PR2633-Der tellurische Krieg
einem Sicherheitsplus von zwanzig Prozent. Im Mexikanischen Becken war das Meer kaum tiefer als vier Kilometer.
Weil ihre Geschwindigkeit unter Wasser dreiunddreißig Knoten nicht überstieg, lagen die Boote bereits weit draußen. Das ersparte eine lange Anfahrt. Farro war es recht, umso eher würde er die Sache hinter sich haben.
Ständig in Palfreys Nähe zu sein behagte ihm nicht. Er mochte die Hyperphysikerin nicht, und dass sie ähnlich über ihn dachte, war ihm von Anfang an klar gewesen. Das Beste wäre einander so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen, doch das war leichter gesagt als getan.
Muura Palfrey betrat die Zentrale. Sie bedachte ihn mit einem forschenden Blick. Farro ignorierte die Frau. Er blickte durch die breite Sichtverglasung nach draußen. Der milchig graue Himmel wirkte trist. Wolkenbänke nahe am Horizont verhüllten den Blick auf den Pulk der Kunstsonnen.
»VELLAMO III und V befinden sich schon im Abstieg!«, meldete der Pilot. »Nach wie vor keine brauchbare Ortung, teilen sie mit.«
Zweifellos hatte die hohe Wassersäule einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, und ein Wrack ließ sich eben nicht über energetische Emissionen aufspüren. Die optischen Aufzeichnungen der Raumhäfen in der Zona Mexico, aber auch aus Richtung Florida und von den großen Inseln, hatten entscheidend zur Positionsbestimmung beigetragen. Das Gros der Bruchstücke lag im Kernbereich eines Gebiets von mindestens fünftausend Quadratkilometern. Die Längsausdehnung von hundert bis hundertfünfzig Kilometern entsprach der Flugrichtung des Ovoidraumers vor der Zerstörung, etwa auf der Linie Mérida–Houston.
»Alle Vorbereitungen abgeschlossen«, meldete Ceranna. »VELLAMO I bereit für Tauchgang.«
»Wir können«, sagte Palfrey.
Das Boot sank flott. Die Strahltriebwerke nahmen ihre Tätigkeit auf. Die holografischen Anzeigen ermöglichten es, von jedem Platz in der Zentrale aus die aktuellen Werte einzusehen.
Die fahle Helligkeit des jungen Tages verschwand schnell. Die Lichtfinger der Scheinwerferbatterien stachen in die Finsternis hinaus. Ein großer Fischschwarm stob davon, seine Struktur permanent verändernd; die Tausende silbern glänzender Leiber wirkten wie ein einziger großer Organismus.
Sie hatten bereits zweihundert Meter Tiefe erreicht. Die äußeren Blenden einiger Sichtluken wurden geschlossen, von innen legten sich die Holos der Außenbeobachtung darüber.
»Ich denke, wir haben eine gute Position«, sagte Darkoah Isik, die Exo-Technodiagnostikerin. »Eigentlich sollten wir schnell fündig werden. Der Meeresboden ist gut kartografiert.«
Tausend Meter. Ein vielarmiger Schatten tauchte wie aus dem Nichts heraus auf und zog nahe an der VELLAMO I vorbei.
»Das war einer der Riesenkalmare«, sagte der Pilot. »Normalerweise sind sie weiter draußen anzutreffen – da treiben noch drei große Exemplare heran. Ich vermute, das Erlöschen der Sonne hat Einfluss auf ihr Verhalten.«
»Das ist nicht bewiesen«, wandte die Ferronin ein. »Ich lebe lange genug auf Terra, um mir ein Bild machen zu können.«
Ceranna lachte leise. »In zehn Minuten sind wir unten. Und dann geht die Sucherei richtig los.«
Farro widmete sich seinen Instrumenten. Ein Katalog von ineinander verschachtelten Holoprojektionen leuchtete um ihn auf. Sie zeigten Bereitschaft, mehr nicht, und doch bedurfte es mehr als nur einer schnellen Übung, um mit diesen Anzeigen klarzukommen. Eigentlich gehörte langjährige Erfahrung dazu, vor allem, sobald die Liquidierungseffektoren ihre Tätigkeit aufnahmen. Dann fand Bentelly Farro sich sehr schnell in einem Meer aus Farben und grafischen Elementen wieder, die beileibe nicht jedem Menschen zugänglich waren.
Weder Positroniken noch Biopositroniken waren geeignet, mit der erforderlichen Geschwindigkeit darauf zu reagieren. Die seismischen Maschinenparks bildeten Bereiche des Gesamtkonglomerats der terrestrischen Überwachung, in denen es nach wie vor der menschlichen Einflussnahme bedurfte, einer besondere Inselbegabung. Farro hatte sie.
Er grinste breit, als ihm auffiel, dass die Einsatzleiterin seine Holosammlung aus der Distanz musterte. Ein wenig ungeduldig zupfte er den Kragen seiner Kombination zurecht und schnippte mit den Fingern einige Stäubchen fort. Muura Palfrey wandte sich schnell den Kontrollen des Tauchboots zu.
Dreitausend Meter Tiefe inzwischen. Von irgendwoher war ein leises Knacken zu vernehmen. Bentelly Farro summte eine Melodie, die ihm gerade
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