PR TB 219 Bote Des Unsterblichen
Stelle zu warten. Es hatte
keinen Sinn, wie ein Wiesel von Schacht zu Schacht zu eilen und nach
Spuren zu suchen, die doch nicht vorhanden waren. Er suchte einen
geeigneten Sitzplatz und machte es sich so bequem wie möglich.
Die Hälfte des Nachmittags war schon verstrichen, als er
durch den Schachtausstieg Stimmen hörte. Er schob sich
vorsichtig heran, stets durch seine Tarnung gedeckt, und spähte
in die Tiefe. Er erblickte zwei Männer und eine junge Frau, die
mit großem Geschick den Schacht emporgeklettert kamen. Er zog
sich auf seinen Beobachtungsposten zurück und wartete, bis die
drei Späher den oberen Schachtausgang erreichten. Sie sahen sich
um, gewahrten ihn jedoch nicht; dann beugte sich einer von ihnen in
den Schacht hinein und gab nach unten das Signal, die Luft sei rein.
Tanathu machte sich auf den Weg. Es gab jetzt nur noch die
Möglichkeit, daß Ferlimor
sich eine völlig andere Art und Weise ausgedacht hatte, den
Zaphooren eine Falle zu stellen. Tanathu hatte hier nichts mehr
verloren. Er mußte den Unnahbaren auf die Schliche kommen,
koste es, was es wolle.
Nachdenklich stieg er wieder die Flucht der Rampen hinauf. Er
beeilte sich nicht, denn er war überzeugt, daß die Gefahr,
die Ragnasuth und seinen Leuten drohte, erst später
materialisieren würde. Er hatte den oberen Korridor fast
erreicht, als er einen halberstickten Ausruf und gleich darauf das
mehrmalige Summen eines Lähmstrahlers hörte.
Im Schutz seiner Tarnung eilte er weiter, so rasch ihn die Füße
trugen. Der Korridor füllte sich jetzt mit dem Geräusch
lärmender Stimmen. Strahlwaffen knallten und fauchten. Tanathu
krampfte sich das Herz zusammen. Er hatte sich verrechnet! Er war zu
spät gekommen!
Der Korridor war voller Gestalten, die sich um den Schachtausgang
drängten. Tanathus Blick fand die Felsleiste, die in drei Metern
Höhe an der Wand des Ganges entlangführte. Er sah die
Öffnungen, die früher nicht dagewesen waren, anderthalb
Meter hohe Schlupflöcher, hinter denen sich Ferlimor und seine
Krieger verborgen hatten, bis die Zeit zum Zuschlagen kam. Er hatte
der Leiste keine Beachtung geschenkt und sich beim Inspizieren des
Korridors auf den unteren Teil der Wände und den Boden
beschränkt. Da lag sein Fehler!
Unter den Löchern lehnten Leitern, die den Unnahbaren den
Rückweg erleichtern sollten. Tanathu gewahrte zwei reglose
Gestalten, die in der Nähe des Schachts lagen. Vavajna und
Ragnasuth! Ihnen hatten die Schüsse des Lähmstrahlers
gegolten. Aus der Schachtmündung stieg blauer Qualm. Aus der
Tiefe erschollen verzweifelte Schreie. Tanathu biß die Zähne
aufeinander. Welch sinnloses Morden!
Niemand sah ihn, als er unter seiner Tarnung an der Wand
entlanghuschte. Er war ein verwaschener Schatten, nicht wahrnehmbarer
als der Reflex einer flackernden Lampe. Die kleinen, weißen
Kugeln, die er verstreute, schienen aus dem Nichts aufzutauchen. Sie
platzten mit halblautem Knall. Ätzender Qualm stieg auf.
Ferlimor, der unmittelbar unter der Schachtöffnung stand,
fuhr herum und schob seine Leute mit mächtigen Armen auseinander
„Was beim Sikm soll das heißen?“ schrie er.
Die Unnahbaren begannen zu keuchen und zu husten. Immer mehr weiße
Kügelchen zerplatzten auf dem Boden und gaben ein würgendes,
stickendes Gas von sich.
„Weg von hier!“ schrie Ferlimor. „Die Arbeit ist
getan. Jemand soll die Gefangenen...“ Er kam nicht weiter. Ein
Hustenanfall raubte ihm die Stimme.
Flink wie die Affen turnten seine Krieger die Leitern hinauf und
verschwanden durch die Schlupflöcher. Ein paar Sekunden später
waren nur noch Ferlimor selbst und einer seiner Getreuen übrig.
Der Anführer, von einem Hustenkrampf geschüttelt, wies auf
die beiden bewußtlosen Gestalten. Der Getreue verstand. Er
beugte sich aber Vavajna, um sie aufzuheben.
Tanathu trat hinzu und gab ihm einen kräftigen Tritt. Der
Mann schoß zwei Meter den Korridor entlang und prallte schwer
zu Boden. Ferlimor quollen die Augen aus den Höhlen. Gewiß
doch hatte er es hier mit Geistern zu tun. Aber vor Geistern
fürchtete er sich. Geister waren des Teufels, und Ferlimor
fühlte sich ihnen nicht gewachsen. Er eilte zu seinem halb
bewußtlosen Getreuen, brachte ihn wieder auf die Beine und half
ihm die Leiter hinauf. Augenblick später waren sie verschwunden.
Tanathu, durch Nasenfilter atmend, nahm zuerst Vavajna, dann
Ragnasuth auf und schleppte sie eine sichere Distanz weit in den
Korridor hinein. Er fand einen Seitengang, der in
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