PR TB 230 Die Träumer Von Naphoora
der Nähe des Kristallprinzen, der tat das auf
eigene Gefahr, selbst wenn es der zu beschützende Kristallprinz
selbst war, der dort herumkletterte.
Ich kannte indessen unsere Leute und deren Gewohnheiten gut genug,
um die Gefahr einschätzen zu können.
Ich wartete, bis es völlig dunkel war. Der Himmel kam mir zu
Hilfe - die Nacht war wolkenreich, wie in der Wetterbekanntgabe
angekündigt. Das trieb die Sicherheitsbeamten in die Deckungen,
damit sie nicht naß wurden. Es führte aber auch dazu, daß
das Licht der nahen Sterne - Arkon stand schließlich mitten in
einem Kugelsternhaufen - den Boden nicht erreichen konnte.
Als die Dunkelheit für meine Zwecke genügte, stieg ich
aus dem Fenster. Irgendwo tief unter mir -knapp dreißig
Mannslängen hatte ich geschätzt - warteten die Wachen. Sie
waren nach meinen letzten Fluchtversuchen mit Energietastern
ausgerüstet worden. Sobald ich den Antigravgenerator meiner
Kampfkombination einschaltete, war ich klar auszumachen und leicht
einzufangen. Da ich das nicht wollte, mußte ich mich auf meine
Kletterkünste verlassen.
Es lief erstaunlich gut. Schweißgebadet, ein wenig schwach
in den Knien erreichte ich das Dach des Gebäudes und schlich
darüber hinweg,
Auf der anderen Seite gab es, wie an fast jedem Haus der Umgebung,
einen breiten Grünstreifen, daran schloß sich ein sorgsam
gepflegter Park an. Gelang es mir, diesen Park zu erreichen, hatte
ich gewonnen - bis jedes der kleinen und großen Verstecke
durchstöbert war, vergingen Stunden.
Deine Kameraden werden darüber nicht sehr erfreut sein,
kommentierte der Extrasinn kurz.
Der Einwand traf. Wie alle jungen Arkoniden in diesem Alter waren
auch meine Kameraden arg hinter Frauen her, und die meisten der
verstohlenen Rendezvous fanden in den Parks in der Nähe der
Akademie statt. Wenn auf der Suche nach mir der ganze Park umstellt
und aufgescheucht wurde ... Lieber nicht, sagte ich zu mir selbst. Es
mußte auch eine andere Lösung geben.
Ich fand sie auch.
Auf einer der Seiten des Akademieschlafhauses gab es in der Nähe
eine Straße. Vielleicht konnte ich es schaffen.
Es war ein Spiel mit dem Nervenkitzel. Ich stand am Rand des
Akademiegebäudes und spähte hinab in die Tiefe. Zu sehen
war kaum etwas.
Was zu tun war, lag auf der Hand. Ein paar Schritte zurück,
dann Anlauf nehmen und kopfüber hinein in die schwarze Tiefe.
Wenn ich im Fallen rechtzeitig den Antigrav einschaltete, konnte ich
in einem weiten Bogen das Gebäude verlassen - verpaßte ich
den rechten Augenblick auch nur um einen Sekundenbruchteil, mußte
ich unweigerlich zerschellen.
Natürlich hatte ich die tröstliche Gewähr, daß
mein Extrasinn samt Logiksektor die notwendigen Berechnungen
vornehmen würde, aber das Herzklopfen blieb.
Ich ging zurück, nahm Anlauf ...
Die paar Augenblicke waren im Nu vorbei. Als ich wieder völlig
klar denken konnte, stand ich auf festem Boden und hörte das
Gellen der Sirenen. Offenbar war mein Ausreißversuch sofort
bemerkt worden. Nun, ich hatte ein wenig Vorsprung - vielleicht
reichte er.
Ich nahm die Beine in die Hand und preschte los, der Straße
entgegen. Ich hoffte, dort jemanden anhalten zu können, der mich
ein Stück mitnahm.
Als ich die Gleiterstraße erreichte, war ich völlig
außer Atem. Aber ich wußte, daß es hinter mir noch
erstaunlich ruhig war - man hatte meine Spur noch nicht gefunden.
Wie nicht anders zu erwarten war, gab es nur geringen Verkehr.
Arkoniden waren konservativ eingestellte Leute; um diese Tageszeit
lag ein anständiger Arkon-Bürger im vollklimatisierten
Videobett und ließ sich die geringfügigen Anstrengungen
des Tages aus den Gliedern massieren.
Ich hatte Glück. Nach ein paar Minuten kam ein Fahrzeug
vorbei, das auch prompt anhielt -Arkoniden halfen sich untereinander
stets und überall, das gehörte zum Ehrenkodex.
Im Gleiter saß eine junge Frau, die Haare zu wilden
Locken aufgedreht, das Gesicht in Rot und Gelb quergestreift.
Offenbar kam sie von einer religiösen Veranstaltung -
dergleichen Lustbarkeiten waren auf den Arkonwelten beliebt.
„Nun, junger Mann?"
Ich deutete hinter mich.
„Dort liegt die Akademie von Iprasa", stieß ich
hastig hervor. „Mir ist es heute dort zu langweilig, also bin
ich verschwunden."
„In dieser Montur?" sagte sie und deutete auf meinen
Kampfanzug. Die Tatsache, daß ich keinerlei Waffen trug, schien
sie zu beruhigen.
„Jeder kostümiert sich so gut er kann", gab ich
zurück. Die Frau lachte.
„Steig ein! Wohin
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