PR2633-Der tellurische Krieg
Betäubungsmittel wirkte diesmal erst nach einigen Sekunden. Er hatte noch die Kraft, sich aus dem Pilotensessel hochzustemmen, dann brach er zusammen.
*
Don Monwiil erwachte unter heftigen Schmerzen. Ihm war sofort bewusst, dass er diesmal zu lange gezögert hatte.
Er lag unverändert da, wo er gestürzt war, zwischen dem Pilotensessel und dem Ausstieg. Das AMoLab verfügte zwar über speziellere Möglichkeiten als jeder normale Medoroboter, ihm fehlte indes die Möglichkeit, einen Patienten zu transportieren.
»Wenn du auf Dauer überleben willst, lass es nie wieder so weit kommen.« Die Stimme klang vorwurfsvoll. Der tornisterförmigen Kompakteinheit, die Monwiil permanent auf dem Rücken trug, stand ein breites Gefühlsspektrum zur Verfügung.
»Es war knapp, nicht wahr?«
»Sehr knapp«, bestätigte das AMoLab.
Don Monwiil zog die Beine an den Leib. Für kurze Zeit verharrte er so, dann richtete er sich langsam auf. Nur für Sekunden spielte sein Gleichgewichtssinn verrückt.
Sein Blut kristallisierte in mehr oder weniger unregelmäßigen Zeitabständen.
Rubinblut, nannten die Mediziner die Veränderung, deren Ursache selbst nach Jahren unklar war. Es gab keine Heilung, wobei mittlerweile als nachgewiesen galt, dass es sich keinesfalls um eine Infektion handelte.
Es begann irgendwo in seinem Körper. Rote Blutkörperchen veränderten sich spontan zu einer scharfkantigen kristallinen Struktur. Dieser Vorgang war wie eine Initialzündung, wobei die nächste Veränderung an völlig anderer Stelle raumfordernd auftreten konnte.
In einer langwierigen Studie war versucht worden, die entstehenden »Rubinkristalle« mithilfe von Nano-Robotern aufzulösen. Der schnell um sich greifende Effekt war dadurch aber in keinem Fall zum Erliegen gebracht worden.
Das kristallisierte Blut musste gewaschen und ausgetauscht werden. Ein unangenehmer Prozess, den jeweils eine Katalyseinjektion einleitete, die auf die Kristallstruktur der veränderten Blutkörperchen einwirkte.
Manchmal musste es schnell gehen. Deshalb trug Don Monwiil sein Autarkes Mobiles Labor permanent als Tornisteraggregat auf dem Rücken. Obwohl das Gerät mit seinem Blutkreislauf verbunden war, hatte sich eine fortwährende Blutwäsche als ungeeignet erwiesen.
»Danke!«, sagte Monwiil.
Das AMoLab reagierte nicht darauf.
Mehr als zwanzig Minuten waren vergangen, seit der Gleiter sanft aufgesetzt hatte. Monwiil zögerte nicht länger. Nur mit einer Nachtsichtbrille und einem starken Handscheinwerfer ausgerüstet, stieg er aus.
Der Boden ringsum war aufgewühlt, der Regen hatte ihn zum Teil in zähen Schlamm verwandelt. Monwiil fand Sohlenabdrücke, die von leichten Stiefeln stammten. Außerdem gab es eine undefinierbare Fährte: kleine, wie eingestanzt wirkende Abdrücke eines zweifellos dreibeinigen Geschöpfs.
Monwiil machte davon mehrere Aufnahmen. Auch von den metallenen Fragmenten, die er fand. Das zerknitterte Material war allem Anschein nach im Begriff, sich zu regenerieren. Begleitet von lautem Knistern, dehnte und streckte es sich in unregelmäßigen Abständen.
Don Monwiil brauchte keine zehn Minuten, um sich ein einigermaßen zutreffendes Bild zu machen.
Er war sicher, dass er den Ort gefunden hatte, an dem die dritte Galionsfigur nach der Explosion ihres Schiffes niedergegangen war. Einige gebogene halbtransparente Platten schienen zu einer größeren geschlossenen Struktur gehört zu haben, die grob eiförmig bis kugelförmig gewesen sein mochte. Die Größe des Ganzen? Aus mehreren vermessenen Platten errechnete die Kleinpositronik des Gleiters ein eher eiförmiges Gebilde von ungefähr sechzig Metern Höhe. An der dicksten Stelle mochte es einen Durchmesser um die fünfzig Meter haben. Dieses Objekt mutete in der Tat wie eine Schutzhülle an, die eine Galionsfigur umschloss.
Überhaupt ergaben die Spuren auf der Lichtung ein durchaus homogenes Bild. Die Galionsfigur des Ovoidraumers war hier im Regenwald abgestürzt. Ihr Aggregatblock, aus dem sie ohne Unterleib herauswuchs, mochte den Sturz weitgehend gemildert haben, war aber beschädigt worden.
Zwei Personen – Don Monwiil zweifelte nicht daran, dass es sich um Geronimo Abb und die Cheborparnerin handelte – hatten die Galionsfigur entdeckt und abtransportiert. Über das Warum spekulierte Monwiil nicht. Die Kontaktaufnahme der beiden mit der Polizeistation von Mérida bewies, dass sie der riesenhaften Gestalt helfen wollten.
An zerborstenen Bambusstangen klebten
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