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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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an mich.
    Natürlich gab es Momente, in denen ich mein Verhalten plötzlich von außen betrachtete und mich darüber wunderte. Aber man hatte mir meinen Ehemann und all meine linken Schuhe gestohlen! Wer konnte es mir da übel nehmen, wenn ich mich ein bisschen komisch benahm?
    Jeden Abend wanderte ich in den Pub, setzte mich auf einen Barhocker und hielt Ausschau nach Männern mit nur einem Schuh. Jeden Abend kam ich auf einem Schuh, den ich liegen ließ, wenn ich wieder heimging. Obwohl ich inzwischen an neun Abenden neun Schuhe geopfert hatte, ließen sich Hayley und Steven immer noch nicht blicken.
     
    Als ich eines Abends den Pub betrat, war Nick in heller Aufregung. »Ich hab dein Aschenputtel gefunden«, zischte er mir zu. »Er war an dem Abend hier, bevor du den Schuh gefunden hast, und er ist die Art von Kerl, zu dem so ein cooler Schuh passt.« Verstohlen deutete er mit dem Kopf. »Da drüben, das ist er.«
    Ich sah in die angegebene Richtung und wusste sofort, dass das nicht unser Mann war. Er sah viel zu gut aus.
    Selbstverständlich tat ich trotzdem, was zu tun war, und der Typ war nicht mal besonders nett. Als ich den violetten Schuh aus meiner Tasche zog, glotzte er verblüfft erst mich, dann meine Füße und schließlich den glänzenden schwarzen Stiletto und meine durchlöcherte Strumpfhose an, aus der der große Zeh hervorlugte. (Ja, inzwischen hatten all meine Strumpfhosen Löcher im einen Fuß.) Sein Gesichtsausdruck wurde ängstlich; er fürchtete offensichtlich, das Opfer eines schlechten Scherzes geworden zu sein, bei dem er vom ganzen Pub wegen seiner Schuhe verulkt wurde. »Das ist nicht mein Schuh.« Damit verweigerte er jeden weiteren Augenkontakt und rückte fluchtartig weg, so schnell man das in Stiefeln von Oliver Sweeney, Chelsea, eben kann. Kurz darauf verließ er den Pub.
    Nick und ich wechselten einen Blick. »Den Versuch war es wert«, sagte ich, dann polierte Nick weiter seine Gläser, und ich kehrte zurück zum Zählen und Trinken.
    »Lass mich ihn noch mal anschauen«, bat Nick mich später. »Und wie hieß noch mal die Marke?«
    Ich schlug den Paschminaschal auf, und schon breitete sich violetter Schimmer über dem Tresen aus. Nick und ich wechselten einen weiteren, viel sagenden Blick. Ich wusste, was er dachte: Normale, nicht-magische Schuhe benehmen sich nicht so. Der Markenname war in Blattgold in die lederne Brandsohle eingelegt. Merlotti.
    »Ich seh mal im Internet nach«, versprach Nick.
    »Sinnlos«, entgegnete ich. Ich hatte die Marke bereits gegoogelt und nichts gefunden.
    Plötzlich wurde unser Gespräch jäh unterbrochen. »Verzeihung«, sagte eine Stimme hinter mir. »Das ist mein Schuh!«
     
    Ich erstarrte. Die Stimme kannte ich doch! Und nach Nicks Gesichtsausdruck zu urteilen kannte er die dazugehörige Person. Ich blieb, wo ich war, blieb Nick und all den hübschen, funkelnden Flaschen hinter der Bar zugewandt. Reglos und trotzig weigerte ich mich, mich umzudrehen, denn ich wusste, wenn ich das tat, würde sich der ganze Zauber in Nichts auflösen, und inzwischen war ich regelrecht von ihm abhängig.
    Blöder Mistkerl. Er hatte alles ruiniert.
    Ich fing an zu zählen. Von außen sah es vielleicht so aus, als lastete auf uns dreien und dem Schuh ein unbehagliches Schweigen, aber ich war in meinem Kopf weit weg. Als ich bei vierundzwanzig angekommen war, sagte der Mensch: »Alice, willst du mich nicht ansehen?«
    »Nein.« Jetzt musste ich wieder von vorn anfangen. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs …
    »Das ist mein Schuh«, wiederholte er.
    »Was willst du denn dafür, eine Medaille?«, fragte ich.
    »Das mag ja stimmen, aber woher sollen wir wissen , dass er wirklich dir gehört?«, fragte Nick herausfordernd, mit einem höhnischen Zug um die Lippen.
    Schweigend wurde eine Plastiktüte auf den Tresen gelegt und ein schuhgroßer Flanellschlafsack daraus zutage gefördert. Eine Sekunde des Zögerns, als sollte Spannung aufgebaut werden, dann wurde das Band des Schlafsacks gelockert und ein violetter Schuh kam zum Vorschein. Das violette Licht, das aufleuchtete, war unverkennbar. Es war der richtige Schuh, der zweite des Pärchens.
    Der Mensch stellte ihn neben meinen und beinahe hypnotisiert starrte ich die beiden Schuhe an. Seite an Seite vibrierten sie in überirdischer Vollkommenheit. Nie hatten zwei Dinge mehr zusammengehört und ein derart perfektes Ganzes gebildet, das so eindeutig größer war als die Summe seiner Einzelteile.
    Ich seufzte und

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