PR TB 217 Das Mittelmeer Inferno
Orakel auftrug?"
„Ja. Keine Sorge. Wir sind unter Freunden. Sie glauben uns!"
beruhigte mich Ptah und versuchte, gebührend ernst und würdig
dreinzuschauen. Unsere Mannschaft kletterte, fast alle Waffen und die
wichtigsten Ausrüstungsgegenstände schleppend, an Land.
Inzwischen hatten sich der Verantwortliche der phoinikischen
Niederlassung und der Stadtkönig von Rhodos eingefunden. Ich
erholte mich schnell von meinem Anfall. Ptah erfuhr, daß
Orakelboten mit Anfällen dieser Art fast als unantastbar,
halbwegs heilig und als absolut glaubwürdig betrachtet wurden.
Instinktiv
hatte ich wohl das Richtige getan, um diese skeptischen
Inselbewohner zu überzeugen. Schon liefen meine Worte als
Gerücht entlang des Hafens.
Wir wurden willkommen geheißen und in die Festung
eingeladen. Tatsächlich verbrachten wir vier Tage auf Rhodos.
Mindestens zwanzig Handelskapitäne von schwer beladenen
phoinikischen Schiffen lauschten einer detaillierten Schilderung
dessen, was wir wußten, was wir erlebt hatten, und was uns das
Orakel zu verkünden aufgetragen hatte.
„Jeder Kapitän", bekräftigte Nestor unsere
Gewißheit, „wird überall dort, wo er nach den
Winterstürmen mit anderen Menschen spricht, schon in eigenem
Interesse diese Wahrheit besprechen und weitergeben. Unter einer
Flutwelle können sie sich tatsächlich etwas vorstellen!"
Nähere Einzelheiten über die weiße Bireme erfuhren
wir nicht. Im Hafen hatte dieser Zweiruderer niemals angelegt. Mit
dem Stadtfürsten machten wir aus, was er tun konnte, um sein
Volk zu retten: Die Menschen und das Vieh auf die höchsten
Punkte der Insel bringen und dort Vorräte und Wasserreserven
anlegen. Die Feuer in den Häusern wegen der Bebengefahr löschen.
Alle Schiffe so weit wie möglich die Hänge hinaufschleppen
und dort im Windschatten absetzen, in Höhlen verbergen und die
Eingänge verschließen. Fackeln und Öllampen wegen der
Verdunklung des Himmels bereitstellen und nur leichte Hütten
aufschlagen. Da die Katastrophe im Frühling stattfinden würde,
konnten Menschen und Tiere
im Freien überleben.
Unser nächstes Ziel war das Festland nordöstlich von
Rhodos.
AGCHIJAWA: (Noch achtundneunzig Tage.)
,, Unter sich türmten der Ostwind, der Süd- und der
sausende Westwind", sang Nestor unerschrocken im achaischen
Versmaß.
„Auch, der weißzüngige Nord, und wälzten
gewaltige Wogen.
Und unseren edlen Schiffern erzitterten Knie und Herz!"
Zwar zitterten den meisten von uns weder die Knie noch das Herz,
aber die CHARIS befand sich auf einer rasenden Fahrt zwischen der
Insel und dem Festland. Diesmal, wohl wegen der Kürze der Reise
und dem günstigen Nordwestwind, hatte ES nicht eingegriffen. Aus
Rhodos waren wir hinausgerudert, hatten das Segel gesetzt und
glittenjetzt halbwegs über die Wellen. Der Bug des Schiffes
tauchte nur selten ein und hob sich schräg in die Luft. Strudel
bildeten sich hinter dem Heck, und das Schiff lag leicht nach
Backbord über. Einzelne Gischtspritzer lösten sich aus dem
grünen Wasser und trafen unsere Nacken und Schultern. Die Küste
ragte vor uns aus dem gischterfüllten Wasser. Die meisten Ufer
waren felsige Abstürze, von einzelnen runden Wachttürmen in
großen Abständen besetzt.
„Man sagt, die Bewohner der Küste verstehen unsere
Sprache", rief Dendro. „Ich kann ein paar Brocken der
ihren."
„Trefflich", schrie Nestor durch das Heulen des Windes
zurück. „Diese Küsten ... ich sehe schon, wie sich
die Welle an ihnen bricht und die Türme zermalmt."
Ab und zu unterbrach ein Hang die Felsküste. Vereinzelte
Häuser duckten sich unter windzerzauste Bäume. Die Sonne
vermochte nicht, Wärme zu spenden. Wir segelten entlang der
Küste und hielten uns fern von den Klippen und Riffen, die wir
am weißen Schaum erkannten. Das Land blieb an Backbord, denn
wir suchten weiter südlich nach einem kleinen Hafen. Er war der
einzige - auch namenlos - auf unserer Karte.
Stundenlang kreuzten wir zum Ufer und zurück. Der
Windschatten von Rhodos war längst nicht mehr wirksam für
die CHARIS. Schließlich, als die Sonne unterging, sahen wir
einige Lichter und liefen in eine Schlucht ein, die sich wie ein
gekrümmter Finger ins Land hinein erstreckte. Ein ideales
Versteck, ein herrlicher Naturhafen mit stillem Wasser. Mit dem
letzten Schwung des Windstoßes tauchten wir in die Ruhe des
schwarzen Wassers ein, fuhren die Riemen aus und ruderten an Land.
Eine Schar stämmiger, dunkelhaariger Männer empfing uns.
Sie wirkten
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