PR TB 158 Die Frauen Von Avalian
beugte ich mich über sie und küßte ihren
Mund.
Sie erstarrte. Ich spürte, wie sich ihr ganzer Körper
verkrampfte. Ich war erfahren genug, dieses eindeutige Warnsignal zu
beachten. Also gab ich sie sofort frei und schritt zu einem Gerät
hinüber, das ich für ein Video hielt. Ich tat, als ob ich
mich dafür interessiere. Tatsächlich überlegte ich,
was Doyana so erschreckt haben mochte.
Als ich mich umwandte, um einen erneuten Versuch zu machen, war
ich allein. Doyana war lautlos aus dem Raum geflohen.
Bestürzt eilte ich zum Ausgang, doch ich sah die junge Frau
nicht mehr. So schnell konnte sie sich doch gar nicht entfernt haben.
Ich beruhigte mich und amüsierte mich danach über den
Schrecken, den sie mir eingejagt hatte. Sicherlich waren auf Avalian
die Sitten und Gebräuche anders als bei uns. Vielleicht war es
hier absolut unschicklich, daß ein Mann den ersten Schritt tat.
In dem festen Glauben, Doyana in einem der anderen Gemächer
zu finden, machte ich mich auf die Suche nach ihr.
Das Haus hatte vierundzwanzig Zimmer. Doyana war in keinem von
ihnen. Sie war nicht mehr im Haus.
Als ich das erkannte, wurde mir klar, daß sie sich nicht nur
eilig, sondern panikartig zurückgezogen hatte.
Als ich am nächsten Morgen das Schlafzimmer verließ,
standen verschiedene Speisen auf dem Tisch im Hauptraum, in den mich
Doyana geführt hatte. Zwei jener armseligen Wesen, von denen ich
am Vortag schon eines gesehen hatte, flüchteten mit
unartikulierten Lauten aus dem Raum. Ich klatschte in die Hände
und trieb sie damit zu noch größerer Eile an. Wohlgelaunt
griff ich nach einer Frucht und verzehrte sie. Dann überprüfte
ich mein Aussehen in einem Spiegel und machte mich auf den Weg zu
Elaine.
Als ich mich dem Ausgang näherte, merkte ich, daß es in
Strömen regnete. Doch schien es, als befinde sich ein Vordach
vor meinem Haus, das den Zugang schützte. Die Wassertropfen
prasselten in einer Entfernung von etwa zehn Metern vor dem Eingang
auf den Boden. Dieser geschützte Raum wurde durch Berge von
Blumen ausgefüllt. Während ich schlief, hatten die Frauen
dieser Welt mir dieses Zeichen ihrer Verehrung vor die Tür
gelegt.
„Mir wäre es aber lieber gewesen, eine von euch wäre
direkt zu mir gekommen", sagte ich und trat hinaus, fuhr jedoch
sogleich wieder zurück, denn ich merkte, daß etwa hundert
Frauen vor dem Haus Elaines standen.
Ich trat etwas zur Seite, so daß ich aus sicherer Deckung
heraus zu dem anderen Haus hinübersehen konnte. Tatsächlich
drängten sich dort die Frauen, als gäbe es dort etwas
umsonst.
Meine Neugier war geweckt. Bei Elaine mußte etwas
vorgefallen sein. Kurz entschlossen trat ich hinaus. Die Frauen
wandten mir den Rücken zu. Keine achtete auf mich. Eine
Tatsache, die mir überhaupt nicht gefiel. Ich suchte mir einen
Weg durch das Blumenmeer hinüber zu den Frauen und tippte eine
von ihnen behutsam an, als ich sie erreicht hatte.
„Darf ich mal vorbei?" fragte ich freundlich.
Sie drehte sich um, lächelte und wich zur Seite aus. Mit
einem Zuruf machte sie die anderen auf mich aufmerksam, so daß
auch sie mir Platz machen konnten. Ich räusperte mich und
schritt durch die Gasse, die sich nun bildete. In meiner Kleidung kam
ich mir ein wenig unglücklich vor, denn sie bestand ja nur aus
einem nicht mehr ganz sauberen Unterhemd und einer Verlegenheitshose,
die ich vom Computer erhalten hatte. Sie war oben zu kurz und unten
zu lang und zu eng. Sie entsprach absolut nicht meinen modischen
Vorstellungen.
Die Frauen betrachteten mich aufmerksam und mit wohlwollendem
Interesse. Einige sanken auf die Knie und neigten das Haupt. Ich war
versucht, stehenzubleiben und ihnen die Hand auf das Haar zu legen,
verzichtete jedoch darauf, weil mir eine solche Geste zu theatralisch
erschien.
Als ich Elaines Haus betrat, vernahm ich eine fremdartige Musik,
die von überall her zu kommen schien. Meine Füße
versanken in Teppichen, die weicher und kostbarer waren als jene in
meinem Haus. An den Wänden befanden sich Bildnisse und
Skulpturen von ungewöhnlicher Schönheit.
Ich hatte das Gefühl, aus einer ärmlichen Hütte in
eine Luxuswohnung gekommen zu sein.
„Hallo", sagte ich, als ich den Salon erreichte, wo
Elaine in einem Sessel saß und sich von Doyana und zwei anderen
Frauen bedienen ließ. Die drei Avalianerinnen sanken sogleich
auf die Knie herab, drehten sich auf dem Boden um, erhoben sich und
eilten lautlos hinaus. Ich wollte sie zurückhalten, schwieg
jedoch, als ich
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