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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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benutzte. Aber das war nicht immer eine gute Lösung, vor allem, wenn es sich beim Objekt meiner Begierde um Slingpumps oder vorn offene Sandaletten handelte.
    Aber eines Tages hatte ich eine brillante, lebensverändernde Idee: Wenn ich einen siebenunddreißiger rechten und einen achtunddreißiger linken Fuß hatte, konnte es in der Großstadt, in der ich wohnte, doch vielleicht jemanden geben, der einen achtunddreißiger rechten und einen siebenunddreißiger linken Fuß hatte, oder nicht? Mein Pedi-Spiegelbild sozusagen. Wenn wir einander ausfindig machten, konnten wir zwei identische Paar Schuhe kaufen, eins in Siebenunddreißig, eins in Achtunddreißig, und es nach unserem jeweiligen Bedarf aufteilen.
    Ich überlegte, in Time Out oder in einer überregionalen Tageszeitung eine Anzeige aufzugeben, aber am Ende hängte ich einen Zettel ans Anschlagbrett im Zeitungsladen um die Ecke – und bekam
tatsächlich eine Antwort! Von einer Frau aus der Gegend, die nicht mal zehn Minuten zu Fuß von mir und Steven entfernt wohnte.
    Bevor wir uns trafen, war ich ganz aus dem Häuschen, bezaubert von der Idee einer Symbiose und dem Gedanken, dass diese Frau mich vollständig machen würde.
    Ich bin ziemlich klein und liebe deshalb hohe Absätze. (Wenn ich von meinen Zehnzentimeterabsätzen runtersteige, schauen sich die Leute manchmal verwirrt um und fragen: »Wo ist die denn geblieben?«, und dann muss ich ihnen wohl oder übel zurufen: »Ich bin hier unten!«) Hayley dagegen war groß und schlank. Ich fürchtete, sie würde hohe Absätze verschmähen und stattdessen flache wollen, und leider war das auch meistens der Fall. Von Anfang an gab es Machtkämpfe zwischen uns, und unsere gemeinsame Asymmetrie brachte keine große Freundschaft ins Rollen. Von Zeit zu Zeit liefen wir uns zufällig über den Weg, aber wir verabredeten uns nur, wenn wir neue Schuhe brauchten. Immerhin gingen wir über zwei Jahre zusammen Schuhe kaufen: im März, wenn die neue Sandalenernte eintraf, und im September, wenn die neuen Stiefel erschienen. Gelegentlich gab es noch einen Einkauf außer der Reihe – weil eine von uns glamouröse Weihnachtspartyschuhe brauchte oder weil die andere zufällig ein besonders schönes Paar entdeckt hatte und es ein Verbrechen gewesen wäre, sie im Laden verkommen zu lassen.
    Manchmal spielte Hayley mit und erklärte sich bereit, Schuhe mit wolkenkratzerhohen Absätzen zu kaufen, und ich freute mich. Aber selbst wenn es gut lief, hatten wir nie so viel Spaß, wie ich es mir erhofft hatte. Genau genommen war mir die ganze Zeit über ein wenig unwohl. Aber ich ließ mir nichts anmerken. Schließlich waren wir Mädels! Wir kauften Schuhe! Wir hatten eine ganz spezielle Bindung! Doch im Grunde war Hayley schrecklich. Eine
wichtige Erkenntnis für mich, eine Lektion fürs Leben und eine, die ich zu spät begriffen habe: Nur weil eine Frau Schuhe liebt, heißt das nicht unbedingt, dass sie ein guter Mensch ist.
     
    Als Steven mir sagte, dass er mich ihretwegen verlassen würde, stürzte der Schock mich in einen entsetzlichen Albtraum. Das war der Zeitpunkt, an dem ich mit dem Zählen anfing. Sogar im Schlaf erwischte ich mich dabei, denn sobald ich innehielt, stieg die Panik so heftig in mir auf, dass sie mich zu ersticken drohte.
    Doch es sollte noch schlimmer kommen. Zwei Tage später kam ich von der Arbeit nach Hause und entdeckte, dass all meine achtunddreißiger Schuhe gestohlen worden waren. Hayley hatte sie mitgenommen. Ich stand da mit einunddreißig einzelnen Schuhen für meinen rechten Fuß. Das einzige vollständige Paar waren die Stiefel, die ich in diesem Moment trug, und ein Paar dreckiger uralter Turnschuhe.
    In der populären Psychologie wird gern behauptet, dass Menschen, die ein Trauma durchmachen – beispielsweise überfallen oder verlassen werden – oft glauben, sie wären wertlos. Zu dieser Überzeugung war ich zwar noch nicht gekommen, aber Hayley offenbar schon – obwohl ich diejenige mit dem Trauma war. In ihren Augen war ich vollkommen bedeutungslos; nachdem sie sich meinen Ehemann unter den Nagel gerissen hatte, glaubte sie anscheinend, sie könnte sich ruhig noch weiter bei mir bedienen. Vermutlich war sie zu dem Schluss gekommen, dass ihre Füße doch plötzlich gleich groß waren. Ihr Leben lang hatte sie einmal siebenunddreißig und einmal achtunddreißig gehabt, aber jetzt sollten plötzlich beide Füße gleichermaßen achtunddreißig sein? Eine unglaubliche Verwandlung. Na, warum

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