Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Soundleute etc.) eine ebenso große Rolle wie für die Schauspieler. Lange, anstrengende Tage im glühend heißen Scheinwerferlicht, immer wieder dieselben Szenen, bis man sie endlich richtig hinbekommt – wer da nicht regelmäßig was zu essen kriegt, kippt um wie eine hysterische viktorianische Lady.
Ich verfüge über dieses Insiderwissen, weil ich den Set besuchen durfte, als man meinen Roman Wassermelone verfilmt hat. Dort hatte ich mittags die Auswahl zwischen – sage und schreibe! – drei köstlichen warmen Gerichten, und als ich mich beim Nachtisch nicht zwischen Banoffi Pie und Apple Crumble mit Custard entscheiden konnte, bekam ich einfach beides. Und am späten Nachmittag gab es die Mutter aller Teepausen. So was haben Sie unter Garantie noch nie gesehen: Horden von Techies und Extras, die
verzweifelt einen Zuckerflash nötig hatten, stürzten in die Catering-Hütte, wo Kuchen und Kekse verteilt wurden, als wäre man auf der Hungerhilfestation vom Roten Kreuz. Das Catering-Team konnte gar nicht schnell genug die Folien von Keksschachteln und Kuchen abkriegen, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Und alles Konditoreiware der Spitzenqualität! Biskuitrolle mit Schokofüllung, Battenburg Cake, Früchtekuchen und diese Riesendosen Schokoladenkekse, die man sonst eigentlich nur zur Weihnachtszeit zu Gesicht bekommt. Sie wissen sicher, was ich meine – in jeder Dose sind mindestens zwei Kekse gesondert in Goldfolie eingewickelt. (Einer für gewöhnlich mit Pfefferminzcreme, der andere mit Orangencreme, die ich persönlich immer ein bisschen enttäuschend finde, aber trotzdem.)
Als mich die Nachricht erreichte, dass einer von Frankreichs bekanntesten Regisseuren (Christian Clavier) einen – französischen – Film aus einem meiner anderen Romane machen wollte (diesmal ging es um Pusteblume ), war mein erster Gedanke nicht, ob ich wohl die Goldene Palme von Cannes gewinnen, sondern was ich zu essen kriegen würde, wenn ich den Set besuchte. Wenn schon ein irischer Catering-Service dermaßen leckeres Essen herbeizaubern konnte, was würden dann erst die Franzosen mit ihrem großen kulinarischen Talent produzieren! Auf jeden Fall Foie gras, war die einhellige Meinung aller, die ich dazu befragte. Boeuf bourgignon, Crème brûlée, Tartes Tatin, Crêpes, Käse, so wohlgereift, dass er beinahe singen und tanzen konnte … Ob ich aufgeregt war? Bien sûr!
Schließlich verzog sich der Essensnebel, und ich begriff, was für eine Ehre es war, dass aus meinem Buch ein französischer Film werden sollte. Wie ein intellektueller Freund sagte: »Jeder weiß, dass die Franzosen die besten Filme der Welt machen.«
Und obwohl ich ganz seiner Meinung bin, kenne ich mich, wie
ich zu meiner Schande gestehen muss, im französischen Film beklagenswert schlecht aus. Und zwar
weil ich keine Französin bin und
weil … hmm … tja, eigentlich hab ich keine weitere Ausrede.
Aber ich habe genug französische Filme gesehen, um zu dem Schluss zu kommen, dass es darin hauptsächlich um bildschöne Mädchen namens Solange mit knallrot geschminktem Schmollmund geht, die vollkommen ungehemmt im Evaskostüm herumstolzieren und beim geringsten Anlass Sex haben (schwer zu glauben, dass Frankreich ein katholisches Land war – wie haben die es bloß geschafft, ihren Schuldgefühlen zu entfliehen?), während Männer namens Serge mit schwarzen Polohemden, knapp sitzenden Hosen und unglaublichen Koteletten im Schlafzimmer auf und ab wandern und Millionen von Zigaretten rauchen. Die Filme scheinen immer in einem extrem deprimierenden bläulichen Licht aufgenommen zu sein, und die Dialoge sind spar-, aber äußerst bedeutsam. »L’amour est mort.« – »La vie, la mort – quelle différence?« Eh, oui, exactement …
Auf einmal fragte ich mich, warum sie ausgerechnet Pusteblume ausgesucht hatten. Zuerst einmal ist es eine Komödie, und ich kenne nicht viele komische französische Filme. Ich weiß, dass die Monsieur-Hulot -Streifen als Komödien eingestuft werden, aber die sind ungefähr so lustig, wie wenn man von einem tollwütigen Hund verfolgt wird. Moment mal, sagten alle, was ist mit Amélie ? Das war doch lustig. (Stimmt.) Und bei Delicatessen , da haben wir auch gelacht. (Stimmt.) Und wie mein Herzallerliebster sagte: Vielleicht machen die Franzosen ja jede Menge lockerleichte Filme, die wir nie zu Gesicht kriegen. Was wissen wir denn schon, was die in ihrem eigenen Land so alles anstellen?
Aber dann, als ich etwas
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