Prada Party und Prosecco - Roman
zweifelnd.
Ich hielt ihn unter den Strahl heißes Wasser. Vielleicht war das ja schon reichhaltig genug, um als erster Aufguss durchzugehen?
»Ich find’s toll, dass du jetzt hier wohnst«, bemerkte Cal, und ich war plötzlich gar nicht mehr so wütend. »Wir brauchen wirklich jemanden, der sich um uns kümmert. Wie bei Schneewittchen und den sieben Zwergen.«
» O nein!«, protestierte ich. »Die Sache sieht ganz anders aus. Ich helfe euch nur, um über die Runden zu kommen, bis ich meinen alten Job wiederhabe.«
Er sah mich träge an. »Du hast einen Job?«
»Na, und du?«
»Ich bin Bildhauer.« Er zuckte mit den Schultern. »Michelangelo fand, dass das eigentlich eine ziemlich coole Berufung ist.«
»Ach, tatsächlich? Und, bist du so gut wie Michelangelo?«
Er lächelte. »Nein. Nein, Sophie, ich bin nicht so gut wie Michelangelo. Kriege ich denn jetzt meine Tasse Tee?«
Ich lächelte zurück und ließ endlich Wasser in den Kessel laufen. Cal reckte sich schläfrig wie eine große Katze.
»Hast du etwa durchgemacht?«, fragte ich keck. Zu meinem eigenen Erstaunen war ich plötzlich versucht, ihm mit den Fingernägeln über die Brust zu fahren. Ich warf einen Blick auf meine Nägel. Ich war schon wer weiß wie lange nicht mehr bei der Maniküre gewesen. Aber vielleicht störte ihn das ja gar nicht.
»Hey, krieg ich auch einen?«
Die Cals-Brust/meine-Nägel-Fantasie wurde von einer jungen Stimme mit starkem Akzent unterbrochen, spanisch vermutlich. Und da stand ein winziges dunkelhaariges Mädchen mit riesigen Brüsten und einem ausladenden Hintern. In meinen Kreisen hätte man sie als fett bezeichnet, aber sie war eindeutig ziemlich heiß. Sie hatte ungekämmtes schwarzes Haar, das ihr ins Gesicht fiel, einen schimmernd olivfarbenen Teint und Ringe unter den Augen, die eigentlich übel aussehen sollten und deretwegen ich schnellstmöglich einen Termin beim Dermatologen vereinbart hätte, aber bei ihr wirkten sie tatsächlich sexy. Sie biss sich auf eine ihrer vollen Lippen.
»Hallo.«
»Hallo«, sagte ich ein wenig steif. All meine auf Fingernägeln basierenden Fantasien verschwanden mit einem gurgelnden Geräusch im Abfluss.
»Das ist Sophie, die Putzfrau«, stellte Cal mich vor. Das Mädchen zog die Augenbrauen ein wenig in die Höhe.
»Ich bin keine Putzfrau«, protestierte ich. »Ich wohne hier. Ich bin gerade eingezogen und helfe ein wenig mit dem Saubermachen.«
»Das Badezimmer ist widerrlich«, verkündete das Mädchen. »Widerrlich. Die ganze Wohnung ist widerrlich.«
»Ja, da war ich auch noch nicht«, entgegnete ich gereizt. Ich konnte ja schließlich nichts dafür, dass der Laden so ein Saustall war. Das Mädchen verlor augenblicklich das Interesse an mir und zog ab, was mich unglaublich ärgerte, wenn man bedachte, dass sich auf den Partys, auf die ich ging, niemand mit ihr unterhalten hätte.
»Hier, der Tee«, sagte ich. Cal warf einen misstrauischen Blick auf das Gebräu. »Nimmst du immer nur einen Beutel für die ganze Kanne?«, wollte er wissen. »Macht man das da, wo du herkommst, so?«
»Nein«, antwortete ich und errötete. Okay, okay, okay. Ich wollte es eigentlich nicht zugeben, aber es stimmte. Bei Esperanzas Service, meiner Vorliebe für Starbucks und/oder Champagner und der Tatsache, dass wir ständig ausgingen … Okay. Ich hatte vorher tatsächlich noch nie Tee gekocht. Ich hatte aber bei EastEnders gesehen, wie man’s macht. Und eigentlich sollte das auch mein Geheimnis bleiben. »Dann übernimm du das doch«, schlug ich vor. »Offensichtlich muss ich ja hier noch das Bad schrubben.«
Das Mädchen drehte sich um. »Oh, eure Putzfrau ist aber zickig.«
»Ich bin keine Putzfrau!«, zischte ich.
» ’ tschuldigung«, sagte sie, sah dabei aber gar nicht so aus, als täte es ihr leid. Sie ging hinüber zu Cal, kuschelte sich unter seine Schlafanzugjacke und – grr! – ließ ihre Nägel über seine Brust wandern.
»Wollen wir nicht lieber zurück ins Bett?«
»Da es keinen Tee gibt – klar, warum nicht.«
Er öffnete den wackeligen Kühlschrank, holte eine Flasche Wein heraus, und dann verschwanden die beiden und ließen mich mit einer Teekanne voll lauwarmem braunen Wasser stehen, das auch ich nicht trinken wollte.
Vier Stunden später fühlte ich mich völlig ausgelaugt – als ob man mir das Mark ausgesaugt und durch Scheuerpulver und Schmutz ersetzt hätte. Meine Nägel hatte ich schon lange aufgegeben; die waren hinüber, vielleicht für immer.
Aber,
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