PR TB 205 Der Schrecken Der Freihandler
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gesehen!” rief ich überrascht. “Aber das wird sich
ändern. An mir wird es bestimmt nicht liegen.”
Er klopfte mir begütigend auf die Schulter.
“Nein, im Ernst, Walty”, versicherte ich ihm. Da fiel
mir etwas anderes ein. “Wie geht es eigentlich Annemy? Habt ihr
beiden endlich geheiratet?”
Er wurde rot und verlegen, und ich wurde mir bewußt, daß
ich in einer Wunde gebohrt hatte. Es kam nur stockend und zögernd
aus ihm heraus, daß Annemy vor lauter USO-Einsätzen nicht
mehr dazukam, ihn zu besuchen oder wenigstens ein Lebenszeichen von
sich zu geben. Das letzte, was er von ihr gehört hatte, war, daß
sie wieder mit ihrem früheren Teamkollegen Anselm Alabasta
zusammenarbeitete. Aus seinen Worten sprach schlecht unterdrückte
Verbitterung, und er konnte es sich nicht verkneifen, darauf
hinzuweisen, daß Annemy schon einmal knapp davor war, mit dem
“adonishaften” Alabasta einen Ehevertrag einzugehen.
Aber schon am nächsten Tag hatte sich Waltys Seelenwunde
wieder geschlossen, wenngleich ich rückerinnernd sagen muß,
daß sie Walty schwer zu schaffen machte. Aber mit dreizehn
erkennt man gewisse Zeichen nicht, und so stellte sich mir Walty in
taufrischer Unbekümmertheit dar.
Ich kam in den folgenden Tagen nie auf den Gedanken, daß es
irgend etwas geben konnte, was ihn bedrückte.
Ich genoß diese unbeschwerte Zeit in vollen Zügen und
fragte mich voll Unverständnis, wie ich Waltys Freundschaft so
lange auf Eis liegen lassen konnte. Er gestand mir seinerseits, daß
er geglaubt hatte, den Bruch unserer Freundschaft verursacht zu
haben. So unsicher war er in Sachen von Belang - und gleichzeitig so
selbstlos, daß er die Schuld nie bei anderen suchte.
Wenn man von Walty erzählt und dabei nur die amüsanten
Episoden als Beispiel seiner Tolpatschigkeit und Ungeschicklichkeit
aufzählt, dann erweckt das ein verzerrtes Bild von ihm. Um Walty
gerecht zu werden, muß man auch seine positiven Eigenschaften
aufzeigen, ungeachtet dessen, daß er auch bei seinem
destruktiven Wirken mitunter Positives erzielt.
Darum will ich gar nicht sonderlich hervorheben, daß er
manchmal das Wachpersonal schier zur Verzweiflung trieb. Etwa durch
seine Vergeßlichkeit, wenn er die Namen der Männer
durcheinanderbrachte oder die Tagesparole verwechselte. Oder wenn er
in seiner Gutherzigkeit die Nachtwache für einen Posten
übernahm, damit dieser die letzte Nacht bei seiner Freundin
verbringen
konnte, bevor diese zu einer Kolonialwelt auswanderte, und dann
dem Wachkommandanten um Mitternacht ein erbittertes Gefecht lieferte,
weil er ihn für einen Eindringling hielt. Der Kommandant würde
Walty diese Verwechslung nie verzeihen, auch dann nicht, wenn er
wieder genesen war und das Krankenhaus verlassen durfte. Andererseits
beglückwünschte die Wachmannschaft Walty geschlossen zu
dieser Eliminierung ihres Kommandanten.
Hatte Waltys paraorientiertes Unterbewußtsein durch diese
verurteilenswerte Handlung nicht auch gleichzeitig eine gute Tat
begangen?
Waltys Psychogramm soll auch nicht dadurch verfälscht werden,
daß ich detailliert auf den Zwischenfall mit der Robotik des
Versorgungssystems für die gesamten Unterkünfte eingehe.
Als es ausfiel und die Reparaturroboter auf sich warten ließen,
nahm sich Walty in selbstloser Hilfsbereitschaft der Angelegenheit
an. Wenige Stunden später funktionierte das Versorgungssystem
wieder, nur daß danach kaltes Wasser aus dem Heißwasserhahn
kam, die automatischen Türen zuklappten, wenn man gerade in
ihnen stand und man bestimmt ein Siganesenfrühstück bekam,
wenn man ein üppiges Ertrusermahl bestellte. Aber es brauchte
deswegen niemand zu verhungern, auch wurde von den Flügeltüren
niemand zerquetscht, und es war ein böses Gerücht, daß
durch das heftige Rütteln der Fußabstreifer irgend jemand
Gehirnerschütterung bekommen hätte. Da hartgesottene Männer
keinen seelischen Schaden nehmen, wenn sie im Video statt der
“Geschichte der O.” den “Gestiefelten Kater”
vorgesetzt bekommen und niemand wirklich den Verstand verlieren kann,
wenn er eine Nacht lang jede volle Stunde durch die einschmeichelnde
Stimme einer Vorturnerin zur Gymnastik aufgefordert wird, sei diese
Episode mit den wenigen Hinweisen abgetan.
Und, Hand aufs Herz, Gucky, es ist doch wirklich keine solche
Katastrophe, wenn Walty in dem Glauben, einen von Unkraut
überwucherten Acker vor sich zu haben, dein Karottenfeld jätet
und die vermeintlichen Schmarotzerpflanzen im
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