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Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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den Kopf. "Ich weiß nicht, wie lange das war."
    "Du armes Kind." Jetzt, wo er sich von seiner Verblüffung erholt hatte, zeigte er nur noch spätprettytypische Fürsorge. "Aber jetzt ist alles gut. Ich bin Dr. Valen."
    Sie lächelte wie eine brave Pretty, denn dies war offenbar der Doktor. Ein Vogelgucker hätte die Sprache der Dörflinge wahrscheinlich nicht beherrscht. Das war der Mann, der hier das Sagen hatte.
    "Ich hab das Gefühl, dass ich schon ewig hier bin", sagte sie. Und da draußen sind all diese Verrückten."
    "Ja, die gönnen ziemlich gefährlich sein." Er schüttelte den Kopf und schien noch immer nicht begreifen zu können, wie eine junge Stadtpretty hier draußen so lange überlebt hatte. "Es war dein Glück, dass du dich von ihnen ferngehalten hast."
    „Was sind das denn für Leute?"
    "Die ... sind ein Teil einer sehr wichtigen Untersuchung."
    "Einer Untersuchung? Was wird denn da untersucht?"
    Er schmunzelte. "Na, das ist alles ziemlich kompliziert. Vielleicht sollte ich Bescheid sagen, dass wir dich gefunden haben. Bestimmt machen sich alle schon schreckliche Sorgen um dich. Wie heißt du denn?"
    "Was untersuchen Sie denn hier draußen?"
    Er kniff überrascht die Augen zusammen, weil eine neue Pretty Fragen stellte, anstatt zu quengeln, dass sie nach Hause gebracht werden wollte. "Na ja, wir beobachten bestimmte grundlegende Eigenschaften der ... menschlichen Natur."
    "Ja klar. Wie Gewalttätigkeit? Rache?"
    Er runzelte die Stirn. "Ja, gewissermaßen. Aber wieso ...?"
    "Hab ich mir gedacht." Plötzlich war alles ganz klar. "Sie untersuchen Gewalttätig-keit, also brauchen Sie eine gewalttätige, brutale Gruppe von Menschen, ja? Sie sind Ethnologe."
    Noch immer zeigte sein Gesicht tiefe Verwirrung. "Ja, aber ich bin auch Mediziner. Arzt. Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?"
    Tally kam eine Erkenntnis. "Sie sind ein Gehirnarzt."
    "Wir heißen eigentlich Neurologen." Dr. Valen wandte sich vorsichtig ab, um nach der Tür des Hubwagens zu greifen "Aber ich sollte jetzt wohl Bescheid sagen. Nur hab ich deinen Namen eben nicht verstanden."
    "Den hab ich auch nicht genannt."
    Ihr Tonfall ließ ihn erstarren.
    "Rühren Sie diese Tür nicht an", sagte sie.
    Er drehte sich wieder zu ihr um und die Ruhe, die für späte Pretties so typisch war, zerbröckelte. "Aber du bist doch ..."
    "Eine Pretty? Überlegen Sie mal kurz." Sie lächelte. "Ich bin Tally Youngblood und mein Gehirn ist alles andere als hübsch. Und jetzt übernehme ich Ihren Wagen."
    ***
    Der Doktor hatte offenbar ziemliche Angst vor Wilden - sogar vor schönen.
    Ganz brav ließ er sich in den Laderaum des einen Hubwagens sperren und händigte Tally den Startcode für den anderen aus. Tally hätte die Sicherung ohne große Mühe selbst knacken können, aber auf diese Weise sparte sie Zeit. Und Dr. Valens Gesicht, als er ihr den Code übergab, war wirklich niedlich. Er war den Umgang mit Dörflingen gewöhnt, die angesichts seiner Göttlichkeit vor Ehrfurcht erstarrten. Ein Blick auf Tallys Messer genügte jedoch, um ihm klarzumachen, wer hier das Sagen hatte.
    Der Mann beantwortete noch mehr von Tallys Fragen, bis sie keinen Zweifel mehr daran hatte, was der Zweck dieses Reservats war. Hier war die Operation entwickelt worden, von hier waren die ersten Versuchsobjekte geholt worden. Die Gehirnläsionen
    sollten den Hang zu Gewalttätigkeit und Konflikten unterdrücken, und wo ließ sich besser damit herumexperimentieren als bei Menschen, die in eine endlose Blutsfehde
    verstrickt waren? Wie Todfeinde in einem geschlossenen Raum zeigten die im Ring aus Baumpuppen gefangenen Stämme alles, was man über die allzu menschlichen Ursachen von Blut vergießen überhaupt wissen wollte.
    Sie schüttelte den Kopf. Der arme Andrew. Seine ganze Welt war ein Experiment und sein Vater war bei einem absolut sinnlosen Konflikt ums Leben gekommen.
    ***
      Tally startete den Hubwagen nicht sofort, sondern machte sich zuerst mit den Geräten vertraut. Die kamen ihr vor wie die in einem Stadtwagen, aber sie durfte nicht vergessen, dass dieses Gefährt hier nicht idiotensicher war - es würde auch gegen eine Bergwand knallen, wenn sie es ihm befahl. Sie würde zwischen den hohen Türmen der Ruinenstadt vorsichtig sein müssen.
    Als Erstes setzte sie mit einem gezielten Tritt das Kommunikationssystem lahm; der Wagen sollte den Behörden in der Stadt nicht erzählen, wo er sich befand.
    "Tally!"
    Erschrocken schaute sie durch die Windschutzscheibe.

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