Pretty Daemon
San Diablo wäre noch nie zuvor von einem Jahrmarkt beglückt worden.
»Wir werden ihn nie finden«, jammerte Allie. In den vergangenen Wochen schien sie diese klagende Stimme ganz vergessen zu haben. Doch jetzt kam sie wieder zum Einsatz.
»Natürlich werden wir das«, entgegnete ich. »Aber bis dahin solltest du dich mit Mindy zusammentun und den Jahrmarkt genießen. Ich habe schließlich den vollen Eintritt bezahlt. Da musst du mindestens ein paar Runden auf dem Riesenrad oder mit dem Kettenkarussell fahren.«
Allie warf mir einen genervten Blick zu, nickte aber trotzdem. »Okay. Aber wenn du ihn findest, dann handelt es sich da um einen Notfall. Dann musst du mich auf dem Handy anrufen. Versprochen?«
»So wahr ich hier stehe.«
»Gut. Ich frage mal Mindy, ob sie mit diesem Ding da fahren will«, erklärte Allie und zeigte auf das krakenförmige Ungetüm, das Laura sofort aufgefallen war.
»Einverstanden«, erwiderte ich. »Dann geh schon. Ich werde hierbleiben, mit beiden Beinen auf festem Boden.« Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Mann, Mami. Du bist ein echtes Weichei. Wirklich öde.«
Laura lachte, während Allie und Mindy davoneilten. »Und so schnell kann es gehen. Innerhalb von Sekunden gehörst auch du zum gewöhnlichen Fußvolk.«
»Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber auch ich kreische, wenn ich im Badezimmer irgendwelches Ungeziefer finde«, erklärte ich.
»Wie tief man sinken kann.«
»Warte mal kurz«, sagte ich und drehte mich rasch um.
»Was ist denn?«
Ich nahm die Umgebung hastig in Augenschein, entdeckte aber nichts Außergewöhnliches. »Ich glaube, ich leide wieder mal unter Verfolgungswahn.« In Wahrheit war ich mir allerdings nicht so sicher, ob das stimmte. Ich konnte mich noch gut an das unangenehme Gefühl erinnern, nachts in der Gasse beobachtet zu werden. Das Gleiche hatte ich auch in unserem Garten empfunden, und zwar in derselben Nacht, in der die Leiche des Dämons verschwunden war. (Bisher schien sie zum Glück auch verschwunden zu bleiben. Sie war anscheinend weder auf einer Müllkippe noch an irgendeinem anderen Ort aufgetaucht. Denn sonst hätte sich die Polizei bestimmt dazu verpflichtet gesehen, unangenehme Fragen zu stellen.)
Doch jetzt war helllichter Tag, und wieder quälte mich dieses Gefühl. Mein einziger Verdächtiger war Dukkar, aber der war nirgendwo zu sehen.
»Ich kenne diesen Blick, Kate«, sagte Laura, als sie mich betrachtete.
»Ich habe eine Gänsehaut«, erklärte ich. »Als ob mich jemand beobachten würde.«
»Vielleicht ist es ja David«, schlug sie vor. »Oder unser Freund mit den Handzetteln.«
»Vielleicht«, erwiderte ich. »Dann mal los. Entweder suchen wir David, oder wir holen uns irgendwo etwas Kaltes zu trinken.«
»Gibt es auf einem Jahrmarkt denn ein kühles Glas Weinbowle?«, fragte sie und steuerte mitten in die Menge.
»Keine Ahnung. Aber ich finde, es ist an der Zeit, das in Erfahrung zu bringen.«
Wie sich herausstellte, wurde auf diesem Jahrmarkt tatsächlich Weinbowle ausgeschenkt, was ihn für Laura und mich zu einer echten Attraktion der Extraklasse machte.
Wir nippten bereits an unserem zweiten Glas Bowle, als Timmy beschloss, genug geschlafen zu haben. Er wachte ruckartig auf und wusste sogleich, wohin wir als Nächstes sollten, was er auch laut kundtat.
»Nemo! Mami, Mami, schau! Nemo!«
Tatsächlich war eine der Buden mit Clownfischen und anderen Meeresbewohnern dekoriert. Es war zwar nicht die Disney-Ausgabe, aber das kümmerte meinen kleinen Jungen wenig.
»Ich will Nemo!«, erklärte er entschlossen und lehnte sich nach vorn, um am Gurt seines Buggys zu reißen. »Ich will Nemo!«
Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu erklären, dass es ihm nicht viel nützen würde, jetzt auszusteigen. Nemo würde er so oder so nicht bekommen. Trotzdem löste ich den Gurt, und Timmy raste wild entschlossen auf die Bude zu. Er streckte die Hände nach oben, als ob er durch reine Willenskraft in der Lage wäre, einen der Fische, die weit über ihm hingen, zu erreichen.
»Du musst erst mitspielen, kleiner Mann«, erklärte der Budenbesitzer. Ich betrachtete ihn genauer. Konnte er wissen, wer ich war? War er vielleicht sogar derjenige, der mich beobachtet hatte?
»Mami, bitte! Ich will Nemo.« Timmy rieb sich über den Bauch, schürzte die Lippen und sah so verdammt niedlich aus, dass ich nachgeben musste.
»Wie viel kostet das?«
»Drei Dollar für fünf Würfe«, erklärte der
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