PR TB 225 Eiswelt Cyrglar
sich niemand hierher.
Der Riegel leistete nur unbedeutenden Widerstand. Es war kalt und
finster im Innern der riesigen Halle. Der suchende Strahl der Lampe
zuckte durch die Dunkelheit und erfaßte mehrere Reihen großer,
kastenförmiger Behälter. Er glitt weiter und hielt an, als
er eine seltsam geformte Maschine erreichte. Das Aggregat war von
bedeutender Größe und offenbar brandneu. Louisa leuchtete
weiter seitwärts und stellte fest, daß es insgesamt sechs
solcher Maschinen gab.
„Energiefeldprojektoren“, staunte Humbert. „Wahre
Giganten! Was haben sie damit vor?“
„Vielleicht wollten sie die Grellin von der Umwelt
abriegeln“, spottete Louisa. „Was steckt in den
Behältern?“
Sie traten näher an die sorgfältig geordneten
Kastenreihen heran. Die Behältnisse waren ohne Aufschrift.
Humbert ließ Louisa an der Oberkante eines Kastens
entlangleuchten und fand binnen weniger Sekunden, wonach er suchte.
„Ein Patentverschluß“, sagte er. „Tritt
zurück!“
Als er den Mechanismus betätigte, löste sich die vordere
Wand des Behälters und klappte zu Boden. Zum Vorschein kam ein
quaderförmiges Gerät, das auf sechs hydraulischen
Tellerbeinen stand und keinen weiteren Hinweis auf seine Funktion
gab, als aus den kargen Aufschriften einer Leiste mit
Anzeigeinstrumenten entnommen werden konnte. Die Instrumente selbst
waren von digitaler Art und im deaktivierten Zustand unbeleuchtet, so
daß sich nicht erkennen ließ, was sie maßen und wie
weit ihr Meßbereich war. Aber unter den Digitalfenstern standen
Worte wie Durchfluß, Konverterleistung, Ladung und Prozent
Kapazität.
Humbert zwängte sich in den Kasten hinein, so weit es ging,
um die Schmalseiten des Quaders zu inspizieren. Er fand eine Reihe
von Vorrichtungen, die er für Antennenkupplungen hielt.
„Wenn ich auch nur die geringste Ahnung hätte, wofür
man hier so etwas brauchte“, murmelte er verwundert, „würde
ich sagen, es ist ein Akkumulator. Ein Speichergerät für
irgendeine Form von Energie. Drahtlos aufladbar.“
„Für welchen Zweck?“ fragte Louisa mutlos.
„Das soll Ihnen für alle Zeiten verborgen bleiben“,
sagte eine laute, harte Stimme aus dem Hintergrund.
Grelles Licht flammte auf. Louisa wandte sich um. Hinter ihr stand
Markov, flankiert von sechs grimmig dreinschauenden Gestalten. Es war
Louisa rätselhaft, wie sie sich
so unbemerkt hatten nähern können. Über ihre
Absicht gab es indes keinen Zweifel. Sie hielten die schweren Blaster
in den Armbeugen und die Finger an den Auslösern.
Die Finsternis war undurchdringlich. Es ging über unebenen
Boden. Langion Brak wurde geführt, gestoßen, gedrängt;
hastig tuschelnde Stimmen redeten auf ihn ein. Manchmal packte ihn
jemand am Bein und setzte seinen Fuß auf ein Stück festen
Untergrund. Er war oft in Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren;
aber jedesmal kam ihm einer der Cyrglarer zur Hilfe.
Es ging aufwärts, soviel stand fest. Sie kletterten eine
Bergwand empor. Langions Finger krallten sich in vereistes Gestein
und verloren binnen weniger Minuten jegliches Gefühl. Er
fürchtete sich davor, einen Fehlgriff zu tun und in die
Dunkelheit hinabzustürzen; aber er war viel zu beschäftigt,
als daß der Angstimpuls sich in seinem Bewußtsein hätte
festsetzen können.
Er verlor das Gefühl für den Ablauf der Zeit und wußte
nicht, wie lange sie schon unterwegs waren, als Herkwart schließlich
Halt gebot. Langion ließ sich einfach fallen. Er spürte
hartes, glattes Eis unter sich. Die Montur, die er trug, war bis zu
einem gewissen Grad kältebeständig, aber völlig
unzureichend für die Umweltbedingungen, denen er gegenwärtig
ausgesetzt war. Der Frost brannte ihm auf der Haut. Er atmete flach
durch den Mund, weil ihm bei jedem Atemzug die Nase zufror. Er konnte
hier nicht liegenbleiben, ohne körperlichen Schaden zu nehmen.
Aber im Augenblick fehlte ihm die Kraft, sich aufzurichten.
Undeutlich war er sich der Gestalten bewußt, die sich in der
Finsternis ringsum bewegten. Welche Zähigkeit in diesen Menschen
stak! Die nächtliche Kletterei hatte ihnen nichts ausgemacht. Er
selbst konnte sich vor Erschöpfung nicht mehr rühren; dabei
hatte er höchstens die Hälfte der Arbeit geleistet, deren
es bedurfte, um das lächerlich geringe Gewicht seines Körpers
- weniger als vierzig Kilogramm unter den herrschenden
Schwereverhältnissen - die Felswand heraufzubugsieren. Es lag
nicht an mangelnder Muskelkraft. Es war die mörderische Kälte,
die von ihm
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