PR TB 178 Der Sonnentoter
Sopal
aufschrecken. Er spähte zu den fernen Bergen hinüber,
diejenseits der Ebene lagen, konntejedoch nichts erkennen. Hinter den
Bergen lag die Stadt. Von dorther kam der Lärm.
„Was ist das?" brüllte Sopal zu dem Schadan
hinauf.
Der Graue hing in der Wand und blickte ebenfalls in Richtung der
Stadt. Er antwortete nicht, sondern stieg plötzlich wieder
abwärts.
„Schadan!" rief der Sonnentöter. „Was ist
los?" Der Graue tat auchjetzt, als habe er die Frage nicht
gehört. Als er bei Sopal war, drehte er sich herum, lehnte sich
mit dem Rücken gegen die Felsen und blickte in Richtung der
Stadt.
„Was ist los, Schadan?" Sopal bebte vor Ungeduld und
Unruhe.
„Sie greifen die Stadt an", erwiderte der
geheimnisvolle Graue. „Sie haben Maschinen, mit denen sie das
Reich der Dämonen erobern wollen, und sie werfen Bomben auf die
Stadt. Es gibt viele Tote und Verletzte."
„Wer greift die Stadt an?" fragte der Sonnentöter,
der kaum begriff, was der Schadan gesagt hatte.
„Es sind die Leute von Hattama", erwiderte der Graue
flüsternd.
Sopal wich vor ihm zurück. Er zweifelte nun nicht mehr daran,
daß der Schadan über Kräfte und Fähigkeiten
verfügte wie sonst kein Sankaner.
„Ich muß zu ihnen. Ich muß ihnen helfen",
fuhr der Graue fort.
Sopal packte ihn am Arm, ohne sich seiner Respektlosigkeit bewußt
zu werden.
„Nein", entgegnete er heftig. „Du mußt bei
mir bleiben. Unsere Aufgabe ist es, Rhodan zu töten."
Der Schadan streifte die Hand mühelos ab.
„Es ist deine Aufgabe, Sopal", antwortete er. „Es
geht um deine Ehre. Ich wollte dir helfen, weil mich sonst niemand
benötigte. Das istjetzt anders. Ich muß zur Stadt zurück.
Die anderen greifen ebenfalls ein. Es geht nicht anders."
„Die anderen?" fragte Sopal atemlos. „Meinst du
damit die anderen Schadane?"
Der Graue antwortete nicht. Er hob die Hände an den Kopf und
beugte sich leicht nach vorn. Sopal fuhr zurück, als er sah, daß
der Körper plötzlich zu flimmern begann. Die Beine und der
untere Teil des Rumpfes wurden durchsichtig, und dann schien es, als
würde sich der ganze Körper verflüchtigen.
Doch dazu kam es nicht.
Der Schadan nahm wieder ein normales Aussehen an. Ein Aufschrei
kam aus seiner Brust.
„Es geht nicht", rief er verzweifelt. „Es geht
nicht."
Er schwang sich über die Felskante und hangelte sich mit
unglaublicher Geschwindigkeit nach unten. Sopal warf sich auf den
Boden. Er beobachtete den Schadan. Immer wieder glaubte er, daß
der Graue abrutschen und in die Tiefe stürzen werde. Hin und
wieder verlor er auch tatsächlich den Halt, er konnte sichjedoch
immer wieder rechtzeitig abfangen und irgendwo an einer Felszacke
oder einem kleinen Vorsprung halten. So erreichte er unverletzt den
Fuß der Felswand. Nun rannte er in Richtung der Stadt davon,
wobei er Gräben und Bäche mit weiten Sätzen
übersprang.
Sopal schüttelte fassungslos den Kopf. Noch niemals zuvor
hatte er einen Sankaner so schnell laufen sehen. Es erschien ihm
unwahrscheinlich, daß der Schadan dieses Tempo lange
durchhalten würde. Doch der Graue rannte mit unverminderter
Geschwindigkeit weiter, solange der Sonnentöter ihn sehen
konnte.
Sopal blieb noch über eine Stunde auf dem Felsvorsprung.
Vergeblich grübelte er darüber nach, was der Schadan
gemeint hatte, als er gesagt hatte: „Es geht nicht!"
Hatte er sich völlig unsichtbar machen wollen? Aber das ergab
keinen Sinn.
Oder war das Gerücht wahr, daß die Schadane sich kraft
ihres Geistes über weite Entfernungen hinwegbewegen konnten,
ohne einen Fuß vor den anderen zu setzen? Hatte der Graue
versucht, sich in die Stadt zu versetzen?
Aber auch das erschien unwahrscheinlich.
Wenn es so gewesen war, dachte Sopal, dann hatte der Graue doch
keinen Grund gehabt, die Hornkatze zu fürchten. Er hätte
ihr mühelos ausweichen können. Oder war es richtig, daß
die Schadane nur drei- oder viermal in ihrem ganzen Leben
Entfernungen auf diese Weise überwinden konnten? Hatte der Graue
seine Kapazität vielleicht schon aufgezehrt, und war er deshalb
so verzweifelt gewesen?
Der Sonnentöter beschloß, sich wieder auf Rhodan zu
konzentrieren, da er doch keine befriedigenden Antworten auf seine
vielen Fragen erhielt.
Er erhob sich und blickte an der Felswand hoch. Ein kalter Schauer
rann ihm über den Rücken. Ohne die Hilfe des Grauen würde
es doppelt schwer werden, nach oben zu kommen. Doch umkehren wollte
der Sonnentöter nicht.
Langsam und stets auf äußerste
Weitere Kostenlose Bücher