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Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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sein?
    Während Tally die Tage mit Warten verbrachte, fragte sie sich immer wieder, wie es wohl den anderen Krims ging. Während ihr eigenes Überleben in Frage gestnden hatte, war es leicht gewesen, sie zu vergessen. Aber jetzt, wo sie den ganzen Tag nur herumsitzen und den Himmel anstarren konnte, hatte Tally das Gefühl, vor Sorge den Verstand zu verlieren. Waren die Krims wohl den Specials entkommen? Hatten sie die New Smokies schon gefunden? Und vor allem, wie ging es Zane? Sie konnte nur hoffen, dass Maddy das hatte heilen können, was ihm nun eben fehlte.
    Sie erinnerte sich an die letzten Minuten, ehe er aus dem Ballon gesprungen war - an die letzten Worte, die er dabei gesagt hatte. In all ihren bunt gemischten Erinnerungen fand Tally nichts, was diesem Moment gleichkam. Er war mehr als prickelnd, übertraf jeden Trick und schien die Welt für immer zu verändern.
    Und jetzt wusste sie nicht einmal, ob Zane noch lebte.
    Es war für Tally auch kein Trost, dass er und die anderen Krims sich bestimmt ebensolche Sorgen um sie machten und ob sie in Gefangenschaft geraten oder beim Absprung umgekommen war. Sie mussten sie doch vor mindestens einer Woche in der Ruinenstadt erwartet haben, und sicher rechneten sie jetzt mit dem Schlimmsten.  
    Wie lange würde es dauern, bis sogar Zane aufgeben und sie für tot halten würde? Und was, wenn sie es niemals schaffte, das Reservat zu verlassen? Niemand konnte auf ewig hoffen und warten.
    Wenn sie sich nicht deswegen verrückt machte, dann zerbrach Tally sich den Kopf über Andrews eingezäunte Welt. Wie war diese Welt entstanden? Warum durften die Dörflinge hier draußen leben, während Smoke brutal zerstört worden war? Vielleicht lag es daran, dass die Dörflinge gefangen waren, sie glaubten an alte Sagen und widmeten sich alten Blutsfehden, während die Smokies die Wahrheit über die Städte und die Operation gewusst hatten. Aber warum eine brutale Kultur am Leben erhalten, wenn es bei der Zivilisation doch nur darum ging, die gewalttätigen, zerstörerischen Tendenzen der Menschen unter Kontrolle zu bringen?
    Andrew besuchte sie jeden Tag, er brachte ihr Nüsse und ein paar Hackfrüchte, um ihre Instant-Götterspeise anzureichern. Und er brachte ihr so lange von den Dörrfleischstreifen mit, bis sie nachgab und sie kostete. Das Fleisch schmeckte so, wie es aussah - salzig wie Seetang und zäher als ein alter Schuh. Aber seine anderen Geschenke nahm sie dankbar an.
    Im Gegenzug erzählte Tally ihm von der Stadt. Dabei wählte sie vor allem solche Geschichten, die zeigten, dass die Stadt der Götter nicht nur göttliche Perfektion aufwies. Sie erzählte ihm von den Uglies und der Operation und dass die Schönheit der Gottheiten nur ein technologischer Trick war. Andrew begriff den Unterschied zwischen Magie und Technologie zwar nicht, aber er hörte aufmerksam zu. Er hatte eine gesunde Skepsis von seinem Vater geerbt, dessen Erfahrungen mit den Göttern, wie sich nun herausstellte, dem heiligen Mann nicht nur Achtung eingeflößt hatten.
    Andrews Gesellschaft konnte aber auch sehr frustrierend sein. Er machte einige brillante Erkenntnisschritte, aber zu anderen Zeiten war er so begriffsstutzig, wie man das von jemandem erwarten konnte, der die Welt für eine Scheibe hielt - vor allem, wenn es um die Sache mit der männlichen Vorherrschaft ging, die Tally ganz besonders auf die Nerven fiel. Tally wusste, dass sie mehr Verständnis hätte zeigen müssen, aber sie war nicht bereit, Andrew alles durchgehen zu lassen; dass er in eine Kultur hineingeboren worden war, die für Frauen nur Magddienste vorsah, war kein Grund, das auch gutzuheißen. Tally hatte schließlich auch allem den Rücken gekehrt, was zu erwarten sie erzogen worden war: ein Leben ohne Mühen, perfekte Schönheit und hübsche Gedanken. Und da musste Andrew doch lernen können, seine Suppe selber zu kochen.
    Vielleicht waren die Schranken, die Tallys Welt umgaben, nicht so offensichtlich wie die kleinen Figuren in den Bäumen, aber ihnen zu entkommen war genauso schwer. Sie dachte daran, wie Peris beim Blick in die Wälder Angst bekommen hatte und sich plötzlich weigerte, aus dem Ballon zu springen und alles hinter sich zu lassen, was er je gekannt hatte. Alle auf der Welt wurden von dem Ort programmiert, an dem sie geboren waren, wurden von ihren Überzeugungen beschränkt, aber man musste wenigstens versuchen eigenständig zu denken. Sonst konnte man auch gleich in einem Reservat leben und eine Bande

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