Prada, Pumps und Babypuder
fröhliche, afro-karibische Hebamme stürmt herein. »Ich bin Esther. Wie geht es voran? Sind die Wehen immer noch schön stark?«
»Was?« Ich starre sie an. »Äh… nein. Ich meine, ja…« Verwirrt breche ich ab. »Hören Sie, ich muss unbedingt mit Venetia Carter sprechen.«
»Sie ist unterwegs«, sagt die Hebamme beruhigend. »Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um Sie.«
Verdächtig. Sie haben Venetia bestimmt gar nicht geholt. Sie versuchen, mich abzulenken.
»Sie brauchen sich nicht um mich zu kümmern«, sage ich höflich. »Aber danke.«
»Sie bekommen ein Kind!« Die Hebamme lacht. »Jetzt ziehen Sie erst mal ein Nachthemd an. Oder haben Sie ein T-Shirt dabei? Und dann muss ich Sie untersuchen, um zu sehen, wie weit Sie schon sind.«
Ich muss diese Frau loswerden, und zwar schnell. Sie drückt auf meinen Bauch, und ich schrecke zurück.
»Ich bin schon untersucht worden!«, sage ich. »Von einer anderen Hebamme. Es ist so weit alles klar…«
»Eine andere Hebamme? Wer denn? Sarah?«
»Äh… kann sein. Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen. Sie ist plötzlich gegangen, sie sagte was von einem Theaterbesuch oder so?« Ich blinzele sie unschuldig an.
»Dann muss ich eine neue Kurve anlegen.« Esther schüttelt den Kopf und seufzt. »Und dazu muss ich Sie leider doch noch mal untersuchen.«
»Nein!«, quietsche ich. »Ich meine… ich habe eine Untersuchungsphobie. Man hat mir eine geringstmögliche Anzahl von Untersuchungen zugesichert. Venetia weiß Bescheid. Ich muss wirklich mit ihr sprechen, mit niemandem sonst. Können Sie mich bitte einfach allein lassen, bis sie da ist? Ich möchte mich auf mein… inneres Frausein konzentrieren.«
Esther verdreht die Augen und steckt ihren Kopf zur Tür raus.
»Pam, hier ist schon wieder eine von Venetias Verrückten. Kannst du Venetia anpiepen?« Esther guckt wieder zurück ins Zimmer. »Wir rufen Venetia. Ich fülle in der Zwischenzeit wenigstens die Kurve aus. Ihre Fruchtblase ist also gestern zu Hause geplatzt?«
»Mmh.«
»Hat meine Kollegin Ihnen gesagt, wie weit Sie sind?«
»Ähm… vier Zentimeter«, sage ich aufs Geratewohl.
»Und Sie kommen mit den Schmerzen zurecht?«
»Bis jetzt ja«, sage ich tapfer.
Es klopft an der Tür, und eine Frau schaut herein. »Esther, kannst du mal kommen?«
»Ist viel los heute.« Esther hängt die Kurve an das Bettende. »Ich komme gleich wieder. Tschuldigung.«
»Schon in Ordnung! Danke!«
Die Tür schließt sich, und ich lege mich aufs Bett. Einige Minuten lang passiert nichts, und ich zappe durch die Fernsehkanäle. Ich frage mich gerade, ob man hier DVDs ausleihen kann, als es an der Tür klopft.
Dieses Mal muss es Venetia sein. Ich nehme wieder die Schlussstrich-Tasche in die Hand und hole tief Luft.
»Herein!«
Die Tür geht auf, und ein zaghaftes Mädchen von ungefähr zwanzig Jahren kommt herein. Sie hat ihre wuscheligen blonden Haare zu einem Zopf zusammengebunden.
»Ähm… ich bin Paula, ich mache eine Ausbildung zur Hebamme. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich bei Ihnen bleibe und das frühe Stadium der Wehen bei Ihnen beobachte? Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar.«
Herrschaftszeiten. Ich will am liebsten sagen: »Nein, gehen Sie bitte«. Aber sie sieht schüchtern und nervös aus, und ich bringe es nicht über mich. Ich kann sie immer noch loswerden, wenn Venetia kommt.
»Klar.« Ich winke sie herein. »Kommen Sie rein. Ich bin Becky.«
»Hallo.« Sie lächelt unsicher, kommt vorsichtig herein und setzt sich auf einen Stuhl in der Ecke.
Ein bis zwei Minuten lang sagt keiner von uns beiden was. Ich habe mich zurückgelehnt und starre an die Decke. Wie frustrierend. Ich bin bereit für die große Konfrontation, und es ist niemand da, den ich zur Rede stellen kann. Wenn Venetia in den nächsten fünf Minuten nicht auftaucht, gehe ich.
»Sie wirken so… gelassen.« Paula unterbricht kurz ihr Gekritzel auf einem Notizblock. »Wenden Sie eine bestimmte Technik an?«
Ach ja. Ich hab ja angeblich Wehen. Ich sollte wohl besser etwas schauspielern, sonst hat sie ja gar nichts zu schreiben.
»Na klar«, nicke ich. »Ich muss mich mal ein bisschen bewegen. Das hilft am besten, finde ich.« Ich stehe auf, gehe ums Bett und schlenkere mit den Armen. Dann schwinge ich die Hüften ein paar Mal und mache eine Stretchbewegung, die ich bei Yogalates gelernt habe.
»Wow«, sagt Paula beeindruckt. »Sie sind aber gelenkig.«
»Ich mache Yoga«, sage ich bescheiden. »Ich glaube,
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