Pretty Daemon
Schausteller und zeigte auf die Wurfpfeile, die vor uns lagen. Mit ihnen musste man offenbar die Ballone treffen, die an der hinteren Wand der Bude hingen. Ich zögerte, da ich nicht wusste, ob ich den Mann fragen sollte, wie oft man treffen musste, um einen Clownfisch zu ergattern.
»Fünf Versuche«, sagte ich zu Timmy. »Aber es gibt keine Garantie, dass du gewinnst.«
»Zehn.« Er hielt seine beiden Hände hoch und zeigte mir seine zehn Finger.
»Wow! Du kannst aber gut rechnen. Trotzdem. Es bleibt bei fünf.«
»Sieben!« Eine Hand verschwand hinter seinem Rücken.
»Fünf.«
»Drei, Mami! Drei!«
»Liebling«, sagte ich. »Fünf ist mehr als drei.«
Ich war mir nicht sicher, ob er mir glaubte, aber schließlich stimmte er mit einem »Okay, Mami« zu. Ich schwöre Ihnen – dieser Satz klang genauso wie das berühmte »Wie auch immer« seiner Schwester!
»Also. Nun hör mal zu, kleiner Mann«, sagte der Schausteller und beugte sich über die Theke, um meinen Sohn hochzuheben und ihn daraufzustellen. »Du nimmst diesen Pfeil, hältst ihn fest und wirfst ihn gegen die Wand. Immer nach oben zielen, Junge. Wenn du einen Ballon triffst, bekommst du einen Preis. Je mehr du triffst, desto größer wird der Preis. Verstanden?«
Timmy streckte die beiden Daumen nach oben und sah mich entschlossen an.
»Dann mal los, Schatz.«
Er nahm einen Pfeil, der Schausteller trat zur Seite, und das Ding flog los.
Überraschenderweise schaffte es der Pfeil sogar bis zur Wand. Er traf zwar keinen Ballon, aber ich war trotzdem ziemlich beeindruckt, dass es meinem kleinen Jungen gelungen war, einen Wurfpfeil so weit fliegen zu lassen.
»Beim zweiten Mal ist es schon einfacher, junger Mann«, ermutigte ihn der Budenbesitzer und reichte ihm einen knallgelben Pfeil.
Wie sich herausstellte, hatte er Recht. Der Schausteller gab Timmy ein paar Tipps, woraufhin mein Sohn mit den Pfeilen Nummer zwei und drei zwei Ballone zum Platzen brachte. Der vierte Wurfpfeil flog in eine Ecke, doch mit Nummer fünf traf er erneut. Alles in allem war es kein schlechtes Ergebnis.
»Sehr gut gemacht, mein Junge. Du darfst dir einen Preis an dieser Stange aussuchen. Such dir was Hübsches aus, Bursche.«
Er grinste Timmy zufrieden an, da er offensichtlich glaubte, ihm damit eine große Freude zu machen. Ich jedoch wusste, dass dem nicht so war. An der Stange befand sich kein Nemo. Die Clownfische hingen an der Decke der Bude.
»Nemo!«, rief Timmy.
»Das geht leider nicht, Kleiner. Aber der Fisch ist doch auch schön.« Er zeigte auf einen gelben Fisch mit großen blauen Augen.
»Ne-mo!« Timmy ballte seine kleinen Fäuste und stampfte mit dem Fuß auf. »Ich will Nemo!«
»Beruhige dich wieder, Schätzchen«, sagte ich, hob ihn von der Theke herunter und stellte ihn neben mir auf den Boden.
Im selben Moment flossen bereits die ersten Tränen, und ich sah mich mal wieder gezwungen, den schwierigsten Teil meiner Mutterexistenz zu bewältigen. Ich musste meinem Kind erklären, dass man nicht immer alles bekommt, was man will.
Oder ich musste diesen verdammten Clownfisch selbst für ihn gewinnen.
Sie können mich gern einen Feigling nennen, aber ich entschied mich für die Variante mit dem Fisch.
»Wie viele Ballons muss man treffen, um den Clownfisch zu gewinnen?«, fragte ich.
»Fünfzehn«, erklärte er. »Hintereinander.«
Ich sah Laura an, die hilflos mit den Achseln zuckte. »Mich musst du nicht anschauen. Ich wäre auch nicht besser als Timmy.«
»Hier.« Ich reichte dem Mann neun Dollar. »Dann wollen wir mal.«
»Ihr kleiner Junge wird sehr enttäuscht sein, wenn er keinen Nemo bekommt«, meinte der Schausteller. »Ich kann Ihnen einen für dreißig Dollar verkaufen.«
»Nein, danke.«
»Ist Ihr Mann vielleicht auch hier? Vielleicht sollte er das versuchen.«
Jetzt war ich nicht nur verärgert, sondern mir war auch klar, dass er mich nicht hatte beobachten können, wenn er so etwas vorschlagen konnte. Ich zeigte auf die Pfeile. »Wenn ich bitten darf.«
Er seufzte so gequält, als ob es ihm leidtäte, mit ansehen zu müssen, wie sich eine dumme Frau derart vor ihrem Sohn blamieren konnte.
Ehrlich gesagt, machte mich die Tatsache, dass so viel an meiner Wurfkunst hing, ziemlich nervös. Zum einen wollte ich für Timmy einen Fisch gewinnen und zum anderen den chauvinistischen Budenbesitzer ein für alle Mal zum Schweigen bringen. Ich war also angespannter als bei einer Dämonenjagd, als ich den ersten Pfeil
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