PR TB 197 Lenkzentrale CONDOS VASAC
das Dach seines Hochhauses. Er
identifizierte es rasch als Schreibtisch und seine Unterkunft als
Schublade. „Oh, dieser Ertruser“, flüsterte er. „Was
bildet sich dieser Fettkloß eigentlich ein? Etwas
standesgemäßer hätte er mich doch unterbringen
können!“
Lemy atmete tief durch. Nachwirkungen des Transmitterschocks
verspürte er nicht. Eingedenk der unseligen Erlebnisse des
Ultradimfrequenzschaltmeisters Kamla Romo griff er vorsichtig nach
hinten; erleichtert stellte er fest, daß sich der
Transmitterunfall jenes Siganesen mit seinem ertrusischen Kollegen
nicht wiederholt hatte. „Trau, schau, wem“, überlegte
Lemy. „Es wäre Kasom zuzutrauen, mir einen Finger zu
überlassen, damit auch ich zum hecklastigen Gespött der
Allgemeinheit würde ... “
Er meinte es nicht ernst. Trotz der gegenseitigen Freundlichkeiten
gab es kaum eine intensivere Freundschaft als die zwischen Lemy und
Melbar Kasom. Aber gerade der krasse Unterschied allein in der
Körpergröße, der stets Anlaß ihrer Reibereien
unter
einander war, war das Reizvollste an dieser seltsamen
Freundschaft.
Der Raum war auf ertrusische Maßstäbe ausgerichtet.
Lemy nahm sich vor, nie ohne eine gute Landkarte und einen
zuverlässigen Kompaß sein Versteck zu verlassen.
Auf dem Tisch stand ein Teller mit zwei abgenagten Knochen von
Dinosaurierformat. Nicht einmal die Fleischfasern hatte der Gigant
übriggelassen. Als Lemy sich die Knochen näher ansah, bekam
er in etwa eine Vorstellung davon, was es für Fleischbrocken
gewesen waren. Davon hätte er sich mehrere Monate lang ernähren
können.
Im nächsten Moment vernahm er ein Geräusch an der Tür.
Ein sogenannter „Normalmensch“ hätte nichts gehört,
aber siganesische Ohren sind äußerst empfindlich. Lemy
konnte sogar noch einen Teil des Ultraschallbereichs wahrnehmen. Im
Moment stellte er fest, daß das Wärmeschloß betätigt
wurde.
Mit einem Sprung war er am Rand des Schreibtischs und zwängte
sich behende in die Tiefen der Schublade zurück. Er wollte kein
Risiko eingehen. Sein Deflektor-schirm-Projektor lag unten, und es
konnte sein, daß irgendein Besatzungsmitglied der Station
hereinkam, um Abhöranlagen zu installieren. Ein kleiner grüner
Mann auf einem Schreibtisch war ein hervorragender Blickfang, und
darauf wollte Lemy es nicht unbedingt ankommen lassen.
Kaum war er untergetaucht, als sich die Tür öffnete und
ein Riese mit dröhnenden Schritten hereinstampfte. Die Tür
flog krachend wieder ins Schloß, die Schritte donnerten dem
Schreibtisch entgegen. Lemy vernahm das Quietschen des belasteten
Sessels, und dann setzte sich die Schublade mit einem heftigen Ruck
in Bewegung. Lemy wurde zu Boden geschleudert.
Schlagartig wurde es hell, und er sah direkt in das Gesicht
Kasoms.
„Werde satt und dick, Lemy!“ flüsterte der
Ertruser. „Haben der Herr Generalmajor ausgeschlafen? Wünsche
wohl geruht zu haben!“
Zusammen mit seinen Worten kam eine Woge heißer Luft bei dem
Siganesen an, so daß er schleunigst wieder in Deckung ging.
Dabei drohte er dem Ertruser mit der Faust.
„Was hast du in der Zwischenzeit alles verbrochen?“
erkundigte er sich, nachdem in der Schublade wieder normale
Windverhältnisse herrschten. Kasom informierte ihn mit kurzen
Worten. Lemy blieb mißtrauisch.
„Hast du den Blaster und die Identifikationsmarke schon auf
Abhöranlagen und sonstiges Instrumentarium untersucht?“
wollte er wissen.
„Selbstverständlich. Die Dinger sind in Ordnung.“
„Gut“, erwiderte Danger. „Ich werde auf eine kleine
Erkundungsreise gehen. Kannst du mir den ungefähren Lageplan der
Station aufzeichnen? Übrigens, wo hast du schreiben gelernt?
Deine Hühnerklaue ist ja kaum zu entziffern! Einen dünneren
Bleistift dürftest du auch nehmen; ich bin nicht an
Straßenmarkierungen interessiert.“
Kasom lachte dröhnend, griff nach Folie und Schreiber und
begann zu zeichnen. Mit wenigen Strichen entwarf er einen Grundriß
der Station, soweit sie ihm bekannt war, und markierte die
wichtigsten Positionen und Korridore. Dann informierte er Lemy über
die einzelnen Details. Aber mehr, als er selbst wußte, konnte
er nicht erklären. So blieben mehr als zwei Drittel der Station
terra incognita.
Lemy prägte sich den Plan genau ein und rüstete sich
dann mit Deflektorschirmprojektor, Schutzschirmerzeuger und
Hubkreisler aus. Dann schwirrte er los.
Kasom verhalf ihm zu einem ungestörten Abflug, indem er die
Tür öffnete und sich auf dem Gang umsah.
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