PR TB 164 Die Höhlen Von Olymp
schon in Ordnung, ihr Letzten Ritter", sagte
er.
„Wirst du Kenjafnaugia absetzen?" fragte der Elfjährige
ernsthaft.
„Ich will niemand absetzen", antwortete Sanssouq ebenso
ernst. „Aber es scheint mir, daß eure Eltern, als sie die
Gefahr erkannten, ein wenig zu heftig und ein wenig zu unvernünftig
reagierten. Ich möchte euch gerne helfen, die Sache wieder ins
reine zu bringen." Der Junge seufzte.
„Es wäre schön, wenn du uns helfen könntest."
„Wie heißt du?" fragte Sanssouq. „Zopejo."
„Ich werde sehen, was ich tun kann, Zopejo", versprach
Sanssouq.
*
Vonn, Mvoinao und der Allerletzte Ritter hatten sich inzwischen
geeinigt. „Wir wollen nach Hause gehen", sagte Vonn. „Komm
mit uns. Wir möchten dich einladen, unser Gast zu sein."
„Ich danke dir und nehme an", antwortete Sanssouq. „Wir
müssen darüber sprechen, wie es weiter gehen soll."
Vonns Gesicht nahm einen zweifelnden Ausdruck an.
„Wird es denn weitergehen?"
„Man darf die Hoffnung nicht aufgeben."
Sie traten hinaus auf die Straße. Kenjafnaugia benahm sich
sehr selbstsicher, obwohl er von den Vorgängen der letzten
Stunde bis auf den Grund seiner Seele aufgewühlt sein mußte.
Noch ein Jahr, dachte Sanssouq, und diese Kinder wären keine
Kinder mehr gewesen. Nicht einmal einem Erwachsenen wäre es
leichtgefallen, ein solches Maß an Selbstbeherrschung
aufzubringen. An einem Kind von sechs Jahren wirkte es erschreckend.
Die Eltern schienen das Ungewöhnliche der Situation zu
empfinden. Auf dem Weg zu ihrem Haus, das am Rande des Dorfes lag,
wurde kaum ein Wort gesprochen. Das Haus war recht geräumig und,
wenn man die Knappheit der Mittel bedachte, die im „Land des
Friedens" herrschte, behaglich eingerichtet.
Vonn war unter der Tür stehengeblieben und sah sich um. In
seinen Augen schimmerte es feucht.
„Es tut gut, wieder daheim zu sein", sagte er.
Dann ging er auf einen langgestreckten, weich gepolsterten Sessel
zu und ließ sich einfach hineinfallen. Es war ihm anzusehen,
daß er nicht so rasch wieder aufzustehen gedachte.
Mvoinao und der Junge traten durch eine offene Tür in einen
angrenzenden Raum. Sanssouq folgte ihnen. Es gab etwas, worüber
er Bescheid wissen wollte. Vonn rührte sich nicht. Er genoß
die Bequemlichkeit des Sessels und starrte mit reglosem Blick zu der
aus Balken gefertigten Decke hinauf.
Der angrenzende Raum erwies sich als eine Küche. Sie war
geräumig eingerichtet, mit einem großen Tisch in der
Mitte. Die Gerätschaften, die entlang der Wände aufgereiht
waren, machten einen altmodischen Eindruck. Sie stammten aus der Zeit
vor mehr als eintausend Jahren. Kenjafnaugia hatte sich in einen
Winkel verkrochen. Er saß auf einem dreibeinigen Hocker, der so
hoch war, daß die Beine des Jungen nicht bis zum Boden
reichten. Er starrte vor sich hin.
„Ich habe mit Zopejo gesprochen, Kenjafnaugia", sagte
Sanssouq. „Er sagte, du hättest behauptet, ich sei der
richtige Mann für euch. Ich wollte wissen, was das zu bedeuten
hat. Er wies mich an dich."
Mvoinao unterbrach ihr Hantieren. Sie wandte sich um und hatte
dieselbe verlegene Röte im Gesicht wie eine Viertelstunde zuvor,
als sie Sanssouq zum erstenmal sah.
„Es spielt jetzt keine Rolle mehr", sagte sie. „Was
weißt du davon?" fragte Sanssouq. „Kenjafnaugia hat
mir von seinem Plan erzählt." Sanssouq begann zu ahnen,
worum es sich bei diesem Plan handelte. Er war ein Außenseiter.
Für die Letzten Ritter stand fest, daß keiner ihrer Eltern
mehr in der Lage war, dem sterbenden Volk zu neuem Leben zu
verhelfen. Aber einer, der von draußen kam, mochte noch gesund
sein. Kenjafnaugia hatte ein Experiment durchführen wollen. Er
hatte Sanssouq, den Fremden, eingefangen, um ihn zu zwingen, der
Kinderlosigkeit im Land des Friedens ein Ende zu bereiten.
Mvoinaos bittender Blick hielt ihn davon ab, weitere Fragen zu
stellen. Sie selbst war es gewesen, die der Allerletzte Ritter als
erstes Versuchsobjekt ausgewählt hatte.
Sanssouqs Reaktion war zwiespältig. Was der Junge geplant
hatte, empfand er als im höchsten Maße widerwärtig -
so widerlich allzumal, daß er an sich halten mußte, um
den Allerletzten Ritter nicht zu packen und ihm eine tüchtige
Tracht Prügel zu verabreichen.
Andererseits hatte Mvoinaos Anblick schon bei der ersten Begegnung
Sanssouqs Herz höher schlagen lassen. Sie war eine
begehrenswerte Frau. Er ertappte sich bei dem Gedanken, daß,
was der abscheuliche Plan nicht hatte erreichen dürfen, sich
womöglich
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