PR2607-Der Fimbul-Impuls
nutzten, Operationen durchzuführen, die unter regulären Bedingungen viel Überlegen und möglicherweise Widerstand hervorgerufen hätten.
Vielleicht war es so; vielleicht meldete sich nur sein professionelles Misstrauen, dem er seinen beruflichen Erfolg zu verdanken hatte. Schließlich war er ein Journalist mit einigen bemerkenswerten Erfolgen, der sich nie hatte einschüchtern, nie hatte bestechen lassen.
Wenn man vom Fall Pataralon einmal absah, von dem ihm bis heute nicht klar geworden war, ob er sich hatte einschüchtern lassen oder bestechen oder was auch immer. Ergebnis war das Implantatmemo gewesen.
In diesem Augenblick meldete Puc, dass der MultiKom von Auris aktiviert worden war. Wahrscheinlich gab es einen Sensor, der die Hirnaktivitäten oder Individualimpulse maß: Wenn sie schlief oder bewusstlos war, ruhte er. Nun war das Gehirn von Auris wach – wie auch immer man sich diese Wachheit verstellen sollte, die in der Verantwortung der Zerebralprothese lag.
»Klink dich ein!«, befahl Routh lautlos.
»Ein weiteres Informationsvergehen also«, sagte Puc. Routh sah ihn an seinem Glas nippen. Ein smartes Lächeln trat auf die Lippen der winzigen Figur. »Ich bin drin. Und sondiere mal die Lage.«
Es dauerte nur Sekunden, dann sagte Puc: »Anicee hat in den letzten Stunden zweimal versucht, Auris zu erreichen. Beim zweiten Mal hat sie eine Rückrufbitte hinterlegt. Der MultiKom hat bereits versucht, sich mit Anicee in Verbindung zu setzen.«
Routh nickte. Vielleicht endlich eine Spur.
Um 13.07 Uhr erfüllten sich seine Hoffnungen.
»Anicee spricht mit Auris«, meldete Puc.
»Ich will es hören.«
Und er hörte Anicees Stimme: »Du musst mit mir kommen.«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht mehr. Das Müssen ist so – eisern, weißt du? Und das Wollen: Es bröckelt und rieselt. Ich bin mir – ach, ich weiß nicht.«
»Ich gehe nicht ohne dich.«
»Dann bleib. Vielleicht ist es mir übrigens gleich, ob du bleibst. Oder ob du gehst.«
»Was heißt das?«
»Ich weiß nicht. Ich sag das so. Soll ich nichts sagen?«
»Ich bleibe nicht«, sagte Anicee. Sie schwiegen und hielten das Schweigen fast eine Minute aufrecht.
Routh hörte seine Tochter atmen. Dann sagte sie: »Benat Achiary will zusammen mit uns gehen. Er wartet auf uns.«
»Er wartet nicht auf uns. Er wartet auf dich. Er ist ein Mann.«
»Ja.«
Wieder Schweigen, und wieder war es Anicee, die das Schweigen brach. Ihre Anhänglichkeit an Auris tat ihm fast körperlich weh.
Sie sagte: »Benat ist nach Terrania gekommen. Aus Amerika.«
»Ist das gut?«, fragte Auris. Es klang aufrichtig ratlos.
Routh hörte, wie Anicee die Luft einsog. Das hatte sie schon als Kind getan, wenn sie eine Entscheidung gefällt hatte und nun verkünden wollte.
»Ich werde gehen. Ich werde den letzten Schritt machen. Morgen Nachmittag soll es beginnen. Die Sayporaner sagen: Das Transitparkett ist bereitet. Und ich werde nicht zu denen gehören, die zurückbleiben.«
»Ja«, sagte Auris.
Was?, fragte sich Routh. Was sollte am Nachmittag des 12. September beginnen? Was verstand Anicee unter einem Transitparkett? Sayporaner? War das der Eigenname dieser Auguren? Er war versucht, Puc zu befehlen, ihn über den MultiKom von Auris mit seiner Tochter zu verbinden. Aber er fürchtete, dass Anicee in diesem Fall den Kontakt radikal abbrechen würde.
»Es ist im Zoo«, sagte Anicee in diesem Moment.
»Ja«, sagte Auris.
»Es ist der letzte Schritt«, sagte Anicee beschwörend. »Lass ihn mich nicht allein gehen.«
»Benat«, sagte Auris nur.
Anicee lachte. Es klang gestellt. »Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass er ein Mann ist? Also bedeutet er nichts.«
»Ich weiß nicht, was was bedeutet«, sagte Auris. »Ich habe es, glaube ich, vergessen.«
»Morgen«, sagte Anicee. »Der Zoo.«
Routh hörte Puc sagen: »Die Verbindung ist unterbrochen.«
Er dachte nach. Welchen Sinn hätte es, zu warten? Anicee würde nicht kommen. Wenn er eine Chance haben wollte, seine Tochter zu sehen und von einer Riesendummheit zurückzuhalten, würde er in den Zoo gehen müssen.
6.
Sonnenstation AMATERASU
12. September 1469 NGZ, 7 Uhr
Bull und Sarmotte warteten. Prak-Parlong hatte die Telepathin in einen Heilschlaf versetzt und erst nach einer Zeit, die Bull für unerträglich lang hielt, eine kurze Wachphase eingeräumt. In dieser Phase hatten Sarmotte und Huq miteinander gesprochen, und ARINNA hatte Protokolle angefertigt. Gemeinsam hatten sie sich bemüht,
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