PR TB 196 Invasion Der Fliegenden Monde
vor- und zurückspringende Mauer rechts
des Flusses bildeten eine Barriere jenseits des kleineren Flußarmes.
Echursag-kurkurra, das „Haus des Länderbergs", der
vieltürmige Bau mit flachem Dach, beherbergte das Heiligtum des
Landesgottes.
„Heute abend will uns Mikaylu dem Fürsten vorführen!"
schrie Ptah vor mir.
„Wir müssen also Geschenke mitbringen", sagte ich.
„Für diesen Zweck haben wir einiges ausgesucht."
„Ich denke", schrie Zakanza lauthals, „er wird
uns anbieten, sein Heer zu schulen."
„Das wäre ein verständlicher Wunsch!"
Wir hielten am Haus an, sattelten ab und brachten die Waffen in
unser Quartier. Dann führten wir die Pferde zur Schwemme,
striegelten und bürsteten sie und entließen sie auf die
Weide. Erst zweimal hatte sich Mikaylu in den Sattel getraut; wir
hatten ein gutmütiges Pferd für ihn ausgesucht und einen
der Botensättel verbessert. Der Händler war talentiert,
aber ängstlich. Vor allem war er unentschieden. Er wußte
nicht, was er wirklich wollte. Wir badeten in dem Becken des Hofes,
zogen uns um und legten die feinste Kleidung an, die wir fanden.
Unseren Wohnraum hatten wir mit wenigen Kunstgriffen
„eingerichtet". Vier Holzpflöcke hielten eine große
Karte an der weißen Wand fest. Ein Bildwerk, gestochen scharf
und fast dreidimensional, voller winziger Symbole und ohne Namen. Die
Karte zeigte fast die Hälfte des riesigen Kontinents, in dem der
Nil entsprang, das gesamte Land Subartu bis hinauf zu Ugarit, Byblos
und sogar die Inseln jenseits von Keftiu. Einige bunte Decken, Felle
und Truhen, hölzerne Stühle und unsere „nachgeahmten"
Schilde, etliche andere Kleinigkeiten und ein Wollvorhang vor dem
kleinen Fenster ergaben ein Bild von gemütlicher Einfachheit.
Zakanza goß jedem von uns einen feinglasierten, schön
verzierten Tonbecher voll mit dem Wein-Wasser-Gemisch.
„Eben", sagte er nachdenklich, „als ich die Karte
anblickte, schoß es mir durch den Kopf. Ein Gefühl, nicht
mehr, aber auch nicht weniger. Wie vor dem Kampf mit dem Schwarzen
Giganten und wie damals, als uns das letzte Wasser vor Punt ausging.
Es wird etwas geschehen! Es liegt etwas in der Luft. Ich fühle
Unheil, tief in meinem inneren Wesen!"
Ich hütete mich, seine Worte leicht zu nehmen. Zwar hatte ich
kein solches Gefühl, aber der Hinweis war zu jeder Zeit richtig.
Wir lebten, rund fünfhundert Jahre nach dem geflüchteten
Androiden, der sich Sargon der Erste genannt hatte, in einer Welt
voll unmittelbarer Gefahren.
„Wir werden deine Worte nicht vergessen", sagte ich.
„Unsere Dolche sind mit weißem Feuer geladen."
Wir trugen flache Dolchstrahler an den Stiefelschäften, in
den Gürtelscheiden und, wenn wir die Bögen gebrauchten,
auch an der Außenseite des Unterarms im Sehnenschutz.
Von Naramshin habt ihr sicher nichts zu befürchten, sagte der
Logiksektor.
Draußen hörten wir das Mahlen von Felgen auf dem
ausgefahrenen Weg. Der Händler des Überflüssigen kam
herein und winkte.
„Seid ihr bereit, Freunde?"
Er hinkte etwas; er war mehrmals aus dem Sattel gefallen und
schien sich überdies wundgeritten zu haben.
„Wir kommen."
Ein leichter Wagen, bespannt mit drei schnellen Eseln, wartete auf
uns. In den vergangenen Tagen hatte Mikaylu seine Handelsware nach
merkwürdigen, aber begreiflichen Regeln verteilt: Er kaufte Korn
und Gerste, zahlte damit seine Schulden, verlieh den Rest, lieferte
Zinn und eine große Menge Kupfer an die Handwerker des Fürsten
ab, handelte von den Priestern gegen Öl und Harze abermals Korn
ein, kaufte Bier und Wein, tauschte von freien Handwerkern gegen Gold
und Schmucksteine Stoffe und Felle ein, vertauschte einen Teil
derselben wieder gegen Getreide, und überallhin begleitete ihn
Jachzirrel und drückte seinen Griffel mit der keilförmig
geschnittenen Spitze in weiche Tonplatten. Wir setzten uns auf die
breite Bank des Wagens, und die Tiere ruckten an.
Wir fuhren auf das Tabira-Tor zu, und nach einer Weile fragte ich:
„Gibt es etwas, das wir besonders beachten müßten,
im Haus des Fürsten, meine ich?"
Die Ruhe des späten Nachmittags war überall eingekehrt.
Frösche quakten in den Kanälen, draußen in der Wüste
erscholl das donnernde Brüllen eines Löwen. Der Händler
winkte nachlässig ab.
„Ich denke, ihr könnt so sprechen, wie ihr stets
sprecht. Naramshin hat euch lange beobachtet, bei den Scheinkämpfen
in der Wüste."
„Weißt du, was er von uns will?" fragte
Zakanza-Upuaut leise.
„Nein. Mit euch
Weitere Kostenlose Bücher