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PR2604-Die Stunde der Auguren

PR2604-Die Stunde der Auguren

Titel: PR2604-Die Stunde der Auguren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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länger zu warten. Aber bereits wenige Minuten später erschien das Gesicht einer Frau im Visifon. Sie hatte ihr strohblondes Haar zu einem Dutt gebunden, sah erschöpft aus; ihre Wangen glühten in einem ungesunden Rot. »Hallo!«, sagte sie. »Du bist der Vater von Anicee?«
    Routh nickte. »Ich bin Shamsur Routh«, stellte er sich vor. Sein Gegenüber hieß Theodora Bugenhagen. Sie wusste, dass Anicee in der Stadt war, auch mit Auris zusammen, aber sie wusste nicht mit Bestimmtheit, wo. »Ich kann sie nicht kontaktieren. Sie hat ihren MultiKom desaktiviert. Wenigstens für meine Anrufe.«
    Ein Implantat hatte Auris nicht. Routh wusste, dass es sehr viele Eltern gab, die ihre Kinder ohne eine solche biopositronische Markierung aufwachsen ließen. Verantwortungslos.
    »Ja«, sagte er. Was hatte er erwartet? Dass die Eltern von Auris ihn von seinen Sorgen erlösten? Dass sie sagten: Ja, Anicee ist hier, und es geht ihr gut?
    »Ich werde nach Hamburg kommen«, sagte er. Er hatte nicht darüber nachgedacht, was er tun sollte. Und nun schien ihm, als hätte er gar keine andere Wahl.
    Theodora Bugenhagen nickte. »Ja. Du kannst bei uns wohnen.«
    »Wie sieht es in Hamburg aus?«
    Sie schluckte. »Es ist – alles aus den Fugen. Und Auris ...«
    Sie verstummte.
    »Was ist mit Auris?«
    Bugenhagen fragte: »Sind die Auguren auch bei euch?«
    Er musste nachdenken. Da gab es etwas, ja, er hatte etwas gehört, hier und da ein paar Gesprächsfetzen. Nichts, was von irgendeinem Belang gewesen wäre. Hatte nicht sogar Anicee über sie gesprochen? Er versuchte, sich zu erinnern.
    »Ja«, sagte er. »Ich glaube, schon. Anicee hat irgendetwas gesagt. Dass die Auguren witzig seien.«
    Bugenhagen schüttelte müde den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie witzig sind.«

Einige Tassen Optimistentee
     
    Dritte Konferenz nach dem Sturz. Es war 11.15 Uhr. Urs von Strattkowitz wirkte völlig übernächtigt. Der Medobot hatte jedoch versichert, dass keine unmittelbare Gefahr für das Leben des Staatssekretärs drohte.
    Bull hatte missmutig genickt; immerhin war durchaus zweifelhaft, inwieweit auf Roboter wie dieses medizinische Format überhaupt noch Verlass war.
    Von Strattkowitz hatte sich bemüht, die Sachverhalte systematisch darzustellen. Demnach wurde das ganze Solsystem zurzeit von sehr befremdlichen »pseudo-physikalischen Phänomenen heimgesucht. Wir beobachten, wie die Gravitation sich lokal eigenartig auswirkt. Wir haben etliche Tausend Areale identifiziert, in denen keinerlei Schwerkraft angemessen werden kann. Diese Antigravzonen können 50 Zentimeter durchmessen, aber auch 60, 70 Meter. Sie sind grob sphärenförmig, aber nicht scharf definierbar. Keine idealen Kugeln, sondern in sich deformierte, oft ellipsoide Gebiete.
    In anderen Arealen erhöht sich die Schwerkraft schlagartig auf bis zu 4,3 Gravo. Wir nennen diese Phänomen bekanntlich Gravospaltung. «
    Bull nickte. Die Bezeichnung war ihm mittlerweile vertraut. »Was ist die maximale Gefahr, die von dieser Spaltung ausgeht?«
    »Die gravitationellen Irritationen gefährden im Moment vor allem den Flugverkehr. Die Statik unserer Gebäude dürfte von diesem Phänomen nicht strapaziert werden. Wir wissen allerdings nicht, wie sie sich entwickeln. Wenn beispielsweise unmittelbar nebeneinander hochgravitationelle Areale mit gegenläufigem Gravovektor entstehen würden ...«
    »... werden wir uns genau dann darum kümmern«, sagte Bull.
    Ybarri widersprach: »Vielleicht sollten wir eine Notfalltruppe bilden, die über ausreichend viele Antigrav-Projektoren wie auch solche für künstliche Gravitation verfügt und die im Notfall in solchen Arealen eingesetzt werden kann.«
    »Schön«, sagte Bull. »Bilden wir eine solche Einsatztruppe.«
    Edorta Asteasu notierte sich die Anweisung.
    »Einen anderen Effekt – oder eine Variante der Gravospaltung – nennen wir die Gravoerratik«, fuhr von Strattkowitz fort. »Wir haben etliche Gegenstände beobachtet, die wie im Raum eingefroren hängen. Sie haben sich aus dem natürlichen Schwerkrafteinfluss der Erde völlig emanzipiert und hängen unverrückbar – sozusagen geostationär – in der Luft. Wir können von Glück sagen, dass sie noch die Eigenbewegung der Erde mitmachen, ihre Rotation, ihre Bewegung im Raum um die Sonne.«
    »Glück?«, fragte Bull kopfschüttelnd.
    »Wenn sie völlig isoliert wären«, erläuterte von Strattkowitz, »könnten sie sich ins Innere der Erde bohren, in die ober- und unterirdischen Bauwerke

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