Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
»Villen-Phänomen« ist. Ein Syndrom, das damit zu tun hat, dass man in der Fremde weilt und vorübergehend die häusliche Autonomie verloren hat. Meine Freundin Shoshana erlebte eine fast identische Situation, als sie mit ihrer Familie die Ferien in einem Haus in Spanien verbrachte. Sie hamsterten Brot regelrecht, erzählte sie mir, obwohl sie so viel hatten, dass es nicht mehr in die vorhandenen Schränke passte, sondern auf dem Boden gestapelt werden musste. Eines Tages machten sie und ihre Mutter einen Ausflug nach Gibraltar und entdeckten dort eine Niederlassung von Marks and Spencer. Obwohl es bei ihnen zu Hause von Marks-and-Spencer-Filialen wimmelt, gerieten sie in helle Aufregung. (Ich kenne das sehr gut – Läden, die ich daheim jederzeit aufsuchen kann, erscheinen mir auf einmal wie Aladins Wunderhöhle.) Was konnte schöner sein, dachten sie, als bei Marks and Spencer Sandwichs für alle zu kaufen? Ganz aus dem Häuschen vor Freude eilten sie nach Hause, wo sie strahlend verkündeten: »M&S-Sandwiches für alle!« Die anderen reckten die Hälse, um über die Brotberge hinwegzuspähen, und waren zutiefst dankbar, dass es zum Lunch jetzt doch etwas zu essen gab.
In leicht veränderter Fassung erstmals veröffentlicht in Cara , August 2004.
Das Leben beginnt
Ich war noch nie sehr gut mit Geburtstagen. An meinem achtzehnten war ich am Boden zerstört, weil mir das Leben viel zu schnell durch die Finger rann. Mit sechsundzwanzig das Gleiche. Und als ich dreißig wurde, war ich so außer mir, als wäre ich tausend dreißig geworden.
Das Problem ist, dass mein Bild von mir – wie bei den meisten Leuten – irgendwann in einem sehr jugendlichen Alter festgefroren ist (bei mir mit neunzehn) und ich immer noch dabei bin, mir zu überlegen, was ich machen werde, wenn ich meinen Uniabschluss habe. Ich fühle mich immer noch »jung« – obwohl ich zugeben muss, dass wirklich »junge« Leute solche Gefühle zum Lachen finden würden. Aber zu meiner Verteidigung möchte ich anführen, dass ich mir einen Hello-Kitty-Toaster wünsche, mir ziemlich komplizierte Strähnchen machen lasse und echt aufgeregt war, als Kitkat Chunky auf den Markt kam.
Nach diesen Maßstäben hätte mein vierzigster Geburtstag – traditionell als Tor zum dämmrigen Halbleben mit Gummibund und Gartenpflege – eigentlich ein absolutes Blutbad sein müssen. Nächste Station Tod …
Aber nichts dergleichen!
Denn vierzig ist einfach nicht mehr das, was es mal war. Vierzig ist – falls Sie es noch nicht wissen – das neue dreißig. Dieses Jahr haben mehrere meiner Freundinnen die »Grenze überschritten«,
und die meisten von ihnen sehen locker zehn Jahre jünger aus. (Vitamine? Positive Lebenseinstellung? Botox? Was immer es sein mag, es funktioniert.) Eine fing nach etlichen Jahren Abstinenz wieder mit dem Rauchen an, weil sie sich mit vierzig so jung fühlte! Eine andere hat sich verlobt – zum ersten Mal. Wie sie mit ungeheurer Arroganz feststellte: »Sich zu verloben ist eine große Sache. Nichts, was man übers Knie brechen sollte.«
Vierzig war rehabilitiert, und ich auch. Nachdem ich einen zerbrechlichen Frieden mit mir selbst ausgehandelt hatte, waren von einunddreißig an aufwärts meine Geburtstage weniger angstbeladen gewesen, und während nun mein großer Tag heranrückte, stolzierte ich großspurig umher und verkündete, dass es mich überhaupt nicht störte, vierzig zu werden. Womöglich habe ich sogar – Gott bewahre! – mal erklärt: »Alter? Ach was! Das ist doch weiter nichts als eine Zahl!« (Wohlgemerkt, ich hatte schon mit siebenunddreißig angefangen, für diesen Augenblick zu trainieren.) Aber offensichtlich war alles nur Prahlerei gewesen, denn am Morgen des großen Tages traf mich die Erkenntnis wie ein Sack nasser Sand von weit oben – ich war VIERZIG, ich war uralt . Wie war bloß die Zeit vergangen, ohne dass ich etwas davon bemerkt hatte? Wo war mein Leben geblieben?
Hätten nicht meine Familie und die vielen Geschenke unten auf mich gewartet, wäre ich wahrscheinlich noch heute im Bett und würde, gelähmt von Verzweiflung, an die Decke starren.
Das Einzige, was half, war mein Äußeres. Am Vortag, als thirtysomething, war ich entsetzt gewesen, wie ich aussah, aber nun, in den Vierzigern , stellte ich fest, dass ich mich eigentlich ganz gut gehalten hatte.
Dann war der Sturm vorüber, der Alltag kehrte wieder ein, und eine große Enttäuschung machte sich in mir breit. Mein Leben
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