PR TB 236 Die Stadt Der Zukunft
kennt Rhodan, aber wer kennt No?«
»Ersparen Sie mir eine Antwort«, sagte Gulf gallig.
Ulga O'Hail schien von Nos Worten gerührt zu sein. Sie nahm
neben ihm auf der Couch Platz. Das Laufende Moos trottete wieder
zurück in die Zimmersauna, verfolgt von Gulfs mordlustigen
Blicken.
»Sie Armer«, hauchte Ulga. »Aber was wollen Sie
dagegen unternehmen?«
»Kämpfen. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Nicht mehr
seit meiner letzten Wahlschlappe auf der antarktischen Balleny-Insel.
Bei der Wahl zum Obmann der Vogelkundler-Kolonie haben alle vierzehn
Inselbewohner gegen mich gestimmt. Es war ein Desaster. Mein
Sympathiewert auf der Demoskopischen Skala liegt bei minus zwölf,
und dabei umfaßt der Minusbereich nur zehn Punkte! Das
bedeutet, daß ich es an Beliebtheit gerade noch mit der Pest,
Erdbeben oder Zahlungsbefehlen aufnehmen kann. Für einen
Politiker ist dies das Ende. Nur die härtesten Naturen besitzen
die Kraft, trotz alle: Widrigkeiten weiterzumachen.«
No schlug auf die Armlehne der Couch.
»Ich werde weitermachen. Ich gebe nicht auf, bis ich es
geschafft habe, um das Amt des Großadministrators zu
kandidieren und Rhodan das Fürchten zu lehren. Morgen geht es
los. Ich habe alles für meinen Wahlfeldzug vorbereitet. Wenn ich
in MAMMA-1 die Wahl zum Bürgermeister gewinnen kann, dann kann
ich alle Wahlen gewinnen.
Dann hält mich nichts mehr auf. Ich.«
Ein Rascheln unterbrach ihn. Gulf drehte den Kopf und folgte
seinem Blick. Einer der Säcke mit dem Saatgut bewegte sich.
Beulen entstanden in dem Plastikmaterial, als würde von innen
mit Fäusten dagegengeschlagen.
Gänsehaut überzog Gulfs Rücken, und seine
Nackenhärchen richteten sich auf.
Das Rascheln wurde lauter. Der Sack schwankte, neigte sich und
kippte um.
Mit einem Satz war Gulf aus seinem Sessel, aber Ulga war noch
schneller als er. Mit kriegerischer Miene baute sie sich vor ihm auf.
»Weg da«, knirschte Mashmir. »Was ist in dem
Sack? Blumensamen? Wer hat schon je gehört, daß
Blumensamen um sich schlägt? Du hast mich belogen. Ich will
wissen, was sich in diesem verdammten Sack versteckt!«
»Aber Mashmir«, flötete die mollige Frau nervös,
»du darfst dich nicht immer so aufregen. Das schadet nur deinem
Herzen. Was kümmert dich der
Sack? Was.«
Erneutes Rascheln, lauter und heftiger diesmal. Dann ein reißendes
Geräusch. Die Plastikhaut des Sackes zerplatzte. Gulf gurgelte,
als eine grüne Hand sichtbar wurde und forschend über den
Teppich tastete. Eine zweite Hand schob sich aus dem Schlitz. Und
eine dritte, vierte, fünfte.
Moschusduft erfüllte das Zimmer.
»Gott steh mir bei«, ächzte Gulf, »in dem
verdammten Sack steckt diese diebische Arkonidenpflanze!«
Wie zum höhnischen Gruß winkten ihm die Blätter
der Schönen Hände zu.
8.
Als Bertholm Shark erwachte, fühlte er sich zum erstenmal
seit Monaten erholt und ausgeschlafen.
Mit einem glücklichen Lächeln lag er noch eine Weile da,
in dem runden Riesenbett, das MAMMA für ihn erschaffen hatte.
Über ihm leuchtete in allen Regenbogenfarben der hauchzarte
Baldachin, der wie Seide aussah und sich auch so anfühlte, aber
in Wirklichkeit aus Biokunststoff bestand.
Dies, dachte Shark, ist wahrhaftig ein Fortschritt. Und was für
einer! Keine Elektrischen Mücken, die mich quälen; kein
Tongenerator, im Nachttisch von Eiris versteckt, um mich um vier Uhr
morgens mit dem Lärm eines startenden Raumschiffs aus dem Schlaf
zu reißen; kein verminter Korridor, in dem allergieauslösende
Partikel schweben.
Es ist das Paradies, sagte sich Shark. Das Paradies auf Erden.
»Guten Morgen, Bertholm«, sagte MAMMA mit ihrer
rauchigen Stimme; einer Stimme, wie Shark sie liebte, zärtlich
und erotisch. »Habe Sie gut geschlafen?«
Bertholm Shark gähnte.
»Ausgezeichnet«, versicherte er und streckte seine
Glieder. Dann blinzelte er hinüber zu dem Panoramafenster, das
auf seinen Wunsch hin die ganze Wand einnahm.
Die finnische Sommersonne blinzelte durch die transparente Scheibe
aus Biokunststoff. Der Himmel war blau wie gestern, am Tag seiner
Ankunft in der Adamasischen Stadt, und nur hier und da schwebten
Wolken wie zerzauste Wattebäusche an der Wölbung des
Firmaments.
»Was halten Sie von einem Frühstück, Bertholm?«
fragte die Stadt. »Nach dem mir vorliegenden
Untersuchungsbericht und den Informationen meiner medizinischen
Sensoren leiden Sie unter einem beginnenden Magengeschwür,
nervöser Überreiztheit und einer Allergie gegen
Weizenmehl.«
»Das kommt
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