Pralinenherz
starrte ihren neuen Mitbewohner schweißgebadet an.
„I... ich wollte nur ins Bad!“ Wie gut, dass das Badezimmer am Ende des Ganges lag.
Hannas Haare waren wild durcheinander und ihre Wangen puterrot. Schweiß trat auf ihre Stirn und die Jeanshose, die sie trug, war geöffnet.
„F... Finn!“, schluchzte sie mit bebender Unterlippe.
Dieser schluckte nur. Gab es da etwa ein Problem, wo nur er helfen konnte? Gedanken schossen in seinen Kopf, die er nur mit einer kalten Dusche bereinigen könnte!
„Ich … ich bekomme die Jeans nicht zu! Ich habe zugenommen! Der blöde Knopf wollte nicht zugehen! Und der Reißverschluss auch nicht! Ich bin dick! Ich bin fett! Ich muss dringend abnehmen!!!“ Laut weinend rannte sie ins Badezimmer, dessen Tür sie zuknallte und wo sie sich laut jammernd einschloss.
Finn stand noch immer perplex im Flur, blinzelte der zugeschlossenen Tür entgegen und seufzte.
Das … konnte ja noch heiter werden!
Kapitel 11
Mein Leben? Turbulent!
In den kommenden zwei Wochen lebte Hanna sich sehr gut ein. Sie und Finn freundeten sich an und waren beinahe unzertrennlich.
„Es gibt doch nichts Besseres als einen schwulen besten Freund!“, summte Hanna, als sie etwas flüssige Schokolade in die Formen goss. Ihr Vater beäugte sie skeptisch und räusperte sich, als Hanna erneut durch die Küche schwebte, als würde sie auf Wolken tanzen.
„Ich glaube nicht, dass Finn auf Männer steht. Als er dich vor zwei Tagen abgeholt hat, habe ich gesehen, wie er dich ansieht. Es ist dieser Blick, der einem Vater Sorgen bereitet. Nicht in dem Sinn, dass er seine einzige Tochter verletzen wird, sondern in dem, dass er dich mir wegnimmt.“ Er ging auf Hanna zu, die laut zu lachen begann.
„ Papa!“, rief sie und musste den Schneebesen beiseite legen.
„Finn ist schwul. Er macht nicht die leisesten Anstalten, mir näher zu kommen. Kein Flirten. Kein langer Augenkontakt. Nichts. Zudem sieht er sich gerne Männer an, das habe ich mit eigenen Augen gesehen.“ Sie lief auf ihren Vater zu und tätschelte seinen Oberarm.
„Irgendwann wird jemand kommen, den ich heiraten werde. Das wird aber noch dauern. Wenn ich weiß wen, dann sage ich dir Bescheid, versprochen!“
Kopfschüttelnd lief sie zurück zu der Sahnecreme, die sie in die Pralinen füllen wollte.
„Vertrau deinem alten Vater. Er sieht dich an wie ein ausgehungerter Löwe und du bist eine Gazelle, angerichtet auf einem silbernen Tablett, mit Limetten und Tomatenscheiben garniert.“
Hanna war überrascht, ihr Vater hatte wirklich Humor!
Abends fuhr sie wie gewohnt in ihr neues zu Hause. Finns Wagen war nirgends zu sehen. Also war er noch unterwegs, um Christian vom Flughafen abzuholen. Sie hatte etwas Magengrummeln, wenn sie daran dachte, ihn wieder zu sehen. Wie das wohl sein würde? Hanna hoffte, dass ihre erneute Begegnung mit ihm nicht allzu unangenehm werden würde. Nervös öffnete sie die Pralinenschachteln und stellte sie auf den Tisch im Wohnzimmer, als sie hörte, wie Finn und Christian durch die Haustür kamen. Sofort stand sie stramm, wie beim Militär und wagte nicht, sich zu bewegen.
Beide stellten das Gepäck in den Flur und unterhielten sich so laut, dass Hanna ungewollt lauschen konnte.
„Ich geh dann duschen, der Flug hat mich echt geschlaucht. Daniel kommt später dazu, dann lernt Hanna ihn auch kennen.“ Christian verschwand mit seinem Gepäck in den Keller und Finn ging in die Küche. Hanna stand noch immer stocksteif neben dem Wohnzimmertisch und hielt beide Hände verschränkt vor sich, wie eine Kellnerin, die darauf wartet, eine Bestellung entgegen zu nehmen.
Finn stoppte und hob fragend eine Augenbraue.
„Was machst du denn da?“, fragte er und goss sich und Hanna etwas zu trinken ein.
„Ich bin nervös! Ich meine …, hat Christian etwas gesagt? Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten?“ Sie nestelte an ihrem Faltenrock herum, bis Finn ihr das Glas reichte.
„Ganz ruhig. Es ist doch gar nichts passiert. Er wird dich darauf nicht ansprechen. Christian ist ein Gentleman und er freut sich auch, dich wieder zu sehen. Gleich kommt noch ein Freund vorbei, Daniel. Mit ihm war Christian auf Mallorca. Wir grillen dann und lassen es uns gut gehen, zur Feier des Tages!“ Finn setzte sich zu Hanna, die ihn erleichtert anlächelte.
„ Ich weiß, ich mache mir immer zu viele Sorgen, total verrückt.“
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