Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
denn nicht? War es vielleicht weniger unglaublich, als dass Steven mich verließ, nachdem er mir versprochen hatte, mich immer zu lieben, und zwar so
sehr, dass er mich sogar geheiratet hatte? (Ich hatte mir extra Schuhe anfertigen lassen – weiße Satinpumps; bei meiner Hochzeit war ich ausnahmsweise perfekt beschuht gewesen.)
Ich rief bei den beiden an, um meine Schuhe zurückzufordern. Hayley sagte, ich solle aufhören, sie zu belästigen. Ich sagte, ich wollte nur meine Schuhe wiederhaben. Hayley sagte, sie würde einen Gerichtsbeschluss erwirken.
So verunsichert ich auch war, wusste ich trotzdem, dass ich im Recht war. Aber alles, was mir blieb, war die moralische Entrüstung. So beschloss ich, mit einer Serie einzelner Schuhe im Pub aufzutauchen, in der Hoffnung, die beiden öffentlich zu beschämen.
Die Suche
Als ich an diesem Abend nach der Arbeit aus der U-Bahn kam, erwartete ich, dass überall an den Laternenmasten Flugblätter kleben würden. Mit großen dicken Buchstaben: »Haben Sie diesen Schuh gesehen?« Dann ein unscharfes Foto – oder sogar eine künstlerische Stilisierung – von meinem violetten Zauberschuh. »Zuletzt gesehen an meinem Fuß am 17. November. Der ehrliche Finder erhält eine Belohnung.«
Aber nichts dergleichen. Kümmerte dieser Schuh denn keinen?
Ich hätte mir etwas gekocht, nur aß ich in letzter Zeit nicht mehr. Ich zählte mich durch drei Soaps, bis es Zeit war, in den Pub zu gehen. Heute Abend wählte ich einen braunen Wildlederstiefel. Dann hüllte ich den Zauberschuh in einen weichen alten Paschminaschal – ich war froh, endlich eine Verwendung für ihn zu haben, denn er hatte ein Vermögen gekostet und war vier Sekunden nachdem ich ihn gekauft hatte aus der Mode gekommen.
Nick machte ein langes Gesicht, als ich – genau wie am Vorabend
– durch den Pub hüpfte und mich auf denselben Stuhl setzte. Tja, so ein Pech. Ich packte den violetten Schuh aus, als enthüllte ich ein wertvolles Kunstwerk, und fragte Nick, ob er vielleicht eine Ahnung hätte, wem der Schuh gehörte. Nein, antwortete er, aber er stimmte mir zu, dass es ein wirklich toller Schuh war, und ihm gefiel der Aschenputtel-Touch der Geschichte. »Du bist wie der Prinz. Wenn du den Typ findest, dem der Schuh gehört, dann verliebst du dich vielleicht in ihn.«
Ich sah ihn verärgert an. »Das ist kein Märchen. Und warum glauben Männer eigentlich immer, dass ein Mann die Lösung für sämtliche Probleme einer Frau ist?«, blaffte ich.
»Entschuldige«, sagte er leise, nahm den Schuh und stellte ihn gut sichtbar hinter dem Tresen auf. Dort blieb der Schuh den ganzen Abend, aber niemand erhob Anspruch auf ihn.
Ich zählte bei jedem Mann, der reinkam, und meine Augen wanderten direkt zu seinen Füßen, denn ich suchte ja den ganz besonderen Typ mit einem schimmernd violetten Schuh am einen und einer Socke am anderen Fuß.
Auch Steven und Hayley ließen sich nicht blicken. Als ich ging, ließ ich meinen braunen Stiefel auf dem Gehweg liegen. Dann wanderte ich nach Hause und schlief mit dem violetten Schuh auf dem Kopfkissen ein. Es war nicht das erste Mal, dass ich mit einem Schuh ins Bett stieg, aber bisher waren es immer nur meine eigenen gewesen. Das violette Prachtexemplar schien im Dunkeln zu leuchten und erfüllte mein Zimmer mit einem wohltuenden Licht.
Am nächsten Morgen überlegte ich auf dem Weg zur Arbeit, ob an der Stelle meines zurückgelassenen Stiefels jetzt vielleicht ein weiterer violetter Männerschuh vor dem Pub liegen würde. Ich hatte halb erwartet, dass es war wie bei den Elfen und dem Schuhmacher – jeden Tag ein neuer Schuh. Aber diesmal war außer einer leeren Zigarettenschachtel nichts da. Und die zählte nicht.
Die Tage verstrichen, und ich nahm den violetten Schuh überallhin mit. Ohne ihn fühlte ich mich nervös (na ja, noch nervöser), und manchmal, wenn selbst das Zählen nichts half, holte ich ihn aus der Tasche und drückte ihn kurz an mein Gesicht. Erstaunlicherweise beruhigte mich das. Eines Abends bekam ich einen fürchterlichen Schreck, weil ich ihn nicht in meiner Tasche fand, als ich ihn aufs Kissen legen wollte. Ohne ihn war ich völlig daneben. Aber als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag er auf dem Teppich und strahlte mich an wie ein kleiner Hund, der sich freute, mich zu sehen. Wie war das bloß passiert? Magie? Oder ein Übermaß an Alkohol? Aber im Grunde war es mir egal, denn ich war froh und erleichtert und drückte meinen Schuh fest
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