Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
gegen eine Busladung Iren kamen meine Ohrstöpsel nicht an. Die nächtlichen und »unglaublich lustigen« Gesänge hörten während der ganzen einwöchigen Unternehmung nicht auf, und mein Herzallerliebster
und ich waren fix und fertig, als wir wieder zu Hause ankamen – zwei körperliche und psychische Wracks. Meine Backenzähne waren vom vielen Zähneknirschen zu Stummeln abgewetzt, und ich hatte so viel Wut in mir angestaut, dass ich fürchtete, beim geringsten Anlass an einem öffentlichen Ort mit einem Tennisschläger Amok zu laufen (beispielsweise bei McDonald’s).
Kurze Zeit nach unserer Rückkehr beschlossen wir, nach Clare zu fahren, in der Hoffnung, dass ein paar Tage an der See, wo wir dem Rauschen der Wellen lauschen konnten, unseren strapazierten Nerven gut tun würden. Aber wir hätten genauso gut zu Hause bleiben und in Booterstown bei den Straßenbauarbeiten helfen können.
Das Haus, das wir gemietet hatten, lag mitten in einer Reihe anderer Häuser, und wir hatten kaum das Auto geparkt und unser Gepäck hineingeschleppt, als uns klar wurde, dass es himmelschreiend schlecht isoliert war. Man konnte die Leute drei Häuser weiter atmen hören. Aber lassen wir das Atmen mal beiseite! Die konnten noch ganz anders! Aus unverständlichen Gründen hatten es sich die Bewohner des Hauses auf der einen Seite zur Pflicht gemacht, unablässig mit Pfennigabsätzen die Holztreppen rauf und runter zu klappern, während die auf der anderen Seite meinten, rund um die Uhr einen Türknalldienst einrichten zu müssen. Was die Sache noch schlimmer machte: Sie hielten sich dabei nicht einmal an ein regelmäßiges Schema, an das man sich nach ein paar Stunden hätte gewöhnen können – wenn man neben den Bahnschienen wohnt, hört man ja die Züge auch nach einer Weile nicht mehr. Aber nein. Fünfzehn Minuten eifriges Geknalle, dann abrupte, wundervoll pochende Stille, die gerade lang genug herrschte, dass ich zu dem Schluss kam, die Leute wären ausgeflogen. Doch kaum hatte ich angefangen, mich zu entspannen, kündigte ein Überschallknall den Beginn einer neuen Serie an.
Selbst spätabends, wenn ich gerade eindöste, knallte plötzlich eine geheimnisvolle Tür so heftig zu, dass die Fensterscheiben schepperten, und kurz darauf erscholl von der anderen Seite Absatzgewummer so laut wie Maschinengewehrfeuer, und ich saß zitternd und mit pochendem Herzen kerzengerade im Bett.
»Was sind denn das für geisteskranke Hohlköpfe?«, schimpfte ich, vom Schlaf bis auf Weiteres im Stich gelassen. »Können die sich nicht ein richtiges Hobby suchen?«
Nachdem ich dann zum dritten Mal aus dem Schlummer gerissen worden war, begann ich Mordfantasien zu entwickeln, wollte die Treppenpolterer mit ihren Pfennigabsätzen durchbohren und den Türenschmeißern ihre Türen gegen den eigenen Kopf knallen.
In der zweiten Nacht schliefen wir nicht besser als in der ersten, und so beschlossen wir, frühzeitig nach Dublin zurückzukehren. Inzwischen zuckte eine Ader unter meinem Auge.
Als wir unser Gepäck zum Auto schleppten, kamen gerade die Treppenpolterer aus der Haustür, und ich wunderte mich, wie normal sie wirkten – ein rundlicher Mann, eine Frau mit einem Baby und eine Großmutter. Sie sahen nicht aus wie übergeschnappte Irre, die ihren einzigen Spaß im Leben darin fanden, pausenlos die Treppe rauf und runter zu rennen. Genau genommen auch nicht wie Leute, die zu den sportlichen Höchstleistungen, deren Zeuge wir geworden waren, überhaupt fähig waren.
Ich winkte ihnen nur kurz zu, denn ich brachte es einfach nicht über mich, freundlicher zu sein. Als wir einsteigen wollten, rief der Mann uns nach: »Entschuldigen Sie bitte!«
Einen Augenblick lang dachte ich, er wollte sich tatsächlich bei uns entschuldigen, weil er und seine Familie so ausgiebig für die nächste Treppenpoltermeisterschaft trainiert hatten. Aber stattdessen fing er an, sich zu beschweren!
»Wir hören Sie ständig reden und lachen …«
Lachen? Wahrscheinlich eher weinen!
»Das Baby ist zweimal davon aufgewacht. Können Sie wohl bitte etwas leiser sein?«
Ich sah meinen Herzallerliebsten an. Das war wirklich zu seltsam. Vielleicht war es Zeit für ein Lied.
NO, NAY, NEVER, NO, NAY, NEVER NO MOAAAAAARE!
Bisher unveröffentlicht.
Climb Every Mountain
Vor kurzem machte ich Urlaub in Bhutan, einem kleinen, ursprünglichen buddhistischen Königreich in den Ausläufern des Himalaja. Seit Jahrzehnten existiert es in selbst auferlegter
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