald.
Urabali sah ihm nachdenklich hinterher. Er begriff Kerons
Handlungsweise nicht.
Er
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